In der Wiener Volksoper laufen seit kurzem über dem Bühnenportal parallel zur Aufführung deutsche Übertitel mit. Ein Gewinn, wie der Versuch mit Charles Gounods „Faust” in französischer Sprache zeigte. Das Publikum weiß nun, um „was es geht”.Asher Fisch am Pult demonstrierte, daß er das Volksopernorchester zu einem hervorragenden Klangkörper aufwertet, aber auch, daß er mit dem jungen Sängerensemble beachtliches Niveau erzielt: Den Namen des stimmgewaltigen, dämonischen Me-phistopheles - Egils Silins - wird man sich merken müssen; Simina Ivan ist eine zarte Marguerite mit
Er ist Wiens einziger Generalmusikdirektor und erhielt jetzt den Ehrenring der Stadt: Claudio Abbado gastierte mit seinen Berliner Philharmonikern bei den Wiener Festwochen im Musikverein — mit Gustav Mahlers „Neunter“, mit Beethovens 5. Klavierkonzert (Solist: der brillante junge Ew-genij Kissin) und Brahms’ „Zweiter“. Gespannt waren Publikum und Kritik auf Mahlers D-Dur-Symphonie: Doch da spürte man den Abstand zwischen Abbados Vorstellungen, der diese Musik aus ihrer Substanz, also aus thematischer Arbeit, deuten und für den Zuhörer „durchhörbar“ machen will, und den
Großes Finale beim Wiener „Klangbogen”, der mit fast 140 Veranstaltungen heuer unter die größten, repräsentativsten Festivals aufgerückt ist: Daniel Barenboim, Musikdirektorder Berliner Staatsoper und des Chicago Symphony Orchestra, führte im Musikverein mit den Wiener Philharmonikern Richard Strauss' „Don Quixote”-fulminante Solisten: Franz Bartholomey und Heinz Koll - und Tschaiko wskis f-Moll-Symphonie Nr. 4 auf: Barenboim, ein leidenschaftlicher Romantiker, forschte im Seelenleben der Meister. Eine Gratwanderung zwischen Depressionen, exaltierten Ausbrüchen und kühl
Sir Georg Solti, der neue Salzburger Osterfestspielchef, und Regisseur Götz Friedrich wagten sich an das „Größte" und „Gewaltigste" im Schaffen der Operndioskuren Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal. Ihre „Frau ohne Schatten" hatte im Salzburger Großen Festspielhaus Premiere: Mit viereinhalb Stunden Dauer ein gewaltiger Abend, der dank einem luxuriösen Sängerensemble, der Weltelite der Strauss-Interpreten und der feinfühligen Betreuung durch Solti zum bejubelten Musikereignis wurde. Spitzensänger wie Cheryl Studer (Kaiserin), Thomas Moser (Kaiser), Marjana
Komponistin Olga Neuwirth liebt „Schräges", „Obskures", dementsprechend ließ sie sich für die beiden Kurzopern „Körperliche Veränderungen" und „Der Wald" von Texten Elfriede Jelineks faszinieren. Eine Koproduktion der Wiener Festwochen mit dem Staatstheater Stuttgart zeigt nun das Ergebnis: Mini-Opern aus Klischeebildem, Erinnerungen, Zitaten - Neues von gestern!„Körperliche Veränderungen" ist eine „satirische Handtelleroper", „Der Wald" ein „tönendes Fast-foodge-richt"! Wenn man sich darunter nichts vorstellen kann, macht das gar
Eine Neueinstudierung der „Salome" von Richard Strauss war angekündigt, staubige Opemklamotte bescherte diese Staatsopern-Aufführung: Boleslaw Barlogs Arrangement undJürgen Roses Jugendstilausstellung, einst viel gepriesen, sind in die Jahre gekommen, von Erneuerung war kaum etwas zu merken. „Salome" unsinnlich, unsensationell, spannungsarm.Marek Janowski, sonst ein verläßlicher, kultivierter Wagner- und Strauss-Dirigent, holte immer wieder zu dramatischen Aufschwüngen und dröhnenden Entladungen aus. Aber in Herodes' Palast folgte man ihm nur zaghaft.Eva Marton kämpfte um
(Salzburger Osterfestspiele, Gro- ßes Festspielhaus; „Fidelio" von Ludwig van Beethoven) Karajans 17 Jahre alte, lang eingemottete Inszenierung sollte das Ereignis des ersten Festivals „nach Karajan" werden. Ergebnis: ein provinzielles Trauerspiel, modisch aufgeputzt im Stasi-Look. Von „namenloser Freu- de", von der Leonore und der be- freite Florestan jubeln, war wenig zu entdecken; zur Pause gab's, nach beinahe geschmissener Leonoren- Arie, kaum Applaus.Peter Brenner, der Regisseur, und Dirigent Kurt Masur wollten's bes- ser wissen als alle vor ihnen, von Gustav Mahler
