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Sezession aus der „Pax“

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In wessen Obhut soll nun der vom unleugbar größten Organisationstalent Piaseckis aufgebaute Apparat der „Pax“ gelangen? Es wäre jammerschade um den Verlag und um die Zeitschriften, die Zeitungen mit einer Gesamtauflage von fast 400.000 Exemplaren. Wahrscheinlich wird das alles an die Sezession aus der „Pax“ übergehen, die sich schon im Oktober gegen Piasecki gewandt und Mitte November endgültig, mit großem Krach, von ihm getrennt hat. Dazu gehören die Sejmabgeordneten Frankowski, Graf £.ubienski, Horodynski, der „Außenminister“ des Unternehmens Ketrzyriski, der Publizist Graf Krasiiiski und der vorzügliche Laienführer Micewski.

Für die überwiegende Mehrheit der Katholiken scheint aber der „A 11 p o 1 n i s c h e K 1 u b katholischer Intellektueller“ bestimmt zu sein. Seine Begründer und Inspiratoren waren die überragenden Schriftsteller Golubiew und Zawieyski, der frühere Chefredakteur des „Tygodnik Powszechny“, Turowicz, die Publizisten Stomma, Woiniakowski und Dominik Morawski. Auch ein Prinz Czartoryski, die bedeutende Erzählerin Hanna Malewska, der geistreiche Satiriker und Kritiker Stefan Kisielewski zählen zu diesem Kreis. Er hat sich übers Land ausgebreitet. Mit der künftigen, aus dem Zusammenschluß des „Klubs“ und der gesäuberten „Pax“ hervorgehenden Repräsentation des polnischen Katholizismus wird es die PZPR, werden es Regierung und politisches Leben zu tun haben. *

Unsere Schilderung wird dargetan haben, wie es heute um die polnische Kirche bestellt ist. Das, was für den Katholizismus gilt, trifft gleichermaßen auf die evangelische Minderheit zu, wie es deren Bischof Michaelis in einer Unterredung mit der Propagandawochenschrift „Kraj“ bestätigt. Vieles hat sich zum Besseren gewandt. Wille zur gemeinsamen Arbeit ist bei der Leitung von Kirche und Staat vorhanden. In welchem Geiste sie geschehen soll, das bezeigen Auszüge aus der großen letzten Predigt des Kardinals, die gewissermaßen als Leitmotiv seines ferneren Verhaltens und als Richtlinie für die Gläubigen gelten kann. Msgr. Wyszyn-ski sparte nicht mit herbem Tadel an der jüngsten Vergangenheit, für die „ungeheuerlichen Institutionen, die in vielen Staaten als Herrschaftsmittel entstanden und deren bloßer Name dem Zeitgenossen die Schamesröte ins Antlitz treibt“. Er sprach von der „lauten Stimme, die nach den Rechten des Menschen auf Wahrheit, auf Freiheit, auf Gerechtigkeit und auf Liebe rief“. „Dieser allgemeine Ruf ist so mächtig, daß der heutige Mensch bereitwillig jederlei Hunger und Qual erträgt und überdauert, fühlt er nur, dieses sein heiliges Recht werde geachtet.“ Dann aber wandte sich der Primas von der Vergangenheit ab und der Gegenwart zu. „Erfreuliche Anzeichen aus den letzten Tagen beweisen uns das Verständnis unserer Oeffentlichkeit und der leitenden Kreise für die Bedeutung und für die Wichtigkeit des religiösen Friedens in unserem Volke. Dies läßt uns hoffen, in Zukunft werde die Arbeit der Kirche immer mehr geschätzt werden und ihre Früchte für den inneren Zusammenschluß und für die Einigung aller im Zeichen der Liebe voll tragen... In dieser Periode, die so schwierig für unsere nationale Existenz ist, muß man, wenigstens noch eine Zeitlang, weniger von unseren Rechten als von unseren Pflichten reden. Aus großer Liebe zur Rzeczpospolita. Nicht so sehr ein Heldentod aus Liebe ist vonnöten, denn heldenhafte Arbeit aus Liebe zum Vaterland.“

Wird eine dauerhafte Verständigung in so reiner Atmosphäre zu erreichen sein? Man täusche sich nicht darüber, daß nicht nur bei den Kirchenfeinden in Polen und bei Rechtsextremisten starke Kräfte am Werk sind, derlei Harmonie zu verhindern, sondern daß auch die Haltung der UdSSR zu diesem Problem eine eher negativ zu deutende große Unbekannte ist; daß die weltanschaulichen Diskrepanzen fortbestehen und daß endlich die in Warschau regierenden Kommunisten in den Augen der meisten Katholiken nur ein kleineres gegenüber dem früheren, weit ärgerem Uebel darstellen. Aus allen diesen Gründen hat der Heilige Stuhl bisher seine vorsichtige Zurückhaltung bewahrt. Die Betrauung der Bischöfe Kominek, Jop, Bensch, Nowicki und Wilczytiski mit der Leitung der Diözesen Breslau, Oppeln, Landsberg, Danzig und Allenstein, und zwar als Generalvikare des Apostolischen Administrators Kardinal Wyszytiski, mit dem Recht von Residentialbischöfen, darf wohl als eine erste ermunternde Geste aufgefaßt werden. Doch zu einer umfänglichen Revision seiner Meinung über das jetzige polnische Regime könnte sich die Kurie erst nach reiflicher Prüfung deT Sachlage entschließen. Auch da, wie in der schon berührten Frage diplomatischer Beziehungen des Vatikans mit Warschau, wird unbedingt die angekündigte Reise des Kardinal-Primas „ad limina“ abzuwarten sein, deren Termin noch nicht genau feststeht. Selbt der größte Optimist wird keine voreiligen übertriebenen Erwartungen hegen und sogar der größte Pessimist darf die Entspannung zwischen Kirche und Staat Polens nicht leugnen.

sich, in Ermangelung anderer Argumente, zuletzt auf den Willen zur Macht und auf deren Besitz stützt. •

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