Ich war Kriegsgefangener der Amerikaner, Weihnachten 1945 war nahe, und die Amerikaner durften unseren Gruß erwidern.Unser Lagerkommandant Oberleutnant Howard E. Woodward übernahm es persönlich, das Weihnachtsfest im Lager zu gestalten. Alle halfen mit. Zuerst schickte er die Arbeitsmannschaffen zur Reinigung des Lagers, er wollte eine gute Hausfrau sein, sagte er.Die mitgefangenen Litauer, deren Band sonst im Offiziersklub spielte, übten die Weihnachtslieder unserer und ihrer Heimat ein. Sie haben ihre Heimat nie wiedergesehen. Als sie zum Zweck einer Probe den längst verlassenen
Der einstige Unterrichtsminister schweigt heute. Nur einmal ergriff er vor kurzem im ,.Volksblatt" das Wort und war mit einem Abdruck auch in der FURCHE einverstanden.
„Als Stalin am 15. Oktober 1941 aus Tokio vom Japan-Korrespondenten der „Frankfurter Zeitung“, seinem „Kundschafter“, Dr. Richard Sorge, erfuhr, daß die japanische Regierurig nicht daran denke,,gegen die Sowjetunion in den Krieg einzutreten, war das die; einzige gute Nachricht, die ihn in diesen Tagen erreichte.“ (Wolfgang Paul, Erfrorener Sieg, Esslingen 1975, S 233.—) „Jemand machte uns sehr wichtige Angaben über die Absichten der Hitlerregierung, wir hatten jedoch Zweifel... Möglicherweise meinte er (nämlich Stalin) Richard Sorge, von dem ich nach dem Krieg erfuhr.“ (Georgi K. Schukow, Marschall der Sowjetunion, in „Erinnerungen und Gedanken“, Stuttgart, 1969, S. 226.—.)
Charakteristisch für das vorliegende Ergebnis einer Umfrage zu obigem Thema, für die Person des Herausgebers und die Tendenz des ganzen Unternemens ist wohl der Beitrag eines altkatholischen Priesters. Zumal dieser auch den Beruf eines Psychotherapeuten ausübt. Er schreibt unter dem Titel „Einheit der Christen mit dem Papst“, viel alarmierender als die wegen und gegen das Papsttum geführten Polemiken sei der rapide Schwund innerkirchlicher Autori t ä t. Es wirke auf einen nichtrömischen Priester schmerzlich befremdend, wie zynisch man gerade in Kreisen der für die Kirche engagierten römisch-katholischen Christen über die Meinung des Papstes urteile und zur Tagesordnung übergehe.
Zum österreichischen Nationalfeiertag 1975 ließ sich die im österreichischen Jugendrat für Entwicklungshilfe konzentrierte Jugend des Landes eine feine Idee einfallen, die sie mit einer Plakatwerbung illustrierte. Während sich gleichzeitig die österreichische Nationalwirtschaft, die sich in ihrer schwersten Krise seit 1945 befindet, mit der Einladung: „Kauft österreichische Qualität!“ für den erhöhten Absatz heimischer Produkte und damit für die Erhaltung der zum Teil gefährdeten Vollbeschäftigung sowie für die Mithilfe aller beim Wirtschaftsaufschwung des Landes einsetzte, lenkte der Jugendrat die Aufmerksamkeit auf Probleme der Dritten Welt ab. Auf Problemein antikolonia-listischer, antiimperialistischer und antikapitalistischer, jedenfalls in sozialistischer Sicht. Wie dies dem vorwiegend links orientierten Jugendverband zukommt.
In der Politik wie im Krieg gilt ein unumstößlicher Grund- j satz der Taktik: Demnach verdankt ein Sieger seinen Erfolg oft , weniger seiner eigenen Kampfstärke und Überlegenheit, als viel- 1 mehr jenen Vorteilen, die ihm die Ängstlichkeit und die Unge- i schicklichkeit seines Gegners in die Hände spielen. Gewiß, die ' SPÖ hat für die Entscheidung vom 5. Oktober 1975 eine erhebli- 1 che Kampfstärke, an manchen Punkten auch eine Überlegenheit : ins Treffen führen können. Daß sie auch diesmal als die stärkste Partei aus dem Wahlkampf hervorging, das ist bei weitem nicht ein Ertrag ihrer derzeitigen inneren Verfassung, ihrer Kampfkraft sowie der Verkörperung all dessen in der Person Bruno Kreiskys. Offen gesagt: die SPÖ siegt an vielen Kampfabschnitten deswegen, weil unter ihren Gegnern vielfach Angst vor einem Sieg bestand. Ich meine die reale Angst vor den Gefahren, die vom Revanchismus einer eventuell geschlagenen SPÖ drohen könnten. Solche Ängst bestand bei Großindustriellen ebenso wie bei kleinen Geschäftleuten. Die ÖVP wagte nicht, diese Angst vor und während des Wahlkampfes zu artikulieren, und sie, wofür genug Gründe bestanden, zu zerstreuen.
Niemand in Österreich hat bis unlängst den Ort Ecöne bei Ridder im schweizerischen Rhönetal gekannt. Jedenfalls zählte und zählt der Ort nicht zu jenen plötzlich ungemein attraktiv gewordenen Fremdenverkehrsorten in den Bergen, die als Konglomerat aus klotzigen Hochhäusern plötzlich hochschießen. Ecöne ist seit fast siebenhundert Jahren Besitz der Augustiner Chorherren vom Großen Sankt Bernhard. Bis 1954 hatten die Chorherren dort ein Priesterseminar. In dieses zog anfangs der siebziger Jahre die „Priesterbruderschaft St. Pius X.“ ein. Das geschah auf Anraten des damaligen
Der Wiener liebt seine Stadt und hat all' Ursach' sie zu lieben. Er bezieht diese unbedingte Anhänglichkeit aber nur in den seltensten Fällen aus der Kenntnis der Geschichte Wiens. Das Wienerlied, beginnnend mit dem lieben Augustin, der als Betrunkener in die Pestgrube fiel, die Klassik des Wienerliedes aus der Zeit der Kaiserstadt des 19. Jahrhunderts, der Singsang von der nach 1918 sterbenden Märchenstadt und alle seither stattgefundenen Renaissancen des immer wieder totgesagten und fröhlich wiedererstandenen Wienerliedes, lassen den Wiener nicht vergessen, was es mit der Stadt auf sich
Bis dato haben vier Generationen Studenten des deutschen Sprachraums sie gekannt, meistens benutzt und manche bis zum Tod treulich bewahrt: Die zum Schutz gegen Bierlachen auf Kneip- und Commerstafeln mit „Biernägeln“ beschlagene Lahrerbibel. Seit der Erstausgabe des Allgemeinen Deutschen Commersbuches im Jahre 1858 sind bis heute 158 Ausgaben, etwa die Hälfte davon vor 1914, erschienen. Der nunmehrige Reprint wird vom Wilhelm Heyne-Verlag als „ein Stück deutscher Geschichte“ vorgestellt. Und diese Wertung trifft wohl in vieler Hinsicht zu.