(Staatsoper, „Die Hochzeit des Figaro“ von W. A. Mozart) Wenn man früher von Mozart-Pflege sprach, dachte man an ein spezifisches österreichisch-deutsches Sängerensemble, das sich in Wien im wahrsten Sinne gefunden hatte. Besucht man heute die Wiederaufnahme des „Figaro“ in Jean-Pierre Ponnelles Inszenierung, so staunt man, daß es bestenfalls für die kleineren Partien deutschsprachige Sänger gibt. Die Hauptpartien sind fast ausnahmslos mit Engländern und Amerikanern besetzt.Dagegen ist nun bei der Qualität von Sängern wie der wunderbaren, lyrischen Margaret Price als Gräfin,
(Wiener Konzerthaus, 10. Symphonie von Gustav Mahler) Mit dreizehn Jahren Verspätung konnten Wiens Musikfreunde jetzt die Erstaufführung von Gustav Mahlers 10. Symphonie hören, von der man bisher nur das schwelgerische Adagio und — von einer einzigen Aufführung — den Satz „Purgatorio" kannte. Der englische Romantikforscher De-ryck Cooke nahm sich zwischen 1964 und 1976 der Skizzen, 72 Seiten eines Partiturentwurfs und 92 Seiten eines Particells, an. Das Ergebnis, das nun von Rudolf Barschai und dem ORF-Symphonieorchester im Wiener Konzerthaus in einer ziemlich verkrampften
(Staatsoper Wien; „Moses und Arön" von Arnold Schönberg) Die genau studierte Wiederaufnahme von Schönbergs „Moses" in der packenden Inszenierung von Götz Friedrich ist großes Welttheater um die Revolte der Israeliten gegen den ägyptischen Pharao und den Auszug aus Ägypten. Kein bißchen altmodisch oder abgenützt wirkt diese philosophische Opernarbeit Friedrichs: Der Kampf Mose und Arons um das Bild Gottes, ein Kampf zwischen Idee und Sprache, hat szenisch-optische Brisanz bewahrt.Starke Faszination geht dabei vom spartanischen Bühnenbild Rudolf Heinrichs aus, einem riesigen
Mag Österreichs politisches Image im Ausland auch angeschlagen sein, in kulturellen Fragen mischen wir dennoch mit. Auch in Paris. So wird 1989, anläßlich der Feiern ,200 Jahre Französische Revolution“ und ,200 Jahre Er-klärung der Menschenrechte“ im Park des Schlosses Versailles ein internationales Opernfest gefeiert. Fawzi Mitwali, österreichisch-ägyptischer Erdöl- und Reisemanager, der 1987 mit Verdis >yAida“ in Luxor für internationalen Rummel gesorgt hat, finanziert nun — ohne jede Staatssubvention — Produktionen der Revolutionsoper ,JLndrea Che-nier“ von Umberto
(Mailänder Scala; „Aida“ von Giuseppe Verdi) Seit mehr als einem Dezennium eröffnete die Mailänder Scala erstmals ihre Saison mit „Aida“, einer Gala, die bei Eintrittspreisen bis zu 7000 Schilling vor allem ein Riesenspektakel bieten wollte. Dirigent Lorin Maazel wählte dafür — wie in Wien — die gefühlvolle MariaChiara für die Titelpartie und Luciano Pavarotti als strahlenden Radames. Sonst war die Aufführung mit Gena Dimitrova, Nicolai Giaurov und Juan Pons weit weniger überzeugend besetzt.Diese Inszenierung ist vor allem ein Schau-Ereignis — wenn auch eines von höchst
(Salzburger Festspiele; „Un Re in ascolto" von Luciano Berio) Prospero, der alte Theaterprinzipal, einst König der Szene und Magier der Theaterwelt, horcht... an den Wänden, in den Räumen, ins All. Hat er versagt, entgleitet ihm sein Welttheater? Noch hat er seine Vision eines neuen Theaters. Aber als er sich aus seinem Studio hinauswagt, in die Proben zu Shakespeares „Sturm" eingreift und sich Auseinandersetzungen stellt, versagt seine Kraft. Im Herzinfarkt träumt er sich hinüber ...Luciano Berio, der italienische Komponist von Weltruf, komponierte im Auftrag der Salzburger
(Staatsoper Wien, „Pique Dame" von P. I. Tschaikowski) Wiens neuer Staatsopernchef Lorin Maazel hat offenbar eine Pechsträhne: Nach dem „Tann-häuser"-Debakel endete auch die zweite Premiere seines ersten Direktionsjahres in Gelächter, flauem Applaus und in einem Buhorkan. Der Schrecken packte die meisten Premierenbesucher bei dieser Inszenierung Kurt Horres*. Verpackte dieser doch Tschai-kowskis Liebes- und Spielerdrama in eine sozialkritisch-bizarre Leichenhausschau, die er mit dem Holzhammer vorexerziert.Friedhofsatmosphäre und Gräber überall. Sogar im schwarzgrauen
