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Zeugnis ablegen
1. Neue Sicht der Kirche durch das Konzil:
a) War bisher Kirche vor allem als „Geheimnisvoller Leib Christi" auch von den aktiven Laien gesehen worden (mit der starken Betonung der Hierarchie als Stellvertreter des Hauptes, Christus), wurde das neue Kirchenbild vom Volk Gottes mit seiner Verbundenheit in der „communio" und den vielen aufeinander bezogenen Diensten begeistert aufgenommen.
Die Arbeit des Laienapostolates wurde und wird seither geprägt von den Dekreten über die Kirche und über das Laienapostolat - und neuestens von der durch die Bischofssynode 1987 erreichten und von Papst Johannes Paul II. in seinem Schreiben „Christifideles laici" der ganzen Welt bekanntgemachten Weiterentfaltung der konziliaren Grundsätze über den Laien in Kirche und Welt.
Der grundlegend neue Aspekt war die Betonung, daß die Laien kraft Taufe und Firmung zum Apostolat berufen und gerufen sind, nicht durch die Delegierung seitens der Hierarchie, quasi als deren verlängerter Arm. Dies führte zu einem neuen Selbstverständnis und Selbstbewußtsein der Laien und deren Organisationen und zu einem neuen Zusammenwirken von Priestern und Laien. Die Pfarrausschüsse der KA wurden in die Pfarrgemeinderäte übergeleitet und diese bekamen als Beratungs- und Mitentscheidungsgremien eine neue Wertigkeit in der Pfarre (und der Pastoralrat auf Diözesanebene). Besondere Form der Mitbestimmung übten die Laien auf Diöze-sansynoden und dem „Österreichischen synodalen Vorgang" aus.
Die Katholische Aktion hat sich spontan und ganz in den Dienst der neuen Gremien gestellt (und dabei manch Eigenprofil verloren). Der rasche Aufbau der Räte wäre jedenfalls ohne die von der KA und einigen anderen laienapostolischen Organisationen geprägten Verantwortlichen auf pfarrlicher, diöze-saner oder Österreichebene nicht möglich gewesen.
b) Die Lehre des Konzils von der Eigenständigkeit der weltlichen Sachbereiche wurde von den Laien ebenfalls dankbar auf- und angenommen. Sie versuchten mit neuer Kraft in diesen Sachbereichen als Christen zu wirken und in ihnen ihr Apostolat zu leben. Diese Eigenständigkeit erforderte sicher einen schmerzlichen Abnabelungsprozeß offizieller kirchlicher Stellen, der mit Großherzigkeit und Mut durchgestanden wurde, zum Vorteil der Kirche, der Sachbereiche und der Menschen, die in diesen Sachbereichen arbeiten.
Apostolat an den Menschen in diesen Sachbereichen wurde nun in neuer Qualität möglich, da viele Vorbehalte gegen „die Kirche" wegfielen. Das Bild von der Kirche konnte in einer entspannten und sachlichen Atmosphäre geprägt werden. (Leider scheint in neuer Zeit da und dort viel von diesem positiven Bild der Kirche wieder verdeckt zu werden durch neue unkonziliare Bestrebungen.)
2. Die Aufbruchsstimmung nach dem Konzil erlebte einen empfindlichen Einbruch, an dessen Folgen wir derzeit noch leiden. Vor allem waren es Ereignisse, die bald nach dem Konzil die Christen in Österreich erschütterten:
a) Die von vielen Katholiken damals nicht mehr erwartete und dann im Gewissen nicht voll angenommene Überzeugung Roms über die Methoden der Geburtenregelung;
b) Der spontane und organisatorische Aderlaß durch den Weggang Hunderter meist junger, aktiver und mit neuen Hoffnungen für kirchliche Erneuerung erfüllter Priester. Diese Absetzbewegung aus dem innersten kirchlichen Bereich setzte sich später - auch wegen mancher römischer Maßnahmen und subjektiv empfundener Rückschritte - leider auch bei vielen aktiven Laien fort und hemmte sie zumindest in ihrer spontanen und bereiten Mitarbeit.
3. Diese aktive, freie, „großherzige" Mitarbeit der Laien wird in Zukunft in notwendigem Ausmaß nur gewährleistet sein, wenn mehrere Voraussetzungen gegeben sind, zum Beispiel:
a) Nach dem Willen des Konzils -und auch nach „Christifideles laici" muß es institutionalisierte Möglichkeiten nicht nur der Mitarbeit, sondern auch der Mitbestimmung und Mitverantwortung geben - auf allen kirchlichen Ebenen Österreichs. Die Laien müssen in allen kirchlichen Fragen ernst genommen werden, nicht nur bei der Ordnung der zeitlichen Dinge, sondern überall dort, wo Lebensprobleme der Menschen betroffen sind.
b) Es braucht die volle Verwirklichung und Bejahung der „communio", der Gemeinschaft in der Liebe Christi,im Leben der Kirche.
c) Es bedarf der vollen Bejahung und positiven Sicht der Pluralität des menschlichen Denkens, Ent-scheidens und Handelns auch in der Kirche und durch die Kirche. „Einheit in der Vielfalt". .
d) Es bedarf der ständig neuen Evangelisation. Die Kirche und die Katholiken werden aber nur überzeugend „evangelisieren" können, wenn sie das lebensnahe Evangelium, und nicht nur für die Menschen oft tote Wahrheiten, verkünden - und wenn sie das Evangelium auch leben. Die Wahrheit muß von den Christen und von der Kirche getan werden: Die Liebe Gottes, die in Christus Mensch geworden ist, will und bringt das Heil für die Menschen. Durch ihr Wort und durch ihre Taten müssen Kirche und jeder einzelne Katholik davon Zeugnis geben, daß Gott da ist und die Fülle seiner Liebe den Menschen anbietet. Dann werden die Laien bereit und mit innerer Freude mitarbeiten in einer Kirche, der die Menschen zugehen, weil sie -auch durch die Mitarbeit der Laien - das für alle erkennbare Zeichen des Heiles ist.
Der Autor ist Präsident der Katholischen Aktion Österreichs.
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