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Geoffrey Robinson: Ein viel zu lang ungehörter Prophet

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Geoffrey Robinson (1937–2020) setzte sich in der australischen Kirche für neue Sexualmoral und radikale Umkehr in Bezug auf Missbrauch ein.

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Geoffrey Robinson (1937–2020) setzte sich in der australischen Kirche für neue Sexualmoral und radikale Umkehr in Bezug auf Missbrauch ein.

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In Bezug auf die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche haben sich die Kirchenleitungen bis heute kaum mit Ruhm bekleckert. Eine prophetische, aber auch verfemte Stimme, die lange aus den Mauern des Schweigens hervorstach, ist jene von Geoffrey Robinson, der am 29. Dezember in Sydney 83-jährig verstorben ist.

Der australische Priester und Kirchenrechtler war 1984 zum Weihbischof in Sydney ernannt worden. 1994, als die Missbrauchsskandale in Australien erstmals groß in die Öffentlichkeit kamen, wurde Robinson Leiter der „Bischöflichen Kommission zur Aufklärung sexuellen Missbrauchs durch Kleriker“. Im Rahmen dieser Tätigkeit hörte Robinson vielen Opfern zu und wurde zum engagierten Verfechter einer Änderung katholischer Sexualmoral und auch des Pflichtzölibats für Priester, die er in einen ursächlichen Zusammenhang mit Missbrauch brachte. 1994 war er auch Mitgründer des Hilfsprogramms „Towards Healing“ zur Aufklärung von Kindesmissbrauch. Da er von der Mehrheit der Bischöfe aber keine Unterstützung erfuhr und sein Engagement insbesondere vom damaligen Erzbischof von Sydney, Kardinal George Pell – der dann selber mit Missbrauchs(vertuschungs)­vorwürfen konfrontiert war – hintertrieben wurde, trat er 2004 als Weihbischof von Sydney zurück.

Er nahm sich aber in seinen Büchern weiterhin kein Blatt vor den Mund – etwa dem 2007 (2010 in deutscher Übersetzung) erschienenen „Macht, Sexualität und die katholische Kirche“. In späteren Publikationen machte er sich auch für die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten stark. 2014 schrieb er im Essay „Towards a new understanding of LGBT lives and love“, die Kirche würde erst dann die Homosexualität neu bewerten können, wenn sie zur Sexualität überhaupt einen Zugang finde. Als Robinson 2015 von einer staatlichen Untersuchungskommission zu den Missbrauchsfällen aussagte, kritisierte er nicht nur Kardinal Pells Umgang damit, sondern auch das Schweigen der Päpste von Johannes Paul II. bis zu Franziskus, dem er gleichfalls Zögerlichkeit vorhielt.

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