(Kammeroper, Wien „Sommernachtsfest in Madrid" von Tomas Breton). Die Ausgrabung hat sich gelohnt: Die 1894 urauf-geführte Zarzuela von Breton ist ein mitreißendes kleines Stück, pralles Alltagsleben vor dem Hintergrund der rauschenden „Verbena", des Sommernachts-fests zu Ehren der Jungfrau von der Taube.Wie sich das für die echte Zarzuela gehört, ist die hübsche Musik randvoll mit folkloristischen Nummern: eine merkwürdige Mischung aus Opera buffa, Offenbach, Wiener Operette, musikalischer Komödie. Originell die Figuren: der kauzige alte Apotheker auf Flirtausflug, das
(Arena von Verona, Verdis Rigoletto) Internationale Opernstars sollten nach dem Wunsch des Intendanten der Opernfestspiele von Verona zu Giuseppe Verdis 80. Todestag in der Arena Debüt feiern. Also wurden die vielgepriesene Sopranistin Ileana Cotrubas als Gilda und der Großalmosenier der New Yorker Met, Sherrill Milnes, als Rigoletto verpflichtet.Das gutgemeinte Experiment endete als Fiasko. So unitalienisch ist es auf Veronas Riesenbühne wohl seit Jahren nicht mehr zugegangen. Denn weder die Cotrubas noch Milnes bewältigten stimmlich und in der Darstellung die Dimension der Arena.Diese
(Theater an der Wien: „Netzwerk“) Das war die mit der meisten Spannung erwartete Uraufführung der Wiener Festwochen: Friedrich Cerhas „Netzwerk“, eine Auftragsarbeit des Kulturamts der Stadt Wien, wurde von Cerha selbst, seinem mit der schwierigen Partitur wohlvertrauten Ensemble „die reihe“, der Balletttruppe Györ, Regisseur Giorgio Pressburger und Bühnenbildner Claudio Palcic an der Wien vorgestellt. Cerhas 1962 bis 1967 entstandene „Exercises“ dienten als Werkvorlage, die überarbeitet und auf 44 Teilstücke erweitert wurden.„Welttheater“ nennt der Komponist das
Karajans Privatjestival. die Salzburger Osterfestspiele, sind wieder vorbei. Sie sind heuer endlich aus der leidigen Phase der Wiederholungen herausgekommen. Nach den Reprisenjahren, die dem Publikum den eineinhalb Jahrzehnte alten ,,Troubadour”, den häßlichen „Fi-delio” und den auch nicht mehr ganz laufrischen „Don Carlos” bescherten, kehrte Karajan zu seinem Konzept zurück, Wagners Werke in -zumindest musikalisch - exemplarischen A ufführungen zu zeigen.1967 startete er mit der „ Walküre” und machte das Salzburger Osterfest zum sensationellsten Festival, zum exklusivsten
Nach Jahren „tierischen Kulturernstes" setzen Wiens neue Festwochenmacher auf „Heiterkeit": „Das wird zwar nicht Verharmlosung bedeuten. Und wir wollen auch nicht die Leut' vier Wochen lang zum Lachen kitzeln", beteuerten Wiens Kulturstadtrat Helmut Zilk und Stadtrat Jörg Mauthe. „Aber Humor und Heiterkeit können den Festwochen eine' besondere Note geben." Warum eigentlich nicht? Ich höre schon manche, ätzende Kommentare über dieses bevorstehende Wiener „Festival der Heiterkeit" abgeben. Aber Wien hat soviel Tradition in Sachen Humor, vom derben Spaß,
Aufregung im Bundestheaterverband. Bundestheaterchef Jungbluth war über die Indiskretion empört, daß eine Tageszeitung Gagendetails des designierten Staatsopernchefs Lorin Maazel veröffentlicht hatte: 5,4 Millionen Schilling soll Maazel da als Operndirektor ab 1982 jährlich kassieren. 150.000 Schilling pro Monat seiner Anwesenheit und 150.000 Schilling als Abendgage. Da Maazel sechs Monate jährlich die Operngeschäfte selbst führen und 30 Abende dirigieren will, macht das 5,4 Millionen.Aber da verstehe ich eigentlich nicht recht die Aufregung. Denn Karajan, Bernstein und Böhm bekommen