Seit in Deutschland neuerdings an Häusern, in denen Marx einmal wohnte, Gedenktafeln angebracht werden, deren Inschrift Marx als den „größten Sohn des deutschen Volkes“ bezeichnet; seit die linke Linke bei der Erfassung der Person und des Werkes Marxens jede kritisch-nüchterne Einschätzung bewußt außer acht läßt, ohne dabei auf Widerspruch zu stoßen; kurz, seit auch im Westen die Lesebuchgeschichten vom jungen Marx und jene vom Größten Deutschen haufenweise unter die Massen gebracht werden, fürchtet man in Kreisen mehr einsichtsvoller Linksintellektueller, es könnte des Guten doch bereits zu viel getan worden sein.
Theodor Herzl hat 1896 den Antisemitismus seiner Zeit als eine der Folgen der Judenemanzipation hingestellt. Der im Mittelalter eingetretene Verlust der Assimilierbarkeit hätte eine Überproduktion an mittlerer Intelligenz gezeitigt, für die es keinen Abfluß nach unten und keinen Aufstieg nach oben gegeben habe. Und so seien die Juden nach un-tenhin zu Umstürzlern proletarisiert worden, bildeten sie die „Unteroffiziere“ aller revolutionären Parteien, wüchse nach Oben hin die furchtbare Geldmacht der Juden. (Der Judenstaat, Wien 1896, S. 25.) Sieht man davon ab, daß Juden nicht bloß
Generationen von Intellektuellen haben in der Schule von ihren Lehrern deren liberalistisch-idealisie-rende, neuerdings deren sozialistische oder marxistisch-leninistische Version einer Geschichte der Französischen Revolution von 1789 eingepaukt bekommen. So unterschiedlich diese diversen „Interpretationen“ sind, so einmütig ist deren Urteil über jene beiden Personen, die zuletzt Im Ancien regime an oberster Stelle eine „üble Sache“ verkörperten und deren Tötung Symbol des Triumphes des revolutionären Prinzips ist: König Ludwig XVI. und dessen Frau Marie-Antoinette.Von. diesem
Das Folgende ist eine vor sieben Jahren geschriebene, jetzt auf den neuesten Stand gebrachte Rezension des amerikanischen Romans „The Triumph“. (Von John Kenneth Gailbraith, deutsch bei Droemer-Knaur, München.) Die 1969 erschienene ..deutsche Ubersetzung fand damals hierzulande wenig Aufmerksamkeit. Noch lebte man in der Ära Klaus/Withalm, die Freie Welt und ihre Wirtschaftswunder schienen heil zu sein und Ausdrücke wie Vietnamisieren oder Portugalisieren konnte sich nicht einmal der verschrobenste Zukunftsforscher ausdenken.
Revolutionen brechen nicht in der Masse des Volkes aus. Sie werden, unter erheblichem Aufwand gemacht. Meistens von Ausbrechern amtierender Eliten, die sich zu neuen, selbstausgewählten Eliten zusammenschließen : Adelige und Geistliche, Intellektuelle und Offiziere. Die Ultima ratio der Revolution ist immer die Waffe.Nie hätten in Paris die Ideen der Revolution von 1789 gesiegt, hätten sich nicht in der Spätkrise des Königtums, 1792, die regulären Linienregimenter mit den revolutionären „Garden“ solidarisiert. Keine noch so gekonnt ausgeführte Tendenzmalerei Eugene Delacroix' kann
Man könnte glauben, es gebe doch genug Publikationen über Sarajevo 1914, über die Hintergründe und Folgen der Ermordung des österreichischen Thronfolgers. Man kennt den Streit und die Polemiken der Politiker und Fachwissenschaftler über ungelöste und unlösbare Probleme des Falles. Und: Wo findet man im geschichtslosen Denken in unserer Zweiten Republik einen Grund dafür, die Mordspur von 1914 noch einmal aufzunehmen, um Tatbestände und Verschulden der Täter sowie ihrer Hintermänner besser als bisher herauszustellen?1971 schrieb der Linzer Ordinarius für Neuere und Zeitgeschichte,
Vor mir liegt ein Deutschland unter einem Wust von Büchern, die 1974 in der BRD herauskamen. In Western Germany, wie auf Industrieprodukten steht. Die Manuskripte haben Menschen mit deutscher Muttersprache geschrieben. Unter den hier besprochenen sind einige mit relevanten Aussagen über den Status praesens von Deutschland; denn ansonsten hätten Verleger diese Bücher nicht auf den Markt gebracht. In diesem Wust habe ich ein Bild Deutschlands gesucht. Ich meine, es, müßte sich doch in dem Printed-Material etwas von den Gestalten und Gestaltungen finden, die das heutige „Unbekarintsein
„Zweifellos entscheidet der Zeitgeist mit darüber, wo das Gleichgewicht zwischen den Interessen der Allgemeinheit an der Verwirklichung des Strafanspruchs gegen den Schuldigen und den Abstrichen liegt, Sie sie (d. h. die Allgemeinheit) sich bei der Verfolgung des Unrechts gefallen lassen muß.” ‘■
Am 17. Juli 1962 veröffentlichte der damalige Professor für Pädagogik an der Universität Innsbruck, Wolfgang Brezinka, einen aufsehenerregenden Artikel gegen die noch in parlamentarischer Behandlung befindlichen österreichischen Schulgesetze 1962. Er meinte, man sei daran, unter dem Vorwand der „Demokratisierung” die Schulverwaltung in einem Ausmaß zu politisieren, wie es nur in „totalitär regierten Staaten” üblich ist. In „westlichen Ländern” dürfte das keine Partei versuchen, ohne ihr Ansehen einzubüßen. Die seither schon legendär gewordene „Koalition” war in den
„Die Freimaurerei (ist) eine ethisch-philosophische Gesellschaft. An sich befaßt sie sich überhaupt nicht mit Politik … Soweit sich aus den Grundgesetzen staatspolitische Ableitungen ergeben, anerkennt die Freimaurerei selbstverständlich den Primat des-Rechts vor der Gewalt und steht infolgedessen vielfach weltanschaulich den Ideen des Liberalismus nahe.“ Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Internationales Freimaurer-Lexikon, Rejorint 1973, Wien- München, Spalte 1222.
