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So "löst" man Probleme, die keine waren. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Karfreitag öffnet Tür und Tor für Debatten, die wir uns gerne erspart hätten. Es kommt zudem in zweifacher Hinsicht zur Unzeit: zum einen, weil die Zeit bis Ostern (21. April, Karfreitag also 19.) verdammt knapp ist, zum anderen, weil der angelaufene EU-Wahlkampf eine seriöse Befassung nicht gerade einfacher machen wird. Und einmal mehr bestätigt sich das Bild einer EU, die sich über die Maßen in nationale Belange ihrer Mitgliedsländer einmischt -was natürlich, apropos EU-Wahlen, Wasser auf die Mühlen der Kritiker und Gegner der Union lenkt.

Kaum jemand dürfte sich bisher daran gestoßen haben, wenn allenfalls die protestantischen Kollegen sich bereits am Gründonnerstagabend ins Osterwochenende verabschiedet haben. Nun aber ohne Not eine Front zu eröffnen, wird niemandem nutzen, dafür aber jede Menge böses Blut machen. Theologisch gesehen, kann man lange über die Hierarchie der Feiertage diskutieren.

Natürlich ist auch für Katholiken der Karfreitag und selbst der Gründonnerstag im religiösen Sinne bedeutender als der Ostermontag. Aber nicht jeder religiöse Feiertag kann auch ein gesetzlicher und damit arbeitsfreier Tag sein. Die bisherige - ohnedies durchaus großzügige -Feiertagsregelung war eine, mit der man gut leben konnte.

Und die anderen Religionsgemeinschaften?

Nun aber wird selbstverständlich die Debatte über allfällige gesetzliche Feiertage anderer Religionsgemeinschaften, insbesondere der Muslime, neue Nahrung erhalten. Was dann? Einfach noch ein paar Feiertage dazu als gäbe es kein Morgen? Das fände jedenfalls mit Sicherheit die Zustimmung von ÖGB, AK und deren Umfeld; und selbstvergessene Kirchen würden wohl freundlich nicken, weil sie dem nichts entgegenzusetzen hätten oder aber eine Debatte um die eigenen "Privilegien" fürchten wie der Teufel das Weihwasser. Die ersten Stellungnahmen vonseiten des Gewerkschaftsbundes und der Arbeiterkammer ließen schon einmal nichts an Deutlichkeit vermissen. Dass in der wichtigsten Frühinformationssendung, dem Ö1-Morgenjournal, gleich Spitzenvertreter beider Institutionen im O-Ton ausführlich zu Wort kamen, jedoch keine Gegenstimme, wundert einen zwar kaum noch, ist aber eigentlich trotzdem unfassbar (und dass ÖGB-Chef Wolfgang Katzian unwidersprochen behaupten durfte, der Pfingsmontag sei vom Konkordat geschützt -was er nicht ist -rundet das trübe Bild ab).

Freunde der Soziallizitation

Dass es in einer tendenziell freizeitverweichlichten Gesellschaft, in der die Kumulierung von Kurzurlauben mittels Fenster-oder "schulautonomen" Tagen quasi zum guten Ton gehört, ein völlig falsches Signal sein könnte, über zusätzliche Feiertage nachzudenken, kommt den Freunden der Soziallizitation nicht in den Sinn (und Höchstrichtern offenbar auch nicht). Daher versteht es sich von selbst, dass ÖGB & Co. die Idee, den Karfreitag gegen einen anderen Feiertag einzutauschen, so frevelhaft scheint wie früheren Generationen, am Todestag Christi Fleisch zu essen.

Dabei wäre das vermutlich der einzig praktikable Weg nach der Misere, den das EuGH-Urteil nun einmal angerichtet hat. Sowohl die beiden Montage nach Ostern und Pfingsten wie auch -wenngleich schwieriger, weil diese tatsächlich im Konkordat verankert sind -die derzeit auf Donnerstage gelegten Feste Christi Himmelfahrt und Fronleichnam böten sich für einen solchen Abtausch an. Ob das realpolitisch durchzubringen ist, steht freilich auf einem anderen Blatt -die entsprechenden Debatten ("Sozialabbau","soziale Kälte","Ausbeutung" etc.) kann man sich lebhaft ausmalen.

Die ersten Reaktionen aus der Bundesregierung, bei der nun der Ball liegt, klingen durchaus vernünftig. Inwieweit die FPÖ freilich ihrem inhärenten Hang zum Sozialpopulismus widerstehen kann, bleibt abzuwarten.

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