(Großes Festspielhaus, Salzburg) 1979 ist bei den Osterfestspielen ein Sparjahr und Karajan hält mit allen Investitionen ein wenig zurück, um sich 1980 bei Wagners Parsifal ein tiefes Luftholen leisten zu können. Also übersiedelte Verdis „Don Carlos“, nach fünf erfolgreichen Jahren bei den Sommerfestspielen zum Osterfest und wird im Mai von hier aus an die Wiener Staatsoper weitergereicht. Rationelle Auswertung einer Produktion nennt man das. Der künstlerische Erfolg und das Einspielergebnis haben Karajan allerdings rechtgegeben. War doch dieser „Don Carlos“ eine der reifsten,
Nach sechsjährigem Tauziehen und Sichzieren aller Beteiligten ist auf der Wiener Freyung immerhin das Schlimmste verhindert. Der Bankpalast Heinrich von Ferstels in der Herrengasse wird etappenweise renoviert. Gemeinsam mit dem Zinspalais Hardegg wird er vom Eigentümer, der österreichischen Realitäten AG, in ein Bürogebäude umgewandelt. Und das barocke Prachtpalais Harrach, gleich nebenan, wird vom jetzigen Eigentümer, der Gesiba, im Alleingang renoviert.Zwar wird die häßliche schwarze Fassade in der Herrengasse auch in -den nächsten Jahren so schwarz, häßlich und verschmutzt
Der Wiener Kammeroper ist ein Wurf geglückt: Die Aufführung des heroisch-komischen Dramma per mu-sica „II Re Teodoro in Venezia“, eines bisher völlig verkannten Meisterstücks des Librettisten Giambattista Casti mit der Musik Giovanni Pergole-sis, ist eine sensationelle Ausgrabung. Und die Aufführung ist obendrein von frischem Wind durchweht. Was dem Unternehmen guttut und zeigt, daß es im kleinen Haus am Fleischmarkt auch ganz anders gehtDieser „Re Teodoro“ ist, schon ein erstaunliches Stück Oper (1784 wurde sie im Burgtheater uraufgeführt): Brillante Ensembles, virtuose kleine
Das Künstlerhaus im Finanzdebakel! Beim Landesgericht Wien wurde der Ausgleich angemeldet: 2,5 Millionen Schilling sind nicht mehr zu bedecken.Aber es geht um mehr. Künstlerhaus-Präsident Mayr hat aus dem verschlafenen Verein, der international überhaupt nichts mehr zu vermelden hatte, einen Ausstellungsbetrieb von hohem Niveau gemacht. Einen Hecht im Karpfenteich des Wiener Ausstellungsbetriebs. Von der Wiener Kunstmesse bis zur Sammlung Ludwig und zum Borobodur-Tempel - beispielhafte Ausstellungen. Solche Betriebsamkeit kostet Geld. In Zukunft wird daher die Entscheidung lauten: Wird das
Die Wiener Operette tut mir allmählich leid. Überall wird an ihr gezupft und gezerrt, ein jeder zaust sie ungestraft, sie und ihre Texte. Und wenn das Ergebnis dann laut und unkultiviert, von Klamauk und billigen Gags strotzt, heißt es, die Operette ist halt so ein verblödeltes Genre. Gottlob, sie ist es nicht. Auch wenn die Wiener Volksoper mit Edwin Zbonek am Regiepult diesmal zum, ich weiß nicht wievielten Mal, erneut den Beweis antreten wollte. Franz von Suppės ,ßoccaccio” ist ein Meisterwerk und wartet weiterhin darauf, kultiviert inszeniert zu werden.An diesem „Boccaccio”
Als einen der interessantesten jungen Geiger der Welt bezeichnete Herbert von Karajan Gidon Kremer, den jüngsten von ihnen am sowjetischen Geigerhimmel. Zurecht holte man also das Wunder Kremer, das in Wien schon fast Heimatrecht genießt, naah Salzburg, zu Recht übertrug man ihm eine Aufgabe im Eröff-nungskonizert der diesjährigen Festspiele im großen Festspielhaus. Unverständlich allerdings, daß man ihn bloß den Solopart in Johann Sebastian Bachs knappem E-Dur-Konzert gab. Das soll nun nicht heißen, daß man Bachs großartiges Konzert geringschätzen dürfte. Ganz im Gegenteil. Aber
Die Pariser Oper ist in eine der ärgsten Existenzkrisen geschlittert. Bricht der Betrieb zusammen? Wird das Haus endgültig geschlossen? Das fragen sich zur Zeit die Pariser Opernfans. Der Grund für das Dekabel: Frankreichs Premier Chirac hatte dem Staatseskretär für Kultur, Gui, und damit dem aufwendig-pompös gefüllten Opernhaus Rolf Liebermanns ein Ultimatum gestellt. Entweder Rationalisierung — also strengste Sparmaßnahmen — oder Schließung des Hauses. Denn das mit mehr als 400 Millionen Schilling unterstützte Haus hatte schon wieder eine Geldspritze nötig...
