HIrzberger - © Foto: Furche

Brief #60: Ich hänge an der Fotografie

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In der Kolumne "Erklär mir deine Welt" kommen Hubert Gaisbauer und Johanna Hirzberger miteinander ins Gespräch. Diese Woche geht es um "wahre" Menschen auf Fotos - und schwindende Neugier im Alter.

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In der Kolumne "Erklär mir deine Welt" kommen Hubert Gaisbauer und Johanna Hirzberger miteinander ins Gespräch. Diese Woche geht es um "wahre" Menschen auf Fotos - und schwindende Neugier im Alter.

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Lieber Herr Gaisbauer!

Ich hoffe, Sie nehmen mir meine Reaktion nicht allzu übel, aber: „Wie kann man nur so einen Quatsch verzapfen?“ Das dachte ich mir, als ich das Thomas-Bernhard-Zitat in Ihrem letzten Brief las. Vielleicht bin ich auch nur zu ungebildet und verstehe seine Kritik falsch. (Moment: Falle ich schon wieder in ein geschlechtsgebundenes, unterwürfiges Verhaltensmuster?) Ich schiebe diese Frage einmal beiseite, um meine Gedanken zu Bernhards Aussage, er habe „noch auf keiner Fotografie einen natürlichen und das heißt, einen wahren und wirklichen Menschen gesehen“, mit Ihnen zu teilen. Das hört sich gewollt provokant an, und mir stoßen hier zumindest drei Dinge auf. Erstens: Wann soll die Fotografie je versprochen haben, Menschen oder Natur „wahrhaftig“ darzustellen? Zweitens: Auch Gemälde, Skulpturen oder Drucke können „wahre“ Menschen oder Natur nicht sichtbar machen. Drittens: Bernhard schreibt: „Die Fotografie ist das größte Unglück des 20. Jahrhunderts.“ Mir fällt da ein viel fataleres Kapitel der Geschichte ein, das – unter anderem dank Fotografien – dokumentiert und nachhaltig Teil unserer Erinnerungskultur bleibt.

Unabhängig von diesen Punkten hänge ich an der Fotografie, besonders an meinen Kinderalben. Aber ich hänge nicht nur an persönlichen Aufnahmen. Waren Sie schon einmal in der „World Press Photo“-Ausstellung? Sie ist jedes Jahr in der Wiener Galerie WestLicht zu Besuch, und mich berühren die Bilder oft sehr, sie wecken mein Interesse für diverse Themen, zum Beispiel Flamingos. Bevor ich ganz abschweife, möchte ich Ihnen aber auch noch zustimmen. Denn in der Flut der Fotos, die wir tagtäglich mit unseren Smartphones schießen und sammeln, gehen die Juwelen, seien es besonders schöne Bilder oder besonders beeindruckende reale Momente, oft unter. Das überrollt auch mich manchmal.

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