Umweltfreundlich einkaufen und investieren

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Öko-Produkte hätten mehr Chancen, wenn öffentliche Haushalte bei ihrer Beschaffung das Kriterium Umweltfreundlichkeit mehr berücksichtigten.

Jahrzehntelang wurde Umweltschutz mit "End of Pipe"-Technologien betrieben: Wo Probleme sichtbar, fühlbar, riechbar wurden, da setzte man im günstigen Fall Filter dagegen ein. Im nachhinein macht's aber nur die Fernsehwerbung wieder gut. Schäden können nicht vollständig behoben oder ausgeglichen werden. Oft ist konkrete Abhilfe praktisch unmöglich: wie wollen wir treibhaus- und ozonlochfördernden fluorierte Kohlenwasserstoffverbindungen (FCKW) wieder aus der Atmosphäre holen? Wirksamer und meist auch kostengünstiger wäre es, Schäden von vornherein zu vermeiden.

Ein archimedischer Punkt, bei dem alle umweltwirksam agieren könnten, ist die Kaufentscheidung. Umweltorientierte Beschaffung fasst Umweltauswirkungen als wesentliches Qualitätskriterium von Produkten und Dienstleistungen auf und berücksichtigt dabei die "Vorgeschichte" der Produktion ebenso wie die Gebrauchsphase und die "Entsorgung".

Besondere Bedeutung kommt dabei dem öffentlichen Sektor zu, und zwar aus vielerlei Gründen: Hier wird die Glaubwürdigkeit politischer Zielvorgaben unterstrichen oder untergraben. Am 26. Jänner 1989 hat das österreichische Parlament die Bundesregierung beauftragt "die Richtlinien für das öffentliche Beschaffungswesen so zu gestalten, dass umweltgerechte und energiesparende Produkte und Systeme grundsätzlich bevorzugt angeschafft werden". Schon vor der nachdrücklichen Empfehlung der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 (Agenda 21: "... die Regierungen sind ebenfalls als Faktor des allgemeinen Konsumverhaltens zu betrachten ...") sind in Österreich derartige Zielsetzungen auch in konkrete Gesetzesmaterien eingeflossen (zum Beispiel Abfallwirtschaftsgesetz 1990).

Unbestritten ist sicherlich die Vorbildwirkung der öffentlichen Hand für alle anderen Konsumenten, seien es Private, Unternehmen oder sonstige Institutionen.

Ein ganz entscheidender Impuls für innovative Entwicklungen und den Absatz umweltfreundlicher Angebote kann freilich die Marktmacht des öffentlichen Sektors werden: 15 bis 20 Prozent des Bruttosozialproduktes der EU beziehungsweise einzelner Staaten wie Österreich umfasst die öffentliche Auftragsvergabe!

Erfreulicherweise wird die Vorreiter- und Signalfunktion der öffentlichen Hand in Österreich in vielen Bereichen realisiert. In Gemeinden und Städten, in Landesverwaltungen und Bundesministerien berücksichtigen zahllose engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ökologische Kriterien in ihrer Arbeit. Seit den frühen neunziger Jahren gibt es viele Pionierprojekte. Von einer auch nur einigermaßen kontinuierlichen und flächendeckenden Umsetzung der Ziele umweltorientierter Beschaffung sind wir freilich meilenweit entfernt.

Beispiel Beleuchtung

Was sind die Hemmnisse? Die "erhöhten Kosten" für umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen sind die beliebteste Killerphrase. Zahlreiche Beispiele aus der Praxis belegen allerdings das Gegenteil: Im Wiener Rathaus wurde durch den Einsatz von Energiesparlampen - bei gleichbleibendem Beleuchtungsniveau - der Anschlusswert um knapp 200 Kilowatt, der Jahresstromverbrauch um 374.000 Kilowattstunden verringert, was dem Bedarf von rund 100 Haushalten entspricht. Dabei stand einer Investitionssumme von etwa 750.000 Schilling eine jährliche Einsparung von 1.086.000 Schilling gegenüber.

Bei Hochbau und Gebäudeausstattung zeigt sich, dass eine optimierte Dimensionierung von Gebäuden und Anlagen und der adäquate Einsatz von Energie und Betriebsmitteln wirtschaftliche Vorteile bringt und oft ökologisch motivierte Zusatzmaßnahmen überhaupt erst finanzierbar macht. Umweltorientierte Beschaffung macht sich bezahlt!

Wichtig ist dabei die korrekte Betrachtung von Investitions- und Betriebskosten. Bei Elektrogeräten wurden Unterschiede im Strombedarf (bei gleicher Dienstleistung!) von bis zu 95 Prozent beobachtet. Bei einer Ausschreibung für Kopiergeräte im Magistrat Graz fiel der vermeintliche "Billigstbieter" durch Berücksichtigung des Stromverbrauchs auf Rang drei zurück. Das tatsächlich billigste Angebot sparte dagegen jährlich 240.000 Schilling ein! Wiener Neustadt erzielte bei der Reinigung eine jährliche Einsparung von 500.000 Schilling durch optimierte Beschaffung, bedarfsgerechte Dosierung und Schulung des Personals.

Damit ist ein zweites wesentliches Hemmnis angesprochen, nämlich die mangelnde Information: Zwar gibt es etliche - vielleicht zu viele? - Umweltzeichen und Auskunfts- und Beratungsstellen. Die Entwicklung schreitet allerdings rasch voran, ständig neue Erkenntnisse und neuartige Angebote machen die Szene oft unübersichtlich. Komplexe Sachverhalte erfordern eine umfassende Betrachtung - für den Einzelnen oft eine nicht zu bewältigende Anforderung.

Es ist daher sehr erfreulich, dass seit Kurzem ein Kriterienkatalog zur umweltfreundlichen Beschaffung mit dem Titel "Check it!" vorliegt (www.oekoeinkauf.at). Er wurde im Rahmen eines EU-Life-Projektes unter Federführung des Umweltministeriums und des Beschaffungs-Service entwickelt. Er bietet konkrete Informationen und Empfehlungen zu den Bereichen Papier, Büromaterial, Elektrische Geräte, Innenausstattung, Reinigung, Hochbau, technische Gebäudeausstattung und Wassernutzung.

Gerade im öffentlichen Sektor wird die rechtliche Zulässigkeit oft problematisiert - durchaus verständlich im Lichte des Diskriminierungsverbotes in der EU. Tatsächlich gibt es aber gute Möglichkeiten, ökologische Kriterien rechtlich korrekt in Ausschreibungen zu integrieren und zur Bewertung von Angeboten heranzuziehen.

Der Autor ist Geschäftsführer von Umwelt Management Austria.

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