Ein Olympia-Fiasko auf allen Linien? Offenbar. Denn nicht nur beim Slalom vertaten wir uns viele Chancen. Auch bei der Visitenkarte, beim Thema „Olympia und die Kultur“, wird die Blamage diesmal recht saftig ausfallen. Solang da alles noch im Planungsstadium war, gab's witzige Vorschläge, nette Blödeleien: Da wollte eine Avantgardegruppe etwa das Inntal Überzelten und eine andere einen Super-Andreas-Hofer aus der Nordwand herausmeißeln ... Aber jetzt, da's ernst wird, sprich: das Olympische Feuer schon fast vor der Tür ist, schaut Innsbrucks Kulturbilanz recht mager aus.Da werden ein
Was bis vor kurzem keiner geglaubt hätte, ist ietzt statistisch belegt: Daß viel von dem Gerumpel, das auf den Dachböden Europas verstaubt, den Wert von „Aktien“ hat. Alte Grammophone, Telephonapparate aus den Anfangstagen dieses Kommunikationsmittels, Kameras aus der Urzeit der Photographie, Uhren aller Herstellungsdaten, alte Puppen, Kinderspielzeug und alte Kartenspiele, Kriegsrelikte und Erinnerungsstücke aller Art an den Ersten und Zweiten Weltkrieg ... Das alles hat jetzt nicht nur irgendeinen Preis! Es wird sogar zu Höchstpreisen gehandelt. Und mancher, der diese Waren
Bleibt bei den Wiener Festwochen alles beim alten? Das ist die einzige Frage, die man sich nach dieser Diskussionsrunde stellt, zu der Wiens Vizebürgermeister Fröhlich-Sandner Bundes- und Privattheatergewaltige, Konzertmanager, Organisatoren, Galeriechefs und Journalisten in die „Alte Schmiede“ geladen hatte. Bleibt also doch alles, wie es war? Es scheint so. Denn trotz Krisenjubiläum, trotz Debakelrekord und einer spektakulär vorgeführten Unsicherheit des Festwochenintendanten, was Ideen, Linien, Stil und Management betrifft, bleibt er in Amt und Würden: Er denkt gar nicht daran,
Eigentlich ein etwas mühsames Unterfangen, diese Ausgrabung der „Zwei Herzen im Dreivierteltakt“: Aus einer Filmoperette gleichen Namens, die Robert Stolz 1929 in Berlin schrieb, und aus der zwei Jahre später herausgebrachten Operette „Der verlorene Walzer“ destillierten nun der junge Regisseur Robert Herzl und Volksopernsänger Kurt Huemer ein neues Libretto, unterlegten und arrangierten es mit den erfolgreichsten Robert-Stolz-Schla-gern und brachten das Stück nun zum 95. Geburtstag des Komponisten am Währinger Gürtel heraus.Dabei ist zwar keine Operette von Ewigkeitswert
Dem interessanten Südtiroler Graphiker Markus Vallazza widmet die Galerie „Contact“ in der Mahlerstraße eine sehenswerte Ausstellung, in deren Mittelpunkt die Skizzen zu seinem Zyklus „Gargantua“ (nach Rabelais) stehen. Schon einmal, mit dem Zyklus „Oswald von Wolkenstein“, hat sich Vallazza als inspirierter Illustrator ausgewiesen. Nun zeigt er Blätter, in denen er seinen barocken Zeichenstil weiterverfeinert, aber auch intensiviert hat. Allerdings geht er über die reine Literaturillustration stets weit hinaus.Seine Szenen, von theatralischer Größe, voll Pathos, aber auch
„Ein voller Erfolg“ zieht Österreichs Kommissär für die Biennale von Säo Paolo, Peter Baum, Bilanz der österreichischen Beteiligung: „Mit Jürgen Messensee, Hermann Painitz, Erwin Reiter, deren Werke wir auf einem 750 Quadratmeter großen Areal zeigten, standen wir im Mittelpunkt des Interesses. Es wurden etliche Arbeiten, vor allem von Reiter, verkauft; Publikum und Sammler reagierten sehr positiv; Painitz wurde sogar eingeladen, für eine Sonderausstellung im Museum Moderner Kunst in Säo Paolo ein großes Projekt zu entwickeln.“Ein bemerkenswertes Ergebnis also. Um so mehr,
