Geschichten aus dem Wienerwald - Theater an der Wien, März 2015 - © Werner Kmetitsch

Theater an der Wien bringt Heinz Karl Grubers "Geschichten aus dem Wienerwald"

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Die in Bregenz uraufgeführte Oper ist nun auch im Theater an der Wien zu sehen. Sie wurde durch einen Epilog ergänzt und wirkt ironisch, süffisant und skurril.

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Die in Bregenz uraufgeführte Oper ist nun auch im Theater an der Wien zu sehen. Sie wurde durch einen Epilog ergänzt und wirkt ironisch, süffisant und skurril.

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Möglich, dass Staatsopernimpresario Dominique Meyer in seiner kommenden Saisonpressekonferenz ein Resümee seiner ersten fünf Direktionsjahre ziehen wird. Für die kommenden fünf will er den Schwerpunkt auf zeitgenössische Musik legen. Konkret mit fünf neuen Opern, darunter zwei Kinderopern, zwei abendfüllenden Werken, über die noch spekuliert werden darf.

Am weitesten gediehen ist die Planung beim chronologisch letzten dieser Projekte: Basierend auf Virginia Woolfs gleichnamigem Roman und nach einem Libretto der frankoamerikanischen Dramatikerin Catherine Filloux wird Olga Neuwirth die abendfüllende Oper "Orlando" komponieren.

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Es muss nicht immer ein Direktor oder Intendant sein, der einen Komponisten inspiriert, ein neues Werk, gar eine Oper nach einer bedeutenden literarischen Vorlage zu schreiben. Bei Heinz Karl Gruber war es ein Regisseur, Michael Sturminger, der ihm vorschlug, aus Ödön von Hováths bitterbösen "Geschichten aus dem Wienerwald" eine Oper zu machen. Spätestens seit der mit "Nali" - wie der vielseitige, international hoch geschätzte Wiener Musiker von seinen Freunden genannt wird - befreundete Dirigent Michael Gielen ihm attestierte, dass dieses Projekt sein "Wozzeck" werden könnte, ließ er sich auf dieses Wagnis ein. Sturminger lieferte ihm das Libretto. Mit den Bregenzer Festspielen, wo die Novität im Vorjahr Premiere hatte, und dem Theater an der Wien waren bald zwei Produzenten gefunden.

Ein engagiertes Unterfangen, Horváths Theaterklassiker auch für das Musiktheater verfügbar zu machen, selbst wenn damit Kürzungen und Straffungen verbunden sind und Grubers Dreiakter schließlich weniger Züge einer Oper denn eines Konversationsstücks für Musik aufweist. Das kommt der Klarheit der Worte zugute, deren Schärfe, Süffisanz und Sarkasmus durch die stark polyrhythmische, zuweilen mit Jazzidiomen gewürzte Musik unterschiedlich betont wird. "Musik in Kommunikation" hat Andrea Zschunke ihre Gruber-Monografie betitelt. Unbändiger Wille zur Kommunikation zeichnet auch Grubers komplexe Partitur aus, die, gespickt mit Puccini-Zitaten, Weill-, Berg- und schräg artikulierten Strauß-Walzer-Anklängen vor allem Unterhaltung bringen, das Skurrile so mancher Situation zwar belassen, die dahinter aufscheinende Tragik aber gleichermaßen zum Ausdruck bringen will.

Exzellente Singschauspieler

Ein unterschiedlich bewältigter Anspruch. Nicht nur, weil es allemal schwierig ist, große Literatur in einem anderen Genre gleichwertig umzusetzen, nicht alle musikalischen Passagen die gleiche dramatische Spannung ausstrahlen und unterschiedliche Dichte besitzen. Sondern auch, weil Michael Sturmingers Inszenierung (in den atmosphärischen Bühnenbildern von Renate Martin und Andreas Donhauser) zu konventionell ist, zu wenig Mut zur Fantasie aufweist, die Facetten der einzelnen Charaktere meist nur andeutet.

Dabei wären für diese Novität so exzellente Singschauspieler zur Verfügung gestanden wie die dominierende Angelika Kirchschlager als souveräne Valerie, Anja Silja als berührende Großmutter, Ilse Eerens als unerfahren-liebliche Marianne, Jörg Schneider als naiv-verzeihender Oskar, Markus Butter als arrogant angehauchter Rittmeister oder Daniel Schmutzhard als Filou Alfred. Wie schon in Bregenz führte der Komponist die engagiert musizierenden Wiener Symphoniker, das Jazzorchester Vorarlberg und das nicht zuletzt auf Neue Musik spezialisierte Vokalensemble Nova mit Elan durch die zahlreichen Klippen seiner an dynamischen Facetten reichen Musik.

Ob Marianne mit ihrer Heirat mit Oskar die "Fahrt ins Glück" gelungen ist? In einem im Anschluss an die Premiere im Großen Pausenraum präsentierten szenischen Epilog zu Horváths "Geschichten", in dem Petra Morzé alle Register ihrer Ausdruckskraft zog, versuchte Angela Schneider eine Antwort. Marianne lässt ihre Vergangenheit, vor allem der Tod ihres Sohnes nicht los. Die Kraft zu einem Neubeginn fehlt ihr. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des von den Nazis dominierten Österreich. Vorderhand bleibt nur die Hoffnung auf Glück.

Der Autor ist freier Kulturjournalist.

Geschichten aus dem Wienerwald - Theater an der Wien, März 2015 - © Werner Kmetitsch
© Werner Kmetitsch
Oper

Geschichten aus dem Wiener Wald

Theater an der Wien, 21. , 23. März 2015

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