Kindertotenlieder - © Foto: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Es lebe das Experiment

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Die Neue Oper Wien zeigte im MuseumsQuartier ein einst gefeiertes, inzwischen aber etwas verblasstes Musiktheater, die Staatsoper wagte sich zum Start der neuen Saison an eine unkonventionelle Mahler-Collage mit rätselhafter Symbolik.

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Die Neue Oper Wien zeigte im MuseumsQuartier ein einst gefeiertes, inzwischen aber etwas verblasstes Musiktheater, die Staatsoper wagte sich zum Start der neuen Saison an eine unkonventionelle Mahler-Collage mit rätselhafter Symbolik.

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Nächstes Jahr, nach drei Dezennien, soll Schluss sein? Man könnte es dem Gründer und Leiter der Neuen Oper Wien, Walter Kobéra, nicht verdenken. Wer will schon fortwährend als Bittsteller vor Subventionsgebern dastehen, dabei nicht selten mit Absagen konfrontiert werden? Dazu – wie ihm geschehen – sich von der öffentlichen Hand schließlich noch anhören müssen, dass man nach langer erfolgreicher Zeit auch aufhören könnte? Aber Hoffnungen soll man nie aufgeben. Vielleicht findet sich ein Weg, diese für die Wiener Musiktheaterlandschaft so wichtige Institution weiterzuführen. Zum einen, weil sie über Innovationen nicht redet, sondern diese mit einer Vielzahl von Ur- und Erstaufführungen seit jeher realisiert. Zum anderen, weil die Neue Oper Wien, egal, wo sie gastiert, stets demonstriert, dass sich auch mit sparsamen Mitteln meist der gewünschte Effekt erzielen lässt. Was nicht bedeutet, dass man mit jeder Novität gleich erfolgreich reüssiert, wie die jüngste Produktion zeigte. 2003 als wichtigste Uraufführung des Jahres gefeiert, vermag Jörg Widmanns „Das Gesicht im Spiegel“ heute nicht mehr ganz so zu überzeugen. Dabei verarbeitet dieses hierzulande erstmals gezeigte, auf sechzehn Abschnitte aufgeteilte Musiktheater ein aktuelles Libretto. In einem fast schon dem finanziellen Untergang geweihten Biotech-Konzern gelingt es, den Klon eines Menschen zu züchten. Aber wehe, dieser zeigt plötzlich Gefühle. Das kann nicht nur eine Ehe ordentlich durcheinanderbringen, wie es dieses von Roland Schimmelpfennig in einen unterschiedlich gelungenen Text gegossene Sujet demonstriert. Auch Widmanns Musik präsentiert sich in manchen dieser Szenen dichter, beredter, psychologisch zwingender, was im Laufe der Aufführung zu unterschiedlichen Spannungskurven führt. Das kann selbst eine so qualitätvolle musikalische Realisierung, wie sie das Amadeus Ensemble Wien, die Damen des Wiener Kammerchors unter Walter Kobéra und die von Roxane Choux und Ana Catarina Caseiro dominierten Solisten im Museumsquartier präsentierten, verbunden mit einer das Geschehen subtil nachzeichnenden Regie (Carlos Wagner), nicht ganz übertünchen. Christof Cremers minimalistische Bühnenarchitektur hätte auch ohne so manche Projektion Wirkung entfaltet.

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