Professor Otto Mauer, einer der eigenwilligsten Wiener Theologen, Österreichs prominentester Galeriechef „nächst Sankt Stephan“ und einer der profiliertesten Kunsttheoretiker, ist 67jährig in einer Wiener Klinik an einem Lungeninfarkt gestorben. Mit Karl Strobl hat er auch die bedeutende Zeitschrift „Wort und Wahrheit“ gegründet, deren geistige Leitlinien er gerade in den letzten Jahren als Chefredakteur bestimmte.
Einen großen Bogen darüber, was Plastik heute alles sein kann, bieten zwei Wiener Ausstellungen: die eine, Franz X. Ölzanl gewidmet (Photo Bissuti: oben), zeigt in der Pressehausgalerie eine Antithese zum Klassizismus der Wotruba-Schule, eine Rückkehr zu weich fließenden plastischen Formen, zu modellierenden Gestaltungsformen, die beinahe an die Kunst der großen Stukkateure erinnert. Ölzant, ein Geheimtip in der österreichischen Gegenwartskunst, soll demnächst von zwei großen deutschen Galerien unter Vertrag genommen werden. — In der Grünen Galerie im Stadtpark sind erstmals die
„Ich habe mich nie integrieren können“, schreibt selbstgefällig Peter Turrini (Jahrgang 1944) im Programmvorwort anläßlich der Uraufführung seiner Monsterrevue „Zero Zėro“ im Theater an der Wien. Dies scheint überhaupt der tiefere (und möglicherweise einzige) Grund dafür, daß er die alten gesellschaftlichen Hierarchien durch eine Änderung der sprachlichen Hierarchien aufhefoem möchte. Jedenfalls haben die Wiener Festwochen nach dem Erfolg seiner „Rozznjogd“ im Volkstheater das ‘ Avantgarde-„Kunststück mit Musik“ bei ihm als Auftragsarbeit für die Eröffnung des
Weit war der Weg für Wlodzi- mierz Kotonski von der Folklorekomposition „Tatragebirge” zu seinen elektronischen und Schlag- werkexperipienten. Aber das Ungewöhnliche hat ihn immer gereizt: also komponierte er Stücke für 16 Becken und Streicher, eine Musique concrete, die aus einem einzigen Beckenschlag entwickelt wird, Geräuschstudien, sein „Multiplay” (für Stockholm), in dem er sich erstmals mit „Instrumentaltheater, musikalischen Aktionen, einem Theater aus Klängen” beschäftigt: „Eine theatralische Burleske” nennt er das Stüde, in dem vor allem Improvisation zu Ehren
Es ist ein verspäteter Beitrag zu Beethovens 200. Geburtstag, den das Museum des 20. Jahrhunderts aus Aachen übernahm: eine Entrümpelungsaktion, mit der der Mythos vom Titanen auf die despektierlichste, witzigste und auf eine doch nicht lustige Art unterminiert wird. Vor allem den honorigen Beethoven- Verehrern, den kulturbewußten Konsumenten, die sich längst kaum noch Gedanken über Beethoven machen, tritt man da kräftig auf die Zehen.
Das Mittelalter, weit entfernt von dem, was man in der Renaissance als „finstere?” Mittelalter in schwarzer Farbe zeichnete und was das 19. Jahrhundert romantisiert hat, war die Zeit vor dem Ausbruch aus der bäuerlich-feudalen Kultur: Als solche analysiert Jacques Le Goff die Kultur dieser Epoche in der Reihe „Knaurs Große Kulturgeschichte”, in der nun bereits der fünfte Band vorliegt.
