Zweimal Offenbach: Holzhammer und Slapstick
Zweimal Offenbach: „La Périchole“ missglückt am Theater an der Wien, „Orpheus in der Unterwelt“ überzeugt pointiert an der Volksoper.
Zweimal Offenbach: „La Périchole“ missglückt am Theater an der Wien, „Orpheus in der Unterwelt“ überzeugt pointiert an der Volksoper.
Man drehe Perus Nationalflagge um 90 Grad, und schon wird sie zur österreichischen. Ein augenscheinliches Argument, um Offenbachs in der spanischen Kolonie Peru spielende Operette „La Périchole“ inhaltlich nach Österreich zu verlegen. Schließlich geht es, folgt man Regisseur Nikolaus Habjan, in diesem Sujet vornehmlich um Korruption. Und die ist, nach jüngeren Chat- und sonstigen Verläufen zu urteilen, hierzulande in besten Händen.
„Peru darf nicht Österreich werden“, prangt als populistisches Motto auf einem Plakat inmitten der Bühne des Museumsquartiers, des Ausweichquartiers des Theaters an der Wien. Garniert mit einfach gestrickten, laute Lacher rasch provozierenden Sagern diminuiert Offenbachs opéra bouffe bald zu einem wenig anspruchsvollen Politkabarett. Dabei enthält dieser Stoff heftige Gesellschaftskritik. Es steht aber weniger Korruption als eine höchst raffinierte Abrechnung mit allen Formen des Absolutismus im Fokus dieses Dreiakters. Genau daran schrammt man in dieser, von grellen Bühnenaccessoires (Bühnenbild: Julius Theodor Semmelmann) begleiteten, klamaukhaften Inszenierung vorbei.
Der Regie geht es vornehmlich darum, politische Missstände der jüngeren österreichischen Vergangenheit aufs Korn zu nehmen. Dementsprechend trifft man auf so manche ihrer Akteure, von denen man einige bereits hinter Gitter sehen will. Nichts gegen Aktualisierungen, wenn man überzeugt ist, dass sich das Original – Offenbach geißelt die Lebensweise des Franzosenherrschers Napoleon III. – heute nur mehr schwer vermitteln lässt. Dann aber mit ungleich mehr Scherz, Ironie, Satire und tieferer Bedeutung, um es mit Grabbe zu sagen, und nicht mit einem derartigen, die Absichten des Stücks schmerzlich zermalmenden Holzhammer, wie es diese mehr persönliche Ressentiments als wirkliche Kritik vermittelnde Produktion zeigt.
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