„Christ sein“ ist der Titel des neuesten Buches, das Hans Küng geschrieben hat. Der Autor ist Schweizer nach Herkunft und gewissen Anschauungen, katholischer Priester und Professor an der theologischen Fakultät in Tübingen. All das kommt seinen viel gelesenen und umstrittenen Büchern zugute. Wäre nämlich Küng. nicht Vertreter einer quasirevolutionären Theologie, die seiner Herkunft aus dem Land Calvins und Zwingli einige Ehre macht; wäre er nicht nach wie vor katholischer Geistlicher; und wäre er nicht Doktor und Professor der Heiligen Theologie, dann würden die von ihm
Friedrich Heer, dessen umfangreiches Werk „Der Glaube des Adolf Hitler“ wohl eine der schwersten Denunziationen ist, die in jüngster Zeit ein Österreicher gegen sein Land erhoben hat, verfaßte das Vorwort, die Einstimmung für das vorliegende Werk des Amerikaners William J. Johnston. Und diese Einstimmung gelang bestens. Johnston fährt im Text fort, wo Heer aufgehört hat.Damit Mr. Johnston zu der von ihm gewünschten Ansicht vom Kultur* und Geistesleben in Österreich zwischen 1848 und 1918 gelangen konnte, mußte er erst das wegsprengen, was man heute die frühere „angeblich heile
Wir leben in einer Zeit, in der sich viele Menschen die Scherereien mit der Leich’ ersparen und Reformer damit beginnen, gewerbsmäßig die Asche aus den Krematorien über Wiesen, am besten gleich ins Meer zu schütten. Da ist es zu danken, däß es ein früherer hoher Beamter übernahm, die Gräber berühmter Deutscher, Österreicher und Schweizer noch einmal in Evidenz zu nehmen, ehe die Zivilisation der Bulldozerära über solche Monumente einer, wie man vielfach sagt, überholten Sentimentalität hinweggeht. Der Österreicher liest dieses Buch vor allem deswegen mit Aufmerksamkeit, weil
„II n’y a pas d’ennemi ä gauche — links gibt es keinen Feind.” (Politische Grundregel des westlichen Liberalismus in Europa.)Mag sein, daß die zitierte Grundregel honetten Bürgern, also den simplen Mitläufern des Liberalismus, nicht paßt und sie ein wenig erschreckt. Aber letzten Endes sind sich doch zu allen Zeiten alle Sekten des Liberalismus darüber einig gewesen, daß ihr Erbfeind eben nicht links steht, sondern rechts. Hat nicht erst unlängst die Entspannungspolitik, die liberale Staatsmänner des Westens mit kommunistischen Kollegen betrieben haben, zu der Einsicht
„Heinrich IV. soll bei seinem Einzug in Paris (1594), auf seine Religionswechsel (1572 und 1593) anspielend, höchst unvorsichtig gesagt haben »Paris — oder, nach anderen: Die Krone — ist eine Messe wert«. Das ist unrichtig. Vielmehr hat der (spätere) Herzog von Sully, den Heinrich IV. fragte, warum er nicht auch zur Messe gehe wie der König, erwidert: »Sire, Sire, la couronne vaut bien une messe.«“(„Treppenwitz der Weltgeschichte” — Geschichtliche Irrtümer, Entstellungen und Erfindungen. Siebente Auflage, Berlin 1908, Seite 360.)Die Pointe dieses Treppenwitzes ist, daß
Als eine unmittelbare Fortsetzung der 1970, im Todesjahr Heinrich Brünings, erschienen Memoiren des gewesenen Reichskanzlers stellt jetzt der Verlag die Briefe und Gespräche des Menschen im Exil der Jahre 1934 bis 1945 vor. Aber das Buch ist xin Sprache und Inhalt wohl mehr. Nämlich das beste, was Brüning uns schriftlich hinterlassen hat Eine Erinnerung an ein Deutschland, das es nicht mehr gibt und ein Auftrag, dieses nie zu vergessen.Der Aufstieg, zu dem sich Brüning in der 1974 von der dva herausgebrachten Stellungnahme zur 1945 eingetretenen Katastrophe Europas emporschwingt,
„In den ganzen Jahren seines damaligen Bestandes (vor 1938) hat damals das Bundesheer nur ein einziges Mal geschossen: auf Wohnungen und Schulen österreichischer Arbeiter.“ (Österreichs auflagengrößte Tageszeitung im Jahre 1974 zur Aufklärung der heutigen Jugend über die Bürgerkriegsereignisse 1934.)„Für uns sind diese Ereignisse ohne Interesse.“ (Angehörige einer Wiener CV'-Verbindung im Jahre 1974.)
Eine zweite amerikanische Revolution will die politische Linke in den USA machen. Sie soll die erste, 1775 gegen die Krone Englands begonnene, bei weitem übertreffen und zum totalen Umsturz der Gesellschaft führen. Mag man darüber streiten, ob es dieser Zweiten amerikanischen Revolution bedarf, um im Fortschritt der Zeit bestehen zu können; oder wie groß deren Gefahren sind. Tatsache ist, daß unlängst eine ungeheure Explosion die USA erschüttert und gezeigt hat, wieviel politischer Zündstoff da und dort angehäuft ist. Das News Management hat für diesen Explosionsvorgang die
„Die sowjetische Militärstrategie läßt sich von der fortschrittlichen, konsequent und bis ins , letzte wissenschaftlichen Theorie des Marxismus-Leninismus und von der Philosophie des dialektischen und historischen Materialismus leiten, der die Möglichkeit bietet, die objektiven Gesetze, die für den Sieg im modernen Krieg maßgebend sind, zu erkennen und richtig anzuwenden.“W. D. Sakolowski, Militärstrategie, Köln 1965, Seite 95.Mit lautem Beifall hat das libera-listische und sozialistische News-Management der freien Welt des Westens den Militärputsch in Portugal begrüßt und den
Theodor Herzl, 1896: „Man gebe uns die Souveränität eines für unsere gerechten Volksbedürf-nisse genügenden Stücks der Erdoberfläche, alles andere werden wir selbst besorgen.“Saida Landmann, 1972: „Für ein Volk, das zur Ruhe kommen soll, ist das Land Israel auch heute noch, genau so wie vor Jahrtausenden, denkbar ungeeignet.“Am 3. Juli 1904 beging der gewesene Feuilletonist der „Neuen Freien Presse“, der Bühnenautor und Journalist Dr. Theodor Herzl in Edlach, Niederösterreich, Selbstmord. Acht Jahre waren damals erst vergangen, seit Herzl mit seiner 86 Seiten umfassenden
Bedenkt man die Idolatrie, die derzeit in intellektuellen Kreisen Deutschlands und Österreichs mit diversen Bildnissen Marxens betrieben wird, dann ist die vorliegende Marxbiographie David McLellans geradezu eine Sensation. McLellan betont zwar von vornherein, er stünde dem Phänomen Marx sympathisierend gegenüber, indessen wagt er sich an Retuschen auf gängigen Marx-Bildern heran, die hierzulande für renommierte Sachbuchautoren tabu sind. Damit die Ubersetzung eines solchen Werkes einem deutschsprechenden Publikum zugänglich gemacht werden konnte, bedurfte es außerdem noch eines
Norbert Leser, Ordinarius für Politikwissenschaft in Salzburg, ließ mit seiner Rede auf dem letzten Parteitag der SPÖ nicht nur die Delegierten im Saale aufhorchen. Leser, loyal seiner politischen Gesinnung und loyal seinem Lehrauftrag, stellte nämlich die große Malaise des derzeitigen Parteienwesens in Österreich bloß: Den Relativismus der sogenannten Erfolgsgeneration der sechziger Jahre, für die in der Politik nichts erfolgreicher ist als der Erfolg hic et nunc. Und die Versuche jener Integralisten in der Politik, die die traditionelle Gesinnungsgemeinschaft einer Partei in einem
