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Wer berühmt ist und wer es bleiben möchte, twittert. Ansichten eines wahrhaft demokratischen Mediums.

Barack Obama tut es. Demi Moore tut es ebenso wie Paulo Coelho und Jamie Oliver: Twittern gehört bei Prominenten jeglicher Provenienz zum guten Ton. Nach wie vor boomt der Online-Dienst „Twitter“, der – in leicht verdaulichen 140-Zeichen-Häppchen („Tweets“) entsprechend der Länge einer SMS – all jenen die heißesten Neuigkeiten direkt auf den Bildschirm oder aufs Handy schickt, die die Tweets des jeweiligen Senders abonniert haben.

Ins Licht seriöser Medien rückte Twitter, als letzten Sommer das Regime im Iran während der Grünen Revolution die Arbeit ausländischer und unabhängiger Journalisten massiv behinderte. Die Internet-Plattformen Facebook, Youtube und Twitter wurden in dieser Situation zu den wichtigsten Kommunikationsinstrumenten mit der Außenwelt – ein eindrucksvoller Nebeneffekt, aber eben nur ein Nebeneffekt des Web 2.0. In den meisten Fällen nämlich treibt die weltweite Demokratisierung des Zugangs zu Produktion und Publikation von Inhalten viel banalere Blüten.

Tägliche Cocktailparty

„Twitter ist, als würde man jeden Tag auf eine gigantische Cocktailparty gehen“ sagt Sarah Evans, die sich selbst als „Twitterholic“ beschreibt. „Das Gute ist: Man muss sich nicht extra schön anziehen!“ Evans ist eine von sechs jungen Frauen, die das amerikanische Gesellschaftsmagazin Vanity Fair in seiner aktuellen Ausgabe zu „America’s Tweethearts“, den beliebtesten Twitter-Verfasserinnen des Internets, gekürt hat. Ihre Tweets verfolgen Zigtausende Menschen, die zum Großteil nicht einmal entfernt mit ihnen bekannt sind. „Twilebrities“ (Kunstwort aus Twitter und Celebrity, engl. Berühmtheit) wie Sarah haben den umgekehrten Weg geschafft – aus der Normalo-Existenz zu Online-Ruhm, auch wenn der nichts bringt außer der ständigen Bestätigung, am Leben zu sein: Ich twittere, also bin ich!

Doch während sich Tausende über ihre Laptops und Iphones beugen, um ihre treuen Leser über das Mittagessens oder den Friseurbesuchs zu informieren, macht sich mittlerweile sogar der Anbieter Gedanken über die Twitter-Stars: Obwohl das Service immer noch gratis ist, wird, wer mehr als 1000 Tweets am Tag verfasst, gesperrt.

Twittern für Haiti

Es ist aber nicht die weltweite Nabelschau junger Amerikanerinnen, mit der Twitter dieser Tage wieder in die Schlagzeilen gekommen ist. Viele Tweeple, wie sich die Twitter-Community-Mitglieder nennen (Twitter + people), sind fasziniert von Twitter als Instrument, um weltgeschichtliche Ereignisse zu kommentieren und voranzutreiben. Der Dienst ist derzeit voll mit Unterstützungserklärungen und Spendeninfos für die Erdbebenopfer von Haiti.

Demi Moore, Jessica Alba, Christina Applegate und viele andere Prominente senden Gebete, Infos und News zur Situation im Katastrophengebiet. Der wohl nüchternste Tweet zum Thema stammt von Twitter-Mitbegründer Evan Williams: „Ich frage mich, wieviel Prozent der Leute, die übers Spenden schreiben, tatsächlich für Haiti gespendet haben. Das soll kein Zynismus sein, nur Neugierde.“

So spannend die 140-Zeichen-Nachrichten auch sein mögen – fürs wirkliche Leben braucht es ein ganz anderes Format.

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