Die Ökonomie für ein besseres Haus

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Die Ordensgemeinschaften versuchen, neue Wege des Wirtschaftens zu beschreiten. Die Menschlichkeit und die Verantwortung für die Schöpfung stehen dabei im Zentrum. Die Enzyklika "Laudato si" ist ein Wegweiser. Und mit ihr zahlreiche Ideen und Projekte.

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Die Ordensgemeinschaften versuchen, neue Wege des Wirtschaftens zu beschreiten. Die Menschlichkeit und die Verantwortung für die Schöpfung stehen dabei im Zentrum. Die Enzyklika "Laudato si" ist ein Wegweiser. Und mit ihr zahlreiche Ideen und Projekte.

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Die Menschheit schöpft so gerne aus dem Neuen und dem Fortschritt für ihre Zukunft, als ob es kein Gestern gäbe. Dabei liegen in der Vergangenheit Ideenschätze und Bilder von hochmoderner Kraft und Aussage. Nicht umsonst stellte Papst Franziskus den heiligen Franz von Assisi seiner Enzyklika "Laudato si" als Leitfigur voran. Franz, der die Schöpfung nicht zählte oder maß, sondern bewunderte und liebte, und der die Geschöpfe als Geschwister betrachtete.

Wie kann in einem Zeitalter der umfassenden Ökonomisierung der Begriff der Erde und des Lebens wieder in den Fokus gerückt werden, wie kann umfassend und nachhaltig auf die kommenden Generationen bezogen gewirtschaftet werden? Welchen Beitrag kann dazu auch der Einzelne leisten? Oder einfacher: Wie kann die Menschheit und das Individuum der Gerechtigkeit "zum Gehen verhelfen"?

Österreichs Frauen- und Männerorden stellten diese Fragen ins Zentrum ihrer Wirtschaftstagung in Salzburg, die sie dem Nachdenken über "Laudato si" widmeten.

Den ersten Impuls für die rund 80 Teilnehmer setzte die Direktorin der "Katholischen Sozialakademie" (KSÖ), Magdalena Holztrattner, mit ihrer Interpretation der Enzyklika: "Es braucht ein neues Wirtschaften aus einer tiefen Sorge um das gemeinsame Haus -die Erde. Was wir der Erde antun, das tun wir uns selber an." Holztrattner verbindet die Sorge um die Welt mit der Sorge um die Armen und Ausgegrenzten, "für die wir als Christen Partei ergreifen müssen".

Nicht zu Hause bleiben

Wichtig sei so Holztrattner, ein "sozialpolitisches Engagement aus dem Glauben motiviert". Wer sich in diesem Sinn in Bewegung setzt, bleibt nicht bei sich zu Hause. Er geht in die Gesellschaft. Christsein habe immer mit Politik zu tun: "Gute Politik ist die nachhaltigste Form der Nächstenliebe."

Mit einer schonungslosen Bestandsaufnahme der menschlichen Fehlerhaftigkeit und der damit einhergehenden Zerstörungen trat die Wissenschafterin des Jahres 2013, die Umwelthistorikerin Verena Winiwarter von der Uni Klagenfurt, vor das Plenum.

Die Menschheit lebe im "Zeitalter der Nebenwirkungen und der heimtückischen Probleme". Wobei die Kosten für die Zerstörungen, die als Folgekosten des Fortschritts auftreten, klarer als bisher zugeteilt werden müssten. Das betrifft vor allem Bereiche, in denen der menschliche Fortschritt mit einem hohen Risiko für die kommenden Generationen belastet ist. Risiken, die gerne verdrängt und vergessen werden, wie der nuklearen Rüstung und der nuklearen Abfälle. Damit etwa radioaktives Material zerfällt, braucht es mehr als 10.000 Jahre.

Man müsse sich der Gefahren des kriegsindustriellen Komplexes bewusst werden. In diesem Sinne sollte die Ökologie und die Friedensbewegung viel mehr miteinander kooperieren. Denn die Ressourcenfrage und die Frage der Rüstung hängen eng miteinander zusammen. Winiwarter: "Es gibt genug Nahrung und Ressourcen für alle. Aber es ist nicht genug da, wenn diese Ressourcen durch Kriege vernichtet werden."

Wege in eine neue Zeit

Immer wieder in den Diskussionen. Das Problem, das der Papst in der Enzyklika als "Rapidacion" bezeichnete, die Beschleunigung des gesellschaftlichen und produktiven Lebens, die wichtige Leer-und Nachdenkräume verdrängt. Verena Winiwarter hat ein sehr drastisches Beispiel für diese Entwicklung: Um einen Atomkrieg auszulösen, ist etwa in den Sicherheitsplänen der USA nicht mehr Nachdenkzeit vorgesehen als einige Minuten. Winiwarter etwa mahnte ein neues Bewusstsein ein: "Wir entscheiden heute über Jahrtausende. Die apokalyptische Gefahr lässt sich dabei aber nur durch tägliche Akte abschaffen." Aber welchen Ausweg gäbe es für die Gesellschaft als Ganzes? Winiwarter meint, die Bereiche Wirtschaft, Soziales und Umwelt müssten zusammen gedacht werden, um die Probleme lösen zu können.

Tatsächlich sei auch eine Bewusstseinsänderung möglich: "Wir sollten das fossile Zeitalter als etwas begreifen, wo wir imstande waren, Technologien zu entwickeln, die es uns ermöglichen, mit viel weniger Energie auch gut zu leben. Es ist die Möglichkeit, eine transformative Technologie zu entwickeln. "Vorsorgende Innovation" sei im Umgang mit neuen Risiken wie etwa der Nano-Technologie vonnöten, betonte Winiwarter. Völlig falsch sei es hingegen, vor Altlasten die Augen zu verschließen und somit künftigen Generationen die Kosten dafür aufzuhalsen.

Und wie kann man so komplexe Probleme im täglichen, persönlichen und gesellschaftlichen Umfeld lösen? Welche Möglichkeiten haben etwa die Ordensgemeinschaften dazu? Winiwarter: "Die Ordensgemeinschaften sind in einer privilegierten Lage, dass sie in ihren Einrichtungen ein Modell leben können, das vom Modell des stetigen Wachstums wegführt."

Diese seite entstanD in kooperation mit Den orDensgemeinschaften Österreichs. Die reDaktionelle verantwortung liegt bei Der furche.

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