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Osterreich auf Welle „Troubadour“?

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Grünes Licht für Live-Fernsehüber-tragungen aus der Staatsoper. Im Mai 1978 soll es soweit sein: Herbert von Karajan wird Verdis „Troubadour“ aufzeichnen - fürs Fernsehen und mit synchronem Stereoton für den Hörfunk. Wie es in seinem Vertrag steht. Ursprünglich war diese Übertragung bereits für 1977, also für Karajans Wien-Comeback, vorgesehen. Da aber des Maestros Bildregisseur für Vorbereitungen und Aufnahmen zumindest drei komplette „Durchlaufer“ der Aufführung braucht, konnte Staatsoperndirektor Seefehlner diese Termine in seinem seit langem fixierten Probenplan nicht mehr unterbringen. Ganz abgesehen davon, daß auch noch Detailfragen zwischen den Bundestheatern, der Gewerkschaft, dem ORF und der Produktionsfirma, Leo Kirchs „Unitel“/Beta, zu klären sind.

Immerhin ist aber eines der wichtigsten Projekte in ein Stadium ernsthafter Planung getreten. Einem Millionenpublikum wird in Hinkunft die Chance geboten, Oper via TV ins Haus geliefert zu bekommen; es soll damit endlich an jenen künstlerischen Produktionen teilhaben, für die Österreichs Steuerzahler allein täglich immerhin mehr als eine Million Schilling abliefern.

Man hat gerade den Bundestheatern ihre „elitäre“ Position immer wieder vorgeworfen, ihnen die Diskrepanz zwischen hohen Kosten und relativ geringer Zahl an Konsumenten angekreidet. Da kann also jetzt Abhilfe geschaffen werden. Die Öffnung der Theater rollt an. Die Burg-Tournee kurvt durch Städte ohne Theatertradition (und wenn sie vom Programm her nicht so ungeschickt arrangiert wäre, könnte der Erfolg noch viel größer sein). Das Opernstudio der Staatsoper zieht bereits im kommenden März von Enns oder Braunau aus durch die Lande. Mit „Don Pasquale“ und Publikumsliebling Oskar Czerwenka auf Thespis' Karren. Und an einem Reiseballettprogramm wird gebastelt. Zusätzlich soll das Fernsehen Staatsopernkultur bis in den letzten Talwinkel oder ins letzte Bergdorf tragen.

Aber gerade dazu wird man sich noch eine Menge einfallen lassen müssen. Denn bloß mit dem „Troubadour - live“ auf TV-Wellen ist nicht alles getan. Hand aufs Herz, wie viele von Österreichs „Televisionären“ lassen sich von der Kunstform Oper so begeistern, daß sie sich auch wirklich eine Opernübertragung anschauen? Ich wage dabei gar nicht daran zu denken, daß etwa parallel dazu ein Film nach Art der „Straßen von San Francisco“ gezeigt werden könnte ... Machen wir uns also nicht all zuviel vor. Das breite Publikum, das man gewinnen will, steht der Oper indifferent gegenüber. Ihm mit Live-Ubertragungen Freude zu bereiten, setzt eine Menge Arbeit voraus: Vor allem, daß um Verständnis geworben, daß das Verstehen gefördert wird. Das heißt: Operninformationen liefern, in geballter Ladung. Immer wieder. (Und um so mehr, wenn es sich um ein Stück wie den „Troubadour“ handelt, der schon vom Inhalt her so vertrackt ist!).

Wer da A sagt, als Ja zu Opernübertragungen, müßte auch B sagen. In Österreichs Schulen müßten beispielsweise die Lehrer den „Troubadour“ erklären. Wobei allerdings all die, die das Fach Musik nicht besuchen, fatalerweise nicht zu erreichen sind. Und man müßte im TV Superstars in die Schlacht schicken: „Opernführer“ Marcel Prawy etwa mit einer „Troubadour“-Einführung, Herbert von Karajan selbst mit einem Gespräch über das Werk; und dazu gründliche Informationsarbeit in den gedruckten Massenmedien...

Der Erfolg dieser ersten „Trouba-dour“-Aktion hängt nämlich auch davon ab, wie intensiv die geistige Aufbereitung und wie groß der Radius dieser Vorarbeiten sein werden. Schließlich wendet sich diese Opern-Liveshow an ein Massenpublikum, zumindest an ein wesentlich größeres als das, das sich ohnedies eine Opernproduktion ansehen würde. Denn daß nur die Fans, also die gern geschmähte „Opernelite“, die sonst im Haus am Ring sitzt, zur Abwechslung einmal Oper aus dem TV-Kasten konsumieren, scheint mir nicht der Zweck des Unternehmens zu sein.

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