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Welt ist heute sicherer

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Wir leben in einer Zeit der Herausforderungen des Friedens, aber auch großer Chancen für den Frieden. Durch Zeiten der Schwierigkeit und der Enttäuschung hindurch sind die höchsten Hoffnungen und Erwartungen Amerikas nie schwankend geworden: Wir haben — und das werden wir auch weiterhin tun — um einen dauerhaften Frieden gekämpft, der die Würde der Männer und Frauen überall zur Geltung bringt. Ich bin überzeugt, daß 1984 die Vereinigten Staaten in ihrer stärksten Position seit Jahren vorfindet, um eine konstruktive und realistische Arbeitsbeziehung zur Sowjetunion herzustellen...

| Im Laufe der letzten zehn Jahre haben die Sowjets einen doppelt so großen Anteil ihres Bruttosozialproduktes für Militärausgaben aufgewandt wie die Vereinigten Staaten, selchsmal so viel Interkontinentalraketen gebaut, viermal so viel Panzer und doppelt so viel Kampfflugzeuge. Und sie begannen die SS-20-Mittelstrecken-raketen zu einem Zeitpunkt aufzustellen, als die Vereinigten Staaten keine vergleichbaren Waffen besaßen.

Die Geschichte lehrt uns, daß Kriege beginnen, wenn Regierungen glauben, daß der Preis einer Aggression niedrig ist. Um den Frieden zu erhalten, müssen wir und unsere Verbündeten stark genug sein, jeden potentiellen Aggressor überzeugen zu können, daß Krieg keinen Vorteil, sondern nur die Katastrophe bringen würde. Als wir daher unsere Verteidigung vernachlässigten, wuchsen die Risiken einer ernsten Konfrontation.

Vor drei Jahren erhielten wir vom amerikanischen Volk ein Mandat, den Kurs zu ändern, und wir haben ihn geändert. Mit der Unterstützung des amerikanischen Volkes und des Kongresses haben wir dem Niedergang Amerikas Einhalt geboten. Unsere Wirtschaft befindet sich heute mitten im besten Aufschwung seit den sechziger Jahren. Unsere Verteidigung wird wieder aufgebaut. Unsere Bündnisse sind fest, und unsere Verpflichtung zur Verteidigung unserer Werte ist niemals klarer zum Ausdruck gekommen.

Der Aufschwung Amerikas hat die sowjetischen Führer vielleicht überrascht. Sie haben womöglich damit gerechnet, daß wir uns weiterhin selbst schwächen würden. Sie haben jahrelang erklärt, daß unser Ableben unausweichlich sei. Sie haben das so oft erklärt, daß sie wahrscheinlich anfingen, es selbst zu glauben. Wenn dem so ist, dann können sie jetzt, so meine ich, sehen, daß sie unrecht hatten.

Das mag der Grund sein, warum wir seitens des Kreml in der letzten Zeit so geharnischte Worte gehört haben. Diese harten Worte haben manche Leute veranlaßt, von einer erhöhten Unsicherheit und einer verschärften Konfliktgefahr zu sprechen. Das ist begreiflich, aber im tiefsten Sinne

falsch. Wenn man hinter die Worte blickt, dann ragt eine Tatsache heraus: Die Abschreckung Amerikas ist glaubwürdiger und sie macht die Welt zu einem sicheren Ort — sicherer, weil heute weniger die Gefahr besteht, daß die sowjetische Führung unsere Stärke unterschätzt oder unsere Entschlossenheit in Frage stellen wird ...

Ich schlage vor, daß unsere Regierungen eine große Anstrengung unternehmen, um herauszufinden, ob wir in drei großen Bereichen einen Fortschritt erzielen können:

#. Erstens müssen wir Mittel und Wege finden, um die Androhung und die Anwendung von Gewalt bei der Lösung internationaler Streitigkeiten zu verringern und schließlich zu beseitigen. Die Welt hat allein seit Ende des Zweiten Weltkrieges über 100 große Konflikte erlebt... Die meisten dieser Konflikte haben ihren Ursprung in örtlichen Problemen, aber viele sind von der Sowjetunion und ihren Stellvertretern ausgenutzt worden___Wäre es nicht besser und sicherer, wenn wir zusammenarbeiten könnten, um Völkern in Konfliktgebieten zu helfen, friedliche Lösungen ihrer Probleme zu finden? Das sollte unser gemeinsames Ziel sein ...

#. Unsere zweite Aufgabe sollte sein, Mittel und Wege zur Verringerung der gewaltigen Rüstungsarsenale in der Welt zu finden. Es ist tragisch, daß die Entwicklungsländer pro Jahr mehr als 150 Milliarden Dollar für ihre Streitkräfte ausgeben — rund 30 Prozent ihrer Staatshaushalte. Wir müssen Mittel und Wege finden, um diesen Teufelskreis der Drohung und Gegendrohung zu durchbrechen, der das Wettrüsten überall anheizt, wo er zu finden ist.

Was die Kernwaffen anbetrifft, so ist die Wahrheit einfach die, daß das Gesamtnukleararsenal Amerikas kleiner geworden ist. Wir besitzen heute weit weniger Kernwaffen als vor 20 Jahren. Gemessen an der Gesamtzerstörungskraft, ist unser Nukleararsenal auf dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren angelangt. Erst vor drei Monaten kamen wir und unsere Verbündeten überein, 1400 Kernwaffen aus Westeuropa abzuziehen — nach dem Abzug von 1000 Kernwaffen aus Europa vor drei Jahren.

Aber das ist noch nicht genug. Wir müssen unsere Anstrengungen verstärken, um zu Abkommen zu gelangen, die die Nukleararsenale wesentlich verringern, größere Stabilität herstellen und Vertrauen schaffeh. # Unsere dritte Aufgabe ist es, ein besseres Arbeitsverhältnis zueinander herzustellen, ein Verhältnis, das durch stärkere Kooperation und bessere Verständigung gekennzeichnet ist...

Ich habe meine Ansicht über das sowjetische System offen zum Ausdruck gebracht. Ich weiß nicht, warum dies für die sowjetischen Führer eine Überraschung sein sollte, die nie davor zurückgeschreckt sind, ihre Ansicht über unser System zum Ausdruck zu bringen. Aber das bedeutet doch nicht, daß wir nicht miteinander verhandeln können...

Ja, ich unterstütze eine NuH-Lösung für alle Kernwaffen. Mein Traum ist es, den Tag zu erleben, an dem alle Atomwaffen vom Antlitz dieser Erde verbannt sind. Im vergangenen Monat erklärte der sowjetische Verteidigungsminister, daß sein Land alles tun werde, um die Gefahr eines Krieges zu verhindern. Dies sind ermutigende Worte, aber jetzt ist die Zeit gekommen, um den Worten Taten folgen zu lassen. Die Möglichkeit zum Fortschritt bei der Rüstungskontrolle existiert — die sowjetische Führung sollte sie nützen.

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