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Heiliger und unheiliger Geist

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Pfingsten, das liebliche Fest, war gekommen, es grünten und blühten Feld und Wald..." So sah Goethe in seiner Fabelerzählung „Beineke Fuchs" das Fest 50 Tage nach Ostern, an dem nach der Darstellung der Apostelgeschichte die Urgemeinde in Jerusalem mit Gottes Geist erfüllt wurde. Ein Frühlingsfest also, an dem alles grünt und blüht, weil Gottes Geist neues Wachstum gibt - ganz so einfach wird es doch nicht gemeint sein, und es empfiehlt sich, etwas genauer hinzusehen, um da und dort den Heiligen vom unheiligen Geist trennen zu können. In Kirche, Staat und Gesellschaft geschieht vieles - von welchem Geist all das wohl geprägt ist?

Erstes Gelingen, imposantes Erscheinungsbild, (zahlenmäßiger) Erfolg, gesellschaftsfähige Präsentation mögen beeindrucken, letztgültige Kriterien können sie nicht sein.

Die Unterscheidung der Geister ist kein leichtes Unterfangen. Letztlich gibt es nur einen Maßstab dafür, um herauszufinden, wessen Ursprungs der Geist ist, der andere und mich treibt: die Übereinstimmung mit dem Wesen unseres Gottes, oder konkreter gesprochen: die Orientierung am Evangelium Jesu Christi. Dieses Kriterium gibt einen ziemlich klaren Parameter. Denn dann scheidet alles aus, was aus persönlichem oder aus Gruppen-Egoismus initiiert wird, alles, was eigenen Vorteil sucht und die Bechte anderer mit Füßen tritt, alles, was nicht in erster Linie den anderen Menschen in seiner persönlichen Würde im Blick hat, sondern die Starre von Vorschrift oder Gesetz.

Dieses Kriterium gilt in meinem Leben ebenso wie im Leben von Politik und Kirche. Es stellt in Frage, zugleich kann es ermutigen und beflügeln: Denn die Gewißheit des Wirkens von Gottes Geist gibt Dynamik, Initiative und Phantasie weit über das eigene Vermögen hinaus -gleich einem Sturmwind, der durch ein Haus fegt, und gleich Zungen wie von Feuer, die lodern, aber doch nicht verbrennen.

„Löscht den Geist nicht aus!" sagt Paulus. Wenn es der richtige ist, wäre das ein passender Batschlag zum bevorstehenden Festtag.

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