„Man macht keine Revolution mit Schonung, sondern mit wilder,unbeugsamer Härte.“ Louis Antolne de Saint-Just, Konventskommissar während der Französischen Revolution und Anwalt der Grande Terreur 1794 „Die Revolution ist kein Bildermalen oder Deckensticken.“ Chinesische Kulturrevolutionäre 1971
• „Alle wichtigen neuen Erkenntnisse der Wissenschaft mußten der Kirche abgetrotzt werden.“ Franz Padinger: „Zum Verständnis des Konflikts zwischen Glaube und Wissenschaft im Modernistenstreit“ in „Der Modernismus“, Graz 1974, Seite 45.• „Heute lebt Integralismus ... allenfalls noch als Tendenz..., die Mittlerfunktion der Kirche zu überschätzen und als Folge davon, sich einzuigein, sich abzukapseln, in Resignation zu verfallen.“ Otto B. Roegele: „Integralismus“, Beitrag zum Staatslexikon, Freiburg 1959, Band 4, Spalte 340.• „Das eigentlich einzige und tiefste Thema der Welt- und Menschheitsgeschichte ... bleibt der Konflikt des Unglaubens mit dem Glauben.“ J. W. von Goethe: „Noten zum Westöstlichen Diwan, Israel in der Wüste.“
Solschenizyn darf es im Jahr 1974 der sogenannten freien Welt des Westens sagen.Was während der Goldenen zwanziger Jahre in Berlin und Wien die Linksinteilektuellen mit dem Ordnungsruf: Hände weg von Sowjetrußland, unterdrückten, er darf es sagen. Was in den dreißiger Jahren ein heimtückischer Anschlag des Faschismus auf das Vaterland aller Werktätigen gewesen wäre, er darf es. Was nach dem Ribbentrop-Malotow-Abkommen von 1939 von Adolf Hitler und Leon Blum (POPU-LAIRE vom 23. August 1939) als „Zerstörung einer neuen Frie-denshoffnung“ angeprangert worden wäre, er darf es. Wofür
Jahrelang haben wir es neuerdings von allen Seiten gehört: Die römisch-katholische Kirche und insbesondere der Vatikan können sich offensichtlich nicht mehr von jenem schädlichen Traditionismus freimachen, der sie zu einem Leitfossil der Welt von gestern macht. Um die Polemik gegen den Status präsens der Kirche fortsetzen zu können, blieb demnach für einen Bestseller nur mehr ein Thema: Die Diagnose, wonach die gefährliche Krankheit, vom Bruch mit römischen Traditionen und der eigenen Geschichte kommt: Scheinbar will der Autor des vorliegenden Buches der Kirche am Krankenbett
Der Generalsekretär der Oester-ireichlsdhen Nationalbank hat dem Bischof der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Österreich einen Protestbrief geschrieben. Der Bischof hat die Legalisierung der Abtreibung in Österreich, die Auegabe einer staatlichen Lizenz zur Tötung des Kindes im Mutterleib mit den Nürnberger Rassengesetzen des Dritten Reiches verglichen. Das war dem Herrn Generalsekretär der Oesterreichischen Naitionalbank zuviel. Denn es handelt sich in seinem Fall nicht nur um einen Christen evangelischer Konfession, sondern um einen engagierten Sozialisten, um den
• Die SPÖ wird ihren Parteitag im Februar 1974 in dem Gedenken „40 Jahre nach dem 12. Februar 1934“ begehen. (Aus Tagesmeldungen.)• Einer der (Heimwehr-)Führer, Vizekanzler Emil Fey, kündigte am 11. Februar 1934 an: „Morgen werden wir an die Arbeit gehen und wir werden ganze Arbeit leisten.“ In den frühen Stunden des (darauffolgenden) Montags, des 12., entschlossen sich sozialistische Aktivisten in Linz, entgegen den von der Wiener Zentrale ausgegebenen Instruktionen, einem Angriff auf ihr Zentrum mit Gewalt zu begegnen, und das entfesselte den Bürgerkrieg. (Deutsche Übersetzung aus: „Austria“, London 1971, Seite 131, von Karl R. Stadler, derzeit Leiter der politischen Akademie der SPÖ.)
Von Sigmund Freud stammt der Verdacht, wonach der Verlust des menschlichen Schamgefühls ein Anzeichen des Alterns ist. Dieser Lehrsatz des Psychiaters soll im Falle des nunmehr 73 Jahre alt gewordenen Autors des hier besprochenen Buches nicht direkt auf die Person des Dichters angewendet werden. Zur Diskussion steht eine bedeutendere Frage: Nämlich, ob nicht Bruce Marshall in seinen letzten Büchern jene Symptome der Vergreisung abgesunkener und absinkender Eliten und ihrer Kultiviertheit aufzeigt, die es nicht zuwege bringen, mit Anstand alt zu werden. Die vielmehr Ihre Dekadenz mit jenem
Am Abend des 8. Jänner 1964 saßen wir noch einmal beisammen. Wir, das waren Alfons Gorbach und seine Freunde im letzten Kabinett aus der Ära Raab; ferner die auf dem Parteitag 1963 in Klagenfurt neugewählte Parteispitze Josef Klaus und Hermann Withalm; und andere Freunde. Der Gastgeber, hervorragend durch Rang und Persönlichkeit, wollte eine Gelegenheit zur Lösung der im Duumvirat Gorbäch/Klaus entstandenen Schwierigkeiten geben. An einem weißen Tisch, unter Freunden mochte das eher gelingen als coram publico, unter der von Pressure-groups bestellten publizistischen Begleitmusik. Man war sich längst klar darüber, daß das fragliche Duumvirat nur noch ein Experiment auf Zeit sei. Minister, die auf dem letzten Parteitag offen gegen die Kandidatur Klaus/Withalm aufgetreten waren, konnten jetzt nicht gut für eine Kanzlerschaft Klaus sein oder gar dessen Kabinett angehören wollen. Sie hatten ja in Klagenfurt keine Show mittels Zählkandidaten abziehen wollen, sondern die Alternative an einer Weggabelung aufgezeigt, von der aus der Weg ins sozialistische Österreich führte. Daß anderseits Klaus auf Regierungsmitglieder solcher Herkunft und Anschauung verzichten würde, war sein gutes Recht.
Wie groß und unersetzlich der Beitrag der USA zum Entstehen der Vormachtstellung gewesen ist, die seit 1945 vom kommunistischen Osten in Europa eingenommen wird, ist heute bekannt und das Schicksal von Millionen Menschen. Daß 1945 vor allem auf der Konferenz von Jalta die USA dem Kommumsmus in Asien die Wege zur Machtkontrolle eröffnet haben, kümmerte vorerst die ihren, Wirtschaftswundem nacheilenden Europäer wenig. Erst während des Vietnamkriegs und des vierten jüdisch-arabischen Kriegs von 1973 wurde man sich in Europa auch der Tatsache bewußt, daß der Kommunisanus nicht nur Europa
„Ich gebe zu, daß wir mit unseren sozialdemokratischen Ideen wahrscheinlich nicht in der Lage sind, die politischen Probleme der dritten Welt zu lösen ... Möglicherweise wird für viele südamerikanische Staaten eine militärisch verbrämte Mischform zwischen Castro und Allende zum Modell werden“ (Bruno Kreisky, Spiegel-Gespräch, „Der Spiegel“ Nr. 10/1972).
