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Auftrag, nicht Belohnung
„Man sah und sieht die Eucharistie als ein Ende an. Man bemüht sich um eine mehr oder weniger gute Vorbereitung, man empfängt das Bußsakrament, und nun erlebt man die Ankunft des Herrn, die alles gutmacht. Eine solche Auffassung der Eucharistie gerät in eine gefährliche Nähe eines gewissen Sakramentalismus, la sogar einer gewissen magischen Auffassung. Die Gnade der Vereinigung mit Christus, die uns durch die Eucharistie geschenkt wird, muß vielmehr als ein Anfang gesehen werden... So wird die Eucharistie zu einem Pfingstmorgen, der die Glut des Geistes in uns aufbrechen läßt. Aus dieser Glut aber ist ein Aufbruch gegeben, ein schöpferischer Anfang, nicht ein seliges Ausruhen.'
Dieser Zentralsatz in einem Beitrag des Kölner Theologen Theodor Schnitzler, der das Mittelstück des Werkbuches „Eucharistie in der Glaubenslehre“ darstellt, rechtfertigt besser, als die begründende
Ausführungen des Rezensenten könnten, daß den beiden schlicht als „Werkbuch“ bezeichneten Bändchen zum Eucharistischen Weltkongreß 1960 eine durchaus selbständige, über den Rahmen einer Einführungsschrift oder gar eines Festführer hinausgehende Bedeutung zukommt. Mehr und mehr empfindet die katholische Welt schon heute, wenige Wochen darnach, den ereignishaften Charakter von München, die gesamtkirchliche Bedeutung dieser Gottesdienstfeiern, für die der Name „Kongreß“ recht altmodisch und unzutreffend geworden ist. Die Verfasser der beiden Bücher, vor allem Schnitzler, standen mitten in der praktisch-liturgischen Vorbereitung der großen Feiern. Sie haben also mit diesen Werkbüchern keine beiläufigen und nebenhergehenden Betrachtungen angestellt, sondern ihnen fällt mit ein Hauptverdienst des Gelingens in der Verwirklichung zu. Das erste Bändchen ist eine instruktive Sammlung dogmatischer und asketischer Aufsätze zum Zentralgeheimnis der Eucharistie, von denen die Arbeit Rhaban Haackes, des Herausgebers, über die „Eucharistie in der Heilsgeschichte“ in dichterischer Vollendung Predigt- und Betrachtungsstoff für ganze Zyklen bietet. Auch die kurzen, aber entschiedenen Formulierungen Franz Thijssens, „Was schuldet der Kongreß den nichtkatholischen Christen?“ haben ihre praktische Feuerprobe bestanden. Heute schon liegen die unvoreingenommenen Zeugnisse vor allem Evangelischer vor, die gerade in den großen Gottesdiensten und Stationsfeiern eine Gemeinsamkeit aufleuchten sahen, die sie in der Vergangenheit unter gewissem gegen-reformatorischem Rankenwerk kaum mehr entdecken konnten. Den Band „Eucharistie in der Geschichte“ hat Theodor Schnitzler allein gestaltet. Er ist auch aus einem Guß. Kirchengeschichte wird hier als echte Heilsgeschichte verstanden, das heißt als immer gültige, zur Verantwortung im“ Schweren wie im Beglückenden verpflichtende Aktualität. Das heilige Herrenmahl bleibt der zentrale Perspektivpunkt, um den ich alle wechselnden Phänomene der Jahrhunderte gruppieren. Schnitzler sieht als den innersten Vorgang der Kirchengeschichte das Wachsen, Blühen, Überwuchern, Verdorren, Neublühen der Liturgie, besonders natürlich der Messe. Es gibt keine süß-er-bauende, beschönigende Geschichtsklitterung „für die reifere Jugend“. Sein Kapitel „Im Abgrund des dunklen Jahrhunderts“ (S. 110), das die grauenhaften Vorgänge der „Leichensynode“ Stephans VI. darstellt, erspart dem Leser kein makabres Detail. Aber gerade dadurch, daß er das Sakrament in der Kirche der Menschen, in der Kirche der Sünder, der Schwachen und der vom Teufel Bedrängten aufleuchten läßt, gibt er der sich von Jahrhundert zu Jahrhundert entfaltenden Heilswahrheit die einprägsame, plastische Kraft. Eine Idealgestalt der Meßfeier formt ich aus den einzelnen Kapiteln heraus, von der die großen Gottesdienste zu München bereits eine erste Ahnung vermitteln. Immer deutlicher mündet auch dieses Buch in eine Bitte an das kommende Konzil, in eine Sammlung von Wünschen, Gedanken und Gebeten. Wer in München war, wird diese Bücher mit ganz anderen Augen lesen, wird sie nicht als Kongreßschriften ansehen, die man in eine Lade ablegt, sondern als Wegbegleiter, im Sinne jenes Anfangs, den jeder Eucharistieempfang bedeuten soll.
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