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Mosaiksteine und Graphiken

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In dem legitimen Vorhaben des österreichischen Museums für angewandte Kunst, die Geschichte und die Zusammenhänge der kunstgewerblichen Erneuerungsbewegung, die in Österreich mit der Gründung des österreichischen Museums für Kunst und Industrie im Jahre 1864 ihren Anfang nahm, zu erhellen und darzustellen, sind Direktor Wilhelm Mrazek und seinen Mitarbeitern nicht nur einige wertvolle und schöne Ausstellungen, sondern auch echte historische Trouvaillen geglückt. Es sei in diesem Zusammenhang nur auf die zum Teil bahnbrechenden Arbeiten von Waltraud Neuwirth über österreichisches Glas, Porzellan und Keramik dieser Zeit verwiesen.

Eine Neuentdeekung besonderer Art ist nun auch jene der „Wiener Mosaikwerkstätte“ und ihres Gründers Leopold Forstner, denen das Museum in seinem Säulenhof bis zum 31. Jänner 1976 eine schön gestaltete Ausstellung widmet. Forstner, der 1878 in Leonfelden in Oberösterreich geboren wurde, besuchte nach der Staatshandwerksschule Linz und der Tiroler Glasmalerei in Innsbruck die k. k. Kunstgewerbeschule des österreichischen Museums, wo er sein Studium unter Kolo Moser abschloß, um dann für ein Jahr in München an der Akademie der bildenden Künste unter Professor Herterich Malerei zu studieren. 1906 gründete er die „Wiener Mosaikwerkstätte“, die mit ihren Arbeiten bereits 1908 auf der damaligen „Kunstschau 1908“ vertreten war. In der Folgezeit bis zum Ersten Weltkrieg erhielt Forstner und seine Werkstätte alle dekorativen Großaufträge. So entstanden etwa die Arbeiten für die Kirche „Am Steinhof“ nach Entwürfen von Kolo Moser und Rudolf Jettmar, die Ausführung des Mosaikfrieses für das Speisezimmer des Palais Stoclet in Brüssel nach dem Entwurf von Gustav Klimt, dagegen Glasfenster und Wandmosaik in der Dr.-Karl-Lueger-Gedächtnis-kirche am Zentralfriedhof und Apsis-mosaik für die Kirche in Ebelsberg bei Linz sowie die Mosaiken für das Dianabad in Wien nach eigenen Entwürfen.

Forstner hatte anfangs begonnen, unter dem starken Eindruck der Mosaiken von Ravenna und in der Markuskirche in Venedig Glasmosaiken herzustellen, ging aber seit 1908 dazu über, kombinierte Mosaiken zu fertigen, die die verschiedensten Materialien, wie Glas, Stein, glasierten Ton, Email und zum Teil sogar getriebenes Metall, zu großflächigen Dekorationen im Betonbau verbanden, Relief- und Flächenwirkung miteinander verknüpften oder auch bloß in der Fläche blieben. Der Erste Weltkrieg brachte, wie für so vieles, auch das Ende für dieses großangelegte Unternehmen. Forstner diente in ihm als Kriegsberichterstaatter in Albanien, wo er für das Museum für Völkerkunde zahlreiche ethnologisch wertvolle Zeichnungen fertigte. 1919 gründete er neue Fabriken in Stok-kerau, die „Edelglas-Mosaik- und Emailwerkstätte“ und die „Edelglas-werke AG“, die bis 1928 existierten und zahlreiche schöne Gläser herstellten, die zum Teil an die venezianische, zum Teil an die deutsche Tradition anknüpften, durchaus modern im Geschmack und lange Zeit unter anderen Namen wie „Lobmeyer“ firmierten. In der schweren Zeit der Wirtschaftskrise schließlich, von 1929 an, unterrichtete Forstner am Bundesgymnasium Hollabrunn Freihandzeichnen und Handfertigkeit, bis er im November 1936 starb. Die Ausstellung zeigt nun in überzeugenden Beispielen Kostproben der Mosaikkunst Forstners, die am stärksten im Ornamentalen, am wenigsten im Zusammenhang mit der menschlichen Figur, sei es im Relief oder auf der Fläche, wirkt und sich auch dort am reinsten entfaltet, wo nicht ein nahezu byzantinischer Geschmack, sondern Zurückhaltung, sei es in der Farbe oder in der Form, herrscht. Sehr schön wirken in der Ausstellung, die mit den Plakat-, Bild- und Illustrationsbeispielen auch einen Überblick über die Vielseitigkeit Forstners gibt, einige der Gläser die Noblesse der Form mit anmutigem Dekor vereinen. Eine sehenswerte und interessante Ausstellung.

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