Das von Bruno Kreisky beispielsweise erwähnte Regime in Kuba ereignet sich in einem Einparteien-stawt, in dem Fidel Castro mittels des militärisch abgestützten „Partido communista de Cuba“ seine Herrschaft ausübt. Günther Maschke, einer der Parteigänger R. Dutschkes im Berliner Aufstand von 1987, nannte unlängst nach einem Besuch in Kuba die dortigen Zustände eine „unvorstellbar militarisierte Gesellschaft“.
Der Autor Nicola Chiaromcnti gestorben 1972, hat auf 173 Seiten die Tragödie des Lebens eines Linksintellektuellen seiner Generation zusammengeschrieben. Als Zehnjähriger erlebte er den von der politischen Linken Italiens enthusiastisch begrüßten Eintritt seines Landes in den Ersten Weltkrieg. Sein Pilosophie- und Literaturstudium, sowie die Beschäftigung mit Film und Theater, fiel in die Zeit der Erfolgsära Mussolinis, dessen „geweihtes Banner“ eines nicht „gewöhnlichen Sozialisten“ Georges Sorel 1913 vorahnend begrüßt hatte. Erst 1934 verließ Chiaromonte Italien, um in
„Anders gesprochen: Die Verwendung des von Karl Marx und Friedrich Engels entwickelten gesellschaftskritischen Instrumentariums in Kombination mit der neomarxistischen Methodik der Frankfurter Schule darf für eine moderne christliche Demokratie kein Tabu sein.“ Aus: „Christlich-demokratische Doktrin und zeitgenössische Kultur“ von Peter Diem, abgedruckt in „panorama“,
Auch in der Zweiten Republik ist Patriotismus nicht „in“, was meistens heißt: entbehrlich, wenn nicht schädlich. In einer Aussprache, die unlängst namens der Bundesregierung mit Sprechern der „österreichischen Jugend“ geführt wurde, herrschte Einheit darüber, daß die Veranstaltung zum österreichischen Nationalfeiertag 1973 jedenfalls keinen patriotischen Charakter tragen dürfe. Vielleicht wird es teilweise Reprisen dessen geben, was sich 1967 und 1968 am Nationalfeiertag in der Wiener Stadthalle ereignete. Im Wortgebrauch der Massenmedien scheint das Hauptwort Patriotismus
A. Silberstein, führender Funktionär des Studentenkomitees von 1848, über Anton Füster, Feldkaplan der Wiener Akademischen Legion: Füster war eine eigentümliche Figur. Der Umstand, daß der obskure katholische Pfaffe gegenüber den im März phrasenvollen Professoren treu und redlich, ja mit Aufopferung ausgehalten hat, erhöhte noch die Zuneigung zu ihm. Und so sah Füster sich bald an der Spitze und die Jugend um ihn geschart. Er hat die Arbeiter auf dem Weg gehalten, den sie selbst betraten.
Aus 26 Reden, Erklärungen und Interviews, die von der heute 75jähri-gen Golda Meïr im Laufe vieler Jahre, angesichts der sich ständig verändernden politischen Verhältnisse und bei den verschiedensten Anlässen gehalten worden sind, entsteht bei der Lektüre dieses Buches das Bild einer Persönlichkeit, deren Geschlossenheit und Entschiedenheit in der sogenannten freien Welt des Westens nicht ihresgleichen hat. Im zaristischen Rußland 1898 geboren, genoß sie in den USA die in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg übliche Erziehung eines College-Girl, um seit 1921 das Schicksal der Juden in
Eine Forumsdiskussion über die Reform der Demokratie erreicht in der hitzig geführten Auseinandersetzung über das aktuelle Thema Mitbestimmung Höhepunkt und Abschluß. Dem einzelnen wird vor Augen geführt, wie viele Möglichkeiten der Mitbestimmung ihm offenstehen. Dann schließt der Diskussionsleiter, einer der Matadore aus der Ära der großen Dialoge, mit dem Satz: „Die Demokratie wird sich selbst zu helfen wissen.“ Darauf der skeptische Zwischenruf: „Und wer hilft mir vor der Demokratie?“ Protest, Gelächter und der Lärm der Aufbruchstimmung schwemmen den vielen unverständlichen Satz hinweg.
Ich hatte ihn zuvor niemals aus der Nähe gesehen und niemals auf so kurze Distanz seine Stimme dermaßen gehört, daß ich die Intonation einer jeden Silbe ausnehmen konnte. Bis zu jenem Tag vor nunmehr fast 20 Jahren, an dem ich zum erstenmal das Kulturbudget der Bundesregierung vor dem Nationalrat zu vertreten hatte. Das Hohe Haus war fast leer, jenes „leere Haus“, als das ich es zuletzt einmal am Schluß einer endlosen „Kulturdebatte“ apostrophiert habe. Nur die kommunistische Fraktion hielt ihre Bank auf der äußersten Linken besetzt; die anderen Fraktionen hatten unter
Jede seit der Revolution von 1789 aufgetretene Zeitströmung von einiger Bedeutung hinterläßt das ihr zusagende und nutzbringende Bild Napoleons; oder mindestens ihren spezifischen Beitrag zu einem solchen Bild. Indem eine Zeitströmung das so zustandegekommene Bild oder Teile desselben in ihr eigenes Image montiert, möchte sie hoffen, selbst in größere Proportionen ihrer geschichtlichen Bedeutung zu geraten. Und indem sie im umgekehrten Fall ein überkommenes Bild Napoloens in moralischer, ethisch-politischer oder sonstiger Hinsicht diskriminiert, soll das so gewonnene Bild des
Nahezu 40 Jahre nach dem Abschluß des Reichskonkordats vom 20. Juli 1933 erschien unlängst die von dem Jesuiten Ludwig Volk verfaßte Untersuchung der Vorgeschichte dieses heute heiß umstrittenen Ereignisses in der Ära der Appease-ments der dreißiger Jahre. Die aktuelle Bedeutung des Werkes besteht vor allem darin, daß es in einem Zeitpunkt der Öffentlichkeit übergeben wird, in dem sich des politischen Denkens großer Teile des deutschen Volkes eine seltsame Schizophrenie bemächtigt hat.Während nämlich einerseits die gegenwärtig im Umgang mit totalitären kommunistischen Staaten
Der Autor fährt in den linkskatholischen Tendenzen seines Vaters August Maria Knoll fort. Er sieht in dem Hineinwachsen der klassenlosen Christlichsozialen Volkspartei in jene führende staatstragende Funktion, die den christlichen Demokraten in Österreich zwischen 1907 und 1970 zugekommen ist, primär nur einen Akt der „Verbürgerlichung“. Und diese Verbürgerlichung ist in den Augen des Autors jener „Sünden-fall“, mit dem die bahnbrechende katholische Sozialreformbewegung Österreichs in fatale Verstrickungen geriet, um deren Erkundung der Autor in dem vorliegenden Buch bemüht
Kurz nach dem Ersten Weltkrieg entstand aus der Feder eines der bekanntesten Karikaturisten von damals eine Serie drastischer Einzeldarstellungen vom Entstehen der Ersten Republik: Man sieht, wie die landhungrigen Nachfolgestaaten der Monarchie über die Landkarte Österreichs herfallen und sie in Fetzen reißen. Zuletzt bleibt nur mehr das „Fuzerl“ Restösterreich übrig — und obenauf der Wasserkopf Wien.