Viel zu selten erinnert man sidi des tschechischen Großmeisters Leos Janäcek (1854 bis 1928). Seine Missa Glagolskaja und die Sinfonietta wurden nach mehrjähriger Pause vom ORF-Symphonieorchester und vom Singverein unter Milan Horvat im Musi/crerein aufgeführt. „Nadi außen Donner und Blitz, drohendes und mitreißendes Temperament — als Schutzwehr ringsum ein unendlich feinkonstruiertes, ja überempfindliches Inneres", charakterisierte Max Brod Janėčeks Individualität: Diese Spannungen und Janäceks Ziel, Folklore mit den Errungenschaften der Moderne von 1925 zu verbinden, haben Ihn
Knapp an einem Skandal vorbei ging die Uraufführung von Sylvano Bussottis Ballett „Raramente" (nach seinem „Bara"-Requiem) bei der szenischen Urauffühnmg im Teatro Communale in Florenz: Kommunistische Studentengruppen versuchten, sich mit Pfiffen, Zwischenrufen, Gelächter an Bussotti zu rächen, der lange Zeit von Subventionsgebern und Gesellschaft verwöhntes Liėbkind war. Zum Erstaunen aller aber waren diesmal nicht wie sonst, in Venedig etwa, Bussottis Fans angereist, um ihren Meister zu feiern. Daß dieser Abend dennoch ein festliches Ereignis wurde, war dem prominenten Choreographen Maestro Aurel von Milloss zu danken, der als eine seiner vorerst letzten Arbeiten in Florenz vor seiner Übersiedlung an die Wiener Oper „Raramente" und Strawinskys „Petcuschka" gestaltete und einstudierte.
Heinrich von Ferstels historisch-romantisches Meisterwerk, der Österreichisch-Ungarische Bankpalast, den die Eigentümerin, die österreichische Realitäten AG, ursprünglich abreißen lassen wollte, wird nun in letzter Minute doch gerettet. Ja, man versucht sogar, daraus ein kommerziell ertragreiches Unternehmen zu machen, das aus eigenem lebensfähig ist. „Selbst für den Fall, daß eine wirtschaftliche Lösung für Ferstels Gebäude nicht zu Anden wäre, ließe ich es nicht abreißen. Ich würde es lieber verschenken“, kommentierte etwa CA-Generaldirektor Dr. T r e i c h 1, ein Urenkel des berühmten Architekten. Und erste Erfolge zeichnen sich nun auch schon ab: Das Team mit den Architekten Professor Lippert und Professor Jaksch und dem Expräsidenten des Bundesdenkmalamtes, Doktor F r o d 1, wurde von der österreichischen Realitäten AG beauftragt, „Revitalisierungsvorschläge“ auszuarbeiten.
Mit dem Erzählen will der junge, in Wien lebende Autor Michael Scharang (Jahrgang 1941) Schluß machen, um in seinem zweiten Buch mit Erzählungen zu beginnen. Mit Erzählungen worüber? Etwa darüber, daß ein Verantwortlicher einen Unverantwortlichen entläßt, oder: Wenn der Intellektuelle zwischen den Klassen steht, über den Besitzstand eines Null- bis Siebenjährigen. Wie man mit dem Dienstherrn verfahren möchte...Vermutet man anfangs eine ironische Verdrehung von Sachverhalten, das heißt, Erzählungen über das Erzählen, so sieht man sich bald geprellt.Erstens: Wer erzählt hier? Es
84 ÖSTERREICHISCHE ERZÄHLER. Herausgegeben von Dominik Staig er. März-Verlag, Frankfurt am Main, 103 Seiten.Mini-Prosa, mit trivialstem Sprachmaterial und nach schlichtesten Erzählmustern dargestellt, hat Dominik Steiger bei ein paar bekannten und vielen unbekannten österreichischen Autoren zusammengesucht und für den initiativen März-Verlag zu einer Analogie zusammengestellt. Resultat: ein in sich sehr geschlossener, aber auch recht seltsamer Band, in dem die Autorennamen häufig untereinander austauschbar wären, weil sich geradezu eine Stüiinie, immer wieder die gleichen
Das Prager Streichquartett spielte im Mozart-Saal die Wiener Erstaufführung von Jindfich Felds 4. Quartett aus dem Jahre 1965: ein knapp formuliertes, ökonomisch gearbeitetes Stück, in dem Zwölftontechnik und verschiedene andere serielle Organisationsmöglichkeiten unaufdringlich, in freier Handhabung verwendet werden. Die lockeren, farblich überaus reizvollen Sätze — zwei sind über eine Achse gespiegelt — atmen viel persönliche Atmosphäre. Immer wieder bilden sich Kantilenenfragmente, aparte melodische Floskel, die aus dem subtilen Geflimmer herauswachsen, || dem Stück
Warum der Concentus Musicus für sein sechstes Konzert im Händel-Zyklus im Mozart-Saal just den Organisten Horst Gehann aus Bukarest engagierte, ist ein Rätsel. Zumal der Künstler weder stilistisch noch technisch den Ansprüchen des A-Dur-Orgetfconzerts (op. 7/2) gerecht wurde. In rhythmischer Hinsicht wies seine Wiedergabe störende Ungenauigkeiten auf und die Phra-sierung wirkte überhaupt unregelmäßig. Im übrigen: ein etwas langweiliger Abend, an dem breit, nicht sehr elegant oder gar inspiriert musiziert wurde. Lediglich die d-Moll-Triosonate (Nr. 2) überzeugte. Die Concerti grossi
Mitten in den Arbeiten zu seinem achtzehn Gemälde umfassenden Zyklus des „Blauen Pferdes“ hat sich Maitre Leherb für ein paar Tage in Wien eingestellt, um seinen „Ritter der Zeitzerstörung“ und ein paar elegante Blätter seiner Gattin Lotte Profohs in der Galerie 10 zu präsentieren: Nun, der längst zum „prestige de France“ avancierte Künstler ist über Wien, obwohl er die Stadt liebt, hier „emotioneil verankert“ ist, ein wenig verstimmt. „Zu einer größeren Ausstellung hätte es doch wenigstens redchen können“, meint er, nachdem er, selbst Ehrenmitglied der
Im Mozartsaal des Konzerthauses spielte das Philharmonische Oktett Berlin.Ein kurzes Konzert, ein schönes Konzert —, und ein interessantes dazu. Vier zeitgenössische Werke, von denen zwei speziell für dieses seit 30 Jahren bestehende Ensemble geschrieben wurden, standen auf dem Programm. Das Oktett von Boris Blacher, 1956 komponiert, bezeugt den Meister durchsichtiger, linearer Schreibweise, der jederlei Füllsel und Ornament zu meiden weiß. Wenn ein so geistvoller Künstler lyrisch wird, so entsteht etwas besonders Feines und Apartes, eben ein kleines Meisterwerk.Victor Bruns, 1904 toi
Die österreichische Gesellschaft für Musik, unter ihrem Leiter üDr. Harald Goertz, hat sich in den vergangenen Monaten erneut für intensive Kontakte zwischen Komponisten, Musiktheoretikern, Interpreten und Publikum wie für die Neue Musik eingesetzt: Prominenz wie Krzysztof Penderecki (über sein Schaffen), Konrad Boehmer, Wolf-Eberhard von Lewinski, Publikumsliebling Marcel Prawy (mit seinen Einführungsabenden zu Premieren der Volksoper), Mariangela Dona (über neue italienische Musik), Rudolf Kelterborn sprachen über Probleme des Kompönierens, über musikalischen Geschmack, 'Fragen
Zum zweitenmal in dieser Saison leitete George Szell ein Konzert der Wiener Philharmoniker: diesmal Bruckners „Achte” (c-Moll), deren Wiedergabe er mit Elastizität, Spannkraft und optimaler Klangschönheit ausstattete. Nirgends störte da falsches, auftrumpfendes Pathos, barocke Theatralik, Forciertes. Klare Linienführungen, perfektes Ebenmaß der Formen und Proportionen bestachen. In Agogik und Dynamik feilte Szell jede Einzelheit aus, fügte Teil um Teil zu einem organischen Ganzen von höchster Präzision zusammen. Steigerungen wurden logisch entwickelt, mit harten Konturen band er
Er ist heute gewissermaßen der Doyen der internationalen Kunsthändler und -Sammler, Eigentümer einer der renommiertesten Galerien, der „Leiris” in der Pariser Rue de Monceau 47. Am 25. Juni wird er vierundachtzig. Ein amüsanter Herr, sehr lebhaft, einer, der mit scharfem Blick seine Umwelt prüft. In der Halle des Hotel „Sacher” gibt er für die „Furche” vor der Eröffnung der Picasso-Ausstellung rasch ein Interview.Wie ist Monsieur Kahnweiler Kunsthändler geworden? „Ich stamme aus einer Bankiersfamilie, wurde an die Pariser und Londoner Börse geschickt, um das Bankfach von