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Technik und Umwelt

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Mit der Erfindung der Dampf-maschine begann das Zeitalter der technischen Entwicklungen (auch „Industrielle Revolution“ genannt). Die vormals eher auf kleingewerblichen und landwirtschaftlichen Betrieben basierende gesellschaftliche Struktur erfuhr damit eine drastische Änderung, da erstmals die notwendigen Voraussetzungen für eine industrielle Fertigung gegeben waren. Mit dieser Entwicklung waren auch tiefgreifende gesell-Schafts- und sozialpolitische Auswirkungen verbunden, die letztendlich die Grundlage für die heutige Industriegesellschaft darstellten. Daß derartige Entwicklungen aber nicht nur Vorteile brachten, erkannte man bald an der nun örtlich massiv auftretenden Verschmutzung der Luft durch Verwendung von Kohle als .Hauptenergieträger. Die Auswirkungen dieser Luftverschmut-.-zungen waren zu Beginn eher minimal und wurden von den Betroffenen als Preis für die gewonnenen Vorteile akzeptiert. Trotzdem - oder gerade deshalb - galten rauchende Fabriksschlote über viele Jahrzehnte als ein Zeichen von gesichertem Arbeitsplatz und gesellschaftlichem Wohlstand.

Was ursprünglich als lokale Belästigung begann, entwickelte sich über viele Jahrzehnte hinweg - sowohl auf dem Luft- als auch Wassersektor - zu einem überregionalen Problem. Und heute stehen wir vor dem Erbe, das uns unsere Vorfahren - weniger aus Unvernunft als vielmehr aus Unkenntnis der Zusammenhänge - zur Bewältigung überlassen haben.

Relativ bald wurde das Problem der Wasserverschmutzung erkannt; bildet Wasser doch eines der für das Leben unbedingt erforderlichen Grundelemente. Direkteinleitungen von verschmutztem Abwasser in Fließgewässer und Seen wurden gesetzlich geregelt und die Reinigung in biologischen Kläranlagen vorgeschrieben. Derartige Maßnahmen sind mit großen Investitionen gekoppelt und nicht von heute auf morgen durchführbar. Der Weg, den Österreich in Richtung eines sauberen Seen- und Fließgewässersystems gehen muß, ist sicherlich noch weit; trotzdem läßt sich auf diesem Sektor bereits ein Ende erkennen.

Anders sieht die Situation auf dem Luftsektor aus. Die für die Luftverschmutzung verantwortlichen Stoffe sind mannigfacher Natur, und ihre Wirkungsweisen auf die verschiedenen biologischen Systeme (z. B. Wald) trotz intensiver Forschung noch immer nicht vollständig geklärt. Will man die Luftverschmutzung als Ursache für Waldschäden nicht in Frage stellen, so zwingt die fortschreitende Schädigung zu sofortigen Maßnahmen. Es muß dabei berücksichtigt werden, daß Luftverschmutzungen (viel mehr als Wasserverschmutzungen) ein überregionales Problem darstellen, das nur durch Kooperation auf breitester Basis - auch international - gelöst werden kann. Neben den Energieträgern Kohle und (den neuerdings viel propagierten) biogenen Stoffen kommt dabei Erdgas sowie Erdöl und seinen Produkten eine ganz wesentliche Bedeutung zu.

Kohle als Hauptenergieträger zu Beginn der industriellen Entwicklung wurde - nach Entdek-kung ausgedehnter Erdölfelder in den USA Mitte des 19. Jahrhunderts - nach und nach fast vollständig durch Erdöl bzw. seine Produkte ersetzt. (Im letzten Jahrzehnt beginnt sich ein ähnlicher Substitutionseffekt durch Erdgas abzuzeichnen.) Durch die energetische Nutzung dieser Energieträger werden nicht nur die in diesen Produkten enthaltenen Inhaltsstoffe freigesetzt, sondern - leider auch - ein Teil des in der Luft enthaltenen Stickstoffs zu unerwünschten Stickoxiden umgewandelt. Derartige Umsetzungen spielen sich bei der Verbrennung von Erdgas und Heizöl genauso ab wie bei der Verbrennung von Vergaserkraftstoff im Motor eines Kraftfahrzeuges. Maßnahmen, die eine Reduzierung des Schadstoffausstoßes bei derartigen Verbrennungsvorgängen bewirken, können somit-wenn man die weite Verbreitung von Öl-/Gas-Heizung sowie Kraftfahrzeug bedenkt - zu einer beträchtlichen Verbesserung der Luftqualität beitragen. Entsprechende Ansätze können nun einerseits beim Energieträger selbst, andererseits aber auch bei der Verbrennung oder der Abgasreinigung getätigt werden.

Maßnahmen, die den Energieträger selbst betreffen, können am Beispiel des Heizöles sehr schön aufgezeigt werden. Während eine Direktentschwefelung von Kohle technisch/wirtschaftlich nicht möglich ist, konnte durch gezielte Herabsetzung des Schwefelgehaltes in Heizölen in Österreich die Freisetzung von Schwefeldioxid auf etwa ein Viertel der vor zehn Jahren produzierten Menge reduziert werden. Daß der so gewonnene Schwefel einen vielbegehrten Rohstoff für die Düngemittelindustrie darstellt, der somit nicht mehr importiert werden muß, sei nur nebenbei bemerkt.

Auch auf dem Kfz-Sektor konnte durch Zusatzstoffe eine Verbesserung der Verbrennung und somit eine Verbesserung der Abgasqualität erzielt werden. Durch Reduzierung des Bleigehaltes im Superkraftstoff bzw. Eliminierung des Bleis im Normalkraftstoff konnte eine deutliche Reduzierung des gesamten Bleiausstoßes bewirkt bzw. die Voraussetzungen für den klaglosen Betrieb eines Katalysators geschaffen werden, mit dem „Österreichs liebstes Kind“ nun endlich als umweltfreundlich zu bezeichnen wäre. Daß man aber auch damit noch nicht zufrieden ist, zeigen Entwicklungen, die auch die beim Betanken eines Kfz aus dem Tank freigesetzten Kohlenwasserstoffe (= Benzindämpfe) über den Weg von Aktivkohlebehältern in den Verbrennungsprozeß führen möchten. Vermerkt werden muß jedoch auch, daß Entwicklungen zur Abgasverbesserung eines anderen Großemittenten (dem Lkw) erst in den Kinderschuhen stecken. Dies stellt eine Herausforderung vor allem an die Motoren- bzw. Fahrzeughersteller dar, da von der Kraftstoffseite nur mehr geringe Verbesserungen möglich sind.

Während Maßnahmen auf der Brennstoffseite sehr rasch eine

Verbesserung bewirken können, da diese Produkte in einigen wenigen Verarbeitungsanlagen (in Österreich im wesentlichen in der Raffinerie Schwechat) zentral hergestellt werden, sind Entwicklungen auf der Verbrennungsseite- sei es nun Kessel oder Motor - nur langsam wirksam und im wesentlichen von der Einsatzzeit des entsprechenden Gerätes abhängig. Eine Beschleunigung und somit eine raschere Durchsetzung von technischen Verbesserungen kann dabei im wesentlichen nur auf gesetzlichem Wege erfolgen. Ein erster Schritt in dieser Richtung stellt sicherlich das bevorstehende Luftreinhaltege-setz für Kesselanlagen dar. Weitere Gesetze müssen folgen, um auch andere Anlagen (z. B. den Hausbrand) mitzuerfassen.

Können technische Entwicklungen auf der Brennstoffseite oder im Verbrennungsraum keine gewünschte Verbesserung der Abgasqualität ergeben, so verbleiben nur mehr Einrichtungen zur gezielten Reinigung des Abgases selbst. Derartige Anlagen sind imstande, sowohl Staub als auch Schwefel- und Stickoxide zu entfernen. Sie sind technisch ausgereift, aber aufgrund ihrer hohen Investkosten nur bei Großkraftwerken wirtschaftlich einsetzbar. Anders sieht die Situation beim Kfz-Katalysator aus, wo durch entsprechende gesetzliche Regelung sowie hohe Stückzahl eine kostengünstige Herstellung möglich und somit eine deutliche Verbesserung der Kfz-Abgasqualität gegeben ist.

Der konzentrierte Einsatz all dieser Maßnahmen ist sicherlich imstande, eine Trendumkehr in der Luftverschmutzung zu erreichen, und stellt somit die Voraussetzung für die Genesung unserer Umwelt (z. B. Wälder) dar. Daß derartige Entwicklungen einerseits ein Abwenden von lieben Gewohnheiten bedeutet und andererseits nur mit kräftiger Unterstützung eines entsprechenden gesetzlichen Rahmens möglich sind, liegt in der Natur der Sache. Aber auch hier gibt es eine positive Seite: erfordern doch diese aufwendigen technischen Entwicklungen, die zur Luft- und Abwasserreinigung notwendig sind, eine entsprechend ausgerüstete Umwelttechnik (mit zahlreichen neuen Arbeitsplätzen), womit der Kreis Technik - Umwelt wiederum geschlossen ist.

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