„Die Reinigung der kommunistischen Bewegung vom Schmutz des Stalinismus ist längst noch nicht vollendet.“ Mit diesem letzten Satz seiner 626 Seiten langen Analyse der Ursachen, Auswirkungen und Gefahren einer Rückkehr des Stalinismus befindet sich der Autor Roy A. Medwedew in einem gewissen Gegensatz zu den Voraussetzungen jenes Appeasements, dessen man sich derzeit vor allem im Westen erfreut. Nach der in der öffentlichen Meinung vorherrschenden Ansicht freiheitlich denkender moderner Menschen gehört der Antistalinis-mus längst zu jenen „unkritischemotional“ bedingten
In Österreich soll die Abtreibung legalisiert werden. Während der ersten drei Monate der Schwangerschaft bliebe die Entscheidung über eine vpm Arzt vorgenommene Abtreibung der betroffenen Frau vorbehalten. Es versteht sich, daß diese „Fristenlösung“ nichts anderes als die Legalisierung der Abtreibung wäre. Die Sowjetunion und die DDR haben eine solche Lösung schon zum Gesetz gemacht. Die SPÖ verltritt eine Fristenlösung. Gestützt auf ihre absolute Mehrheit im Nationalrat, kann sie die Fristenlösung in Österreich durchsetzen.
Ein zeitgenössisches Urteil: Die Kirche versteht es meistens nicht mehr, mit dem jeweils herrschenden Zeitgeist zurechtzukommen. So war es zum Beispiel ihr Fehler, daß sie sich großen, bewegenden Ideen des 19. und 20. Jahrhunderts, wie jenen Marx' und Freuds, verschloß. Seither wird ihr die Schuld dafür angelastet, daß sich solche modernen Ideen nicht rascher und fruchtbarer entwickeln können. Die Intellektuellen haben ihrerseits die Konsequenz daraus gezogen: sie stehen der Kirche mit wachsender Fremdheit gegenüber. Will die Kirche nicht, daß die Geschichte über sie hinweggeht, dann wird sie sich punkto bisheriger Versäumnisse einem Nachholunterricht der Geschichte stellen müssen.
Während eine kurz vor Ostern ausgegebene Meldung der deutschen Nachrichtenagentur über die Unan-bringlichkeit eines Akademikerüberschusses in Schweden die andernorts anhängige Diskussion über Bildungsreform oder -revolution neu akzentuiert, erregt ein Buch des Skandinavien-Korrespondenten des Londoner Observer, Roland Huntford, über die schwedische Form einer „Wohlstandsdiktatur“ diesseits und jenseits des Atlantiks die Gemüter. Hunter, Jahrgang 1928, unbelastet von dem Verdacht des Neofaschismus oder Neomarxismus, resümiert nicht mehr und nicht weniger, als daß in Schweden eine
• „Für den Durchschnittsbürger, in welchem politischen Lager auch immer, wurde er (Theodor Körner) vor allem mit dem Republikanischen Schutzbund identifiziert. Sein Sich-zurück-Ziehen von dieser Stellung und seine Abkehr vom Schutzbund und all seiner Tätigkeit blieben in weitesten Kreisen unbeachtet, schon deshalb, weil die Sozialdemokratische Partei sein Ausscheiden nicht an die große Glocke hing.“Im März 1973, 40 Jahre nach der am 4. März 1933 erfolgten Ausschaltung des Nationalrates, hielt der Vorstand der SPÖ den Zeitpunkt für gekommen, um neuerdings jede Mitschuld der
Seit der Marx-Renaissance der sechziger Jahre ist die politische Rechte so etwas wie der Abort im Politischen geworden. Bestenfalls die Rumpelkammer der Weltgeschichte für verkalkte Konservative, Unbelehrbare Pfaffen, besitzgierige Kapitalisten. Oder: das polizeilich überwachte Reservationsgebiet für alte und neue Faschisten, Rechtsradikale und sonstige extremistische Outsider und Outcasts jener Welt, die die Linke heilen wird. Viele Liberale meiden diesen Ort mit Abscheu und Verachtung.
Es ist tatsächlich soweit gekommen: ein gebürtiger Berliner schrieb in den USA die erste umfassende, wissenschaftlich fundierte Biographie des bedeutendsten österreichischen Staatsmannes, der jemals aus einer christlichsozjialen Volkspartei hervorgegangen ist, der ein Preuße, Carl von Vogelsang, einmal das Fundament gegeben hat. Der gelernte Österreicher kann da nur noch vor dem Autor den Hut ziehen und sagen: Mein Kompliment, Herr von Klemperer! Um nachher allerdings bei sich Reu' und Leid zu erwecken: weil namhafteste Historiker aus Österreich, eine ganze Generation, es versäumt
„Der ,Ideologiestreit' in der Farteizentrale der ÖVP, entbrannt am Thema Vietnam, endete mit Maßregelungen. Dem VP-Grundlagenforscher Diem wurde im Wiederholungsfall sogar die Kündigung angedroht. Diem hatte eine Absage an die US-Botschaft mit den .völkerrechtswidrigen Bombardierungen in Vietnam' begründet.“„Die anderen Gemaßregelten sind einige Mitarbeiter der Parteizentrale und der ,Chef der Jungen ÖVP', die gemeinsam mit Sozialisten einen Demonstrationsaufruf gegen die US-Politik in Vietnam unterzeichnet hatten.“„Beim Verfassungsgerichtshof muß ein neues Mitglied ernannt werden. Die ÖVP setzt sich für den ehemaligen Klaus-Sekretär Dr. Graff ein. Dr. Graff hat allerdings dadurch, daß er den Vietnamaufruf unterzeichnet hat, selbst bei der ÖVP Chancen eingebüßt.“(Aus Kommentaren österreichischer Tageszeitungen.)
Die politische Formel: Furcht der Konservativen vor dem Kommunismus + deren Hoffnung auf Hitlers Antikommunismus =■ Appeasementpolitik der dreißiger Jahre ist Stehsatz in der Agitation und Propaganda der Linken in aller Welt. Im vorliegenden ersten Band des Werkes „England und das Dritte Reich" will der deutsche Historiker Oswald Hauser mit der „überholten Einschätzung" dieses klassisch gewordenen „Musterbeispiels sträflicher Nachgiebigkeit gegenüber einem totalitären Regime" aufräumen. So zumindest die Einibegleitung des Buches.Der Text belehrt uns eines
„Die Kirche der Zukunft wird eine Kirche sein, die sich von unten her durch Basisgemeinden freier Initiative und Assoziation aufbaut. Wir sollten alles tun, um diese Entwicklung nicht zu unterbinden.“ (K. Rahner, Strukturwandel der Kirche, Herder-Bücherei, 1972, S. 115)„Wo (für diese Basisgemeinden die) echte Mitte zwischen Sekte und bloßem Verwaltungssprengel der Amtskirche liegt, das ist wohl heute weithin noch eine dunkle und ungelöste Frage.“ (K. Rahner, S. 124).„Ich weiß zwar nicht, wo ich hinfahr / Dafür aber bin ich gschwinder dort.“ (Kabarettstrophe aus der Nachkriegszeit).
Der Autor Ota Sik, gebürtiger Tscheche, Jahrgang 1919, derzeit Hochschulprofessor in der Schweiz, wendet sich mit seinem soeben erschienenen Werk „Der dritte Weg“ an unzählige Menschen in aller Welt, für die jetzt die gefährliche Spätkrise im Konflikt Kommunismus— Kapitalismus das Schicksal ist. Der frühere revolutionäre Marxist und nunmehrige akademische Lehrer für Nationalökonomie setzt sich, wie er im Untertitel seines Werkes aufzeigt, einerseits mit der marxistisch-leninistischen Theorie und anderseits mit dem entideologisierten Industriesystem kritisch auseinander. Der Wert
Die Unternehmer haben längst gelernt, mit der Inflation zu leben, und zwar profitabel (S. 257). Die Löhne der Arbeiter in den straff organisierten Industriezweigen, insbesondere in den kapital- und wachstumsintensiven Sektoren, halten zumindest mit der Preisentwicklung Schritt oder haben die Nase voran (S. 258). Die wirklichen Opfer der Inflation (sind) diejenigen Mitbürger, die nur von ihren Renten und Pensionen leben, also nicht über eine zweite Einkommensquelle verfügen (S. 259). Nicht um dieser und anderer Binsenwahrheiten willen, die der Autor sehr pointiert aufzeigt, lohnt es sich,
• „Thus one finds, that the argumenta of communist anti-anti-communism also appear among non-conimunist opponents of anticommunism.“ (Marxism, Communism and Western Society, A Comperative Encyclopedia, 1972, Seite 131.)
• „Der kalte Krieg hatte für konservativ-reaktionäre Kräfte in Deutschland lebenswichtige Bedeutung- Er erlaubte die Pflege einer ununterbrochenen Tradition, des Antikommunismus ... (Angesichts) des Vorwurfs kommunistischer Infiltration oder auch nur des Kontakts mit Kommunisten — wurde letzten Endes die Beteuerung des Antikommunismus selbst für die Opposition (damals: SPD) lebensnotwendig.“ (Karl H. Bonner, Deutschlands Jugend, 1967, Seite 69.)
• „(Dann) begann die Renaissance des Marxismus und des Anarchismus. Vielleicht drei, vier, fünf Jahre empfand und handelte die Linke als Einheit. Der (Kampf gegen den) CDU-Staat hielt sie zusammen.“ (Gerhard Szezesny, Club Voltaire, in: Das sogenannte Gute / Vom Unvermögen der Ideologien, 1971, Seite 10.)
24 Jahre alt, hat der Autor in dem ereignisreichen Jahr 1933 ein vielgelesenes Buch herausgebracht, das vor allem die Jungen der Generation von damals stark bewegte: „Jesuiten, Spießer und Bolschewiken“. Mit seinem jetzt erschienenen Buch „Luftschlösser, Lügen und Legenden“ stellt er sich als einen „rechtsdralligen Liberalen“ vor, der kein Konservativer im landesüblichen Sinn sein will; ein loyaler Opponent in kirchlichen Dingen. Die Courage, die zu so einer geistigen Diszipliniertheit in unserer Zeit gehört, wird auf jeder der 336 Seiten des Buches (vor allem auch in den
Die Neue Linke, schleißig, wie ihre Philosophie im Anschluß an Marx geworden ist, sucht nach neuen Vorläufern. Jede Revolution braucht, indem sie das bisher Gewordene absolut in Frage stellt und zum totalen Untergang bestimmt, die Rechtfertigung in einem gewissen Vorläufertum. Es konnte nicht ausbleiben, daß im Umkreis der Frankfurter Patriarchen der Neuen Linken, Max Horkheimers insbesondere, ein Komitee entstand, das die von Nietzsche propagierte „Umwertung“ der „unbewußten Hoffnung der studentischen Jugend“ von heute hinzufügen möchte.Es ist noch nicht dreißig Jahre —
„Schwedische Kultur ist daher vielleicht heute mehr ,amerikanisiert' als amerikanische.“ (Aktuelle Kulturdebatte in Schweden, Schwedische Woche, Wien 1967.)
„Irgend etwas in dem Stil, wie wir es machen, werden früher oder später alle Industrieländer machen müssen.“ (Tage Erl ander, schwedischer Sozialdemokrat, Ministerpräsident 1949 bis 1969.)
„Wir wollen lieber ein großes Schweden werden als ein kleines Amerika.“ (SPD-Politiker im Wahlkampf 1972, BRD.)
„Steht es möglicherweise so, daß er (der Liberalismus), weit entfernt, ein bloßes Opfer der Gesellschaftskrise zu sein, durch seine Irrtümer zu ihrer Entstehung beigetragen hat?“ (Wilhelm Röpke, Maß und Mitte, Zürich 1950, Seite 14.)
„Die Tatsache, daß Marx' Erwartung, der Sozialismus werde in den fortgeschrittenen Industriestaaten siegen, nicht in Erfüllung gegangen ist, lädt Anhänger und Gegner des Sozialismus zur Stellungnahme ein.“ (Norbert Leser, Die Odyssee des Marxismus, Wien .1971, Seite 9.)
„Die Funktion der Kybernetik als Integrationswissenschaft verführt dazu, sie auch in philosophische Überlegungen, Begründungen und Rechtfertigungstheorien einzubeziehen. Damit verfällt sie zugleich dem Ideologieverdacht.“ (Staatslexikon, Freiburg 1970, 10. Band.)
Wolfgang Leonhard, Wiener, Zögling der Komintern, Staatsgründer der DDR in der ersten Stunde, jetzt Exbolschewik, bringt im Molden-Verlag die Erinnerungen einer Schicksalsgefährtin heraus: Aino Kuusinen, prominente Kommunistin aus Finnland, Kominternagentin, So-wjetspionin und (im Unterschied zu Leonhard) 15 Jahre lang politischer Häftling in der UdSSR. Bis auf dem Höhepunkt des Lebens haben der Österreicher und die Finnin den Zug des dogmatischen Sowjetmarxismus auf weite Strecken anstandslos benutzt.Jene Mentalität, wie sie im Umkreis der Neuen Linken vielen Intellektuellen in der
Das vorliegende Buch eines Österreichers, der vor seiner Flucht aus der 1938 „nationalsozialistisch gewordenen Ostmark“ diese in ihren Anfängen erlebte, ist mit dem Untertitel: Der Deutschen Alltag unter Hitler, vielversprechend und interessant. Interessant müßte es vor allem für jene Österreicher sein, die in den dreißiger und vierziger Jahren geboren sind, diesen Alltag nicht erlebten und die jetzt bereits zu einer arrivierten Schichte der Erfolgsgeneration an der Spitze gehören; und für die nicht geringe Zahl derer, die kurz nach dem Jahr 1938 diesen Alltag verlassen haben, um
Ein Jahr nach dem Anschluß 1938, am 2. März 1939, beschrieb der damalige Gauleiter von Salzburg und SS-Brigadeführer Friedrich Rainer in der Wochenzeitung der SS, „Das Schwarze Korps“, die Machtergreifung der Nationalsozialisten im Bundeskanzleramt am Abend des 11. März 1938. Keiner wäre mehr als Tatzeuge berufen gewesen als Rainer, dem nach 1938 zugute gehalten wurde, daß er zu jenen gehörte, die die nationalsozialistisch gewordene Ostmark herangezwungen hatten. Und Rainer erzählt, wie er an jenem Tag um 9 Uhr abends auf eine Intervention Seyß-Inquarts hin von den Posten der Garde und der Polizei ins Kanzleramt gelassen wurde. Schon langten am Ballhausplatz die Meldungen der Besetzung des Generalsekretariats der VF, des Heeresministeriums, der Ravag, des Gewerkschaftshauses usw. ein. Nur im „Hauptquartier des feindlichen Widerstandes“ hielt die Front. Wieder war es Seyß-Inquart, der Auftrag gab, 40 SS-Mäner unter Felix Rinner ins Kanzleramt zu lassen, zwei Drittel waren am 25. Juli 1934 dabei gewesen. Und während da und dort aus einem Büro noch ein SOS hinausgehen konnte, einige den Kampf nicht aufgaben, besetzten die SS-Männer nach und nach das Haus.
Bruno Kreisky: „Den Sozialdemokraten geht es mit ihren sozialpolitischen Ideen so wie den Liberalen mit ihren liberalen: allmählich werden sie Gemeingut aller demokratischen Parteien.“ (Autorentagung des Econ-Verlages in Salzburg, September 1971.)
23 Autoren, zumeist von Namen, beginnen in diesem Sammelband von 614 Seiten mit einer Bestandaufnahme des Konservaismus, nachdem der Progressismus der zu Ende gegangenen sechziger Jahre versucht hat, das konservative Prinzip bis auf den Grund zu demolieren. Bemerkenswert ist, daß die meisten Autoren, insgesamt 13, aus dem heutigen oder aus dem alten Österreich stammen oder wenigstens eine Zeitlang an österreichischen Hochschulen gelehrt haben. Und noch bemerkenswerter ist die Tatsache, daß nur zwei dieser Autoren heute noch in Österreich ansässig sind. Auch für den Konservativen ist
Putsch: Politischer Umsturz durch eine Minderheit. (Lexikon der Deutschen Sprache, Verlag Ullstein, Frankfurt 1969.)Demokratisierung der Demokratie: Ist die heutige Demokratie Jähig, Strukturveränderungen, wie sie von diesen Kräften (gemeint sind jene der radikalen Linken) angestrebt werden, mit normalen Mitteln durchzuführen? Ja, antworten wir, wenn diese Minoritäten in der Lage sind, sich zu Mehrheiten umzubilden. (Dazu: Universitätsprofessor J. Rovan, Paris, im Bergedorfer Gesprächskreis zu Fragen der industriellen Gesellschaft, November 1970.)Und so verlief im Jahre 1972, im Fall
Der moderne Industriestaat des beginnenden „technotroni-sehen Zeitalters“ (Tcchnotronik = Maschine + Elektronik) hat mit einer Polizeiaktion von fast kriegsmäßigem Ausmaß seine Schlagkraft bewiesen. In der BRD wurde die Baader-Meinhof-Gruppe (genannt RAF — Rote-Armee-Fraktion) aus der Stellung geschossen. Die Cracks dieser militanten Elite der linken Linken sind arretiert. Die jahrelange Auseinandersetzung des Establishments mit dem Anti-Establishment wurde in eine Balance gebracht.
In kurzer Zeit werden im Circus iMaximus 1972 in München die Arti- ' sten des Spitzensports aus aller Welt mit einer von unzähligen Sportmana- '. gern zusammen mit dem News Ma- '. nagment aufgezogenen Monstershow i beginnen: Mit den Olympischen 1Spielen 1972. Diese Feststellung soll I weder diese Spiele noch die dort gezeigten Leistungen diskriminieren.Damit wird lediglich eine Linie der iUnterscheidung deutlicher gezogen, i die unlängst der ärztliche Betreuer einer legendären Profimannschaft f andeutete: Der Spitzensport von d heute hat insofern etwas mit Ge- c sundheit zu tun, als es
„Die Spekulation, Taiwans Anziehungskraft für ausländische Investitionen werde ebenso abnehmen wie seine Zukuhfts-hoffnungen nach der Annäherung Pekings an den Westen, war offenbar unbegründet. Zwar zögern amerikanische Wirtschaftstreibende noch, in Geschäfte mit der Insel Tschiangkaischeks einzusteigen, dafür treten japanische und westdeutsche mit aller Macht in Erscheinung. Die Überlegung dabei ist, daß mit dem Anschluß Taiwans an Peking erst in etwa zehn Jahren zu rechnen ist.“ (US-Magazin „Newsweek“, Washington, am 5. Juni 1972.)
Der Band kommt um die berühmte Idee zu spät. Jetzt, nachdem die in den sechziger Jahren versuchte Revolution gegen das Industriesystem für diesmal vorbei ist, fängt man in den Industriestaaten an, Mängel und Reformen dieses Systems zu erörtern. Das System bleibt tabu: das perpetuum mobile mit den Phasen Investieren, Produzieren, Konsumieren — oder den Tod.Hans Dieter Kloss, langjähriger Korrespondent einer süddeutschen Tageszeitung in Bonn, Jahrgang 1929, bringt durch die DVA eine Sammlung von Analysen und Lösungsvorschlägen. Den Fachautoren mangelt weder Kompetenz noch Prominenz:
Mit größter Pünktlichkeit lieferte das News Management die passende Story zum vergangenen Muttertag 1972. Neugeborene Kinder, die schreien, weil ihnen der vom Mutterleib gewohnte Herzton der Mutter abgeht, werden in Zukunft ohne Mutterherz beruhigt: Ein- Herzton-Simulator wird mit Hilfe eines Lautsprechers das Ohr des Kindes täuschen. Aber das ist nicht die Pointe der Geschichte. Der „Witz“ an dem Ganzen ist, daß der Mutterherzersatz nicht erprobt werden konnte. Es fehlten nämlich die Babys für die reihenweisen Testversuche. PS: Die Erfindung und das Drum und Dran ereigneten sich in Schweden.
In den zu Ende gegangenen sechziger Jahren standen die nahezu in aller Welt unternommenen Versuche zur Schulreform unter dem scheinbar wissenschaftlich fundierten Gesetz einer „ideologiefreien Sachgerechtigkeit in der Bildungspolitik”. Diese Versuche hinterließen Berge angerissener Probleme, die, meistenteils ungelöst, auf den zahllosen Verhandlungstischen liegen blieben, in endlosen Diskussionen zerredet wurden und in gewaltigen Massen bedruckten Materials die Dokumentationszentren bereichern. Im „Zeitalter des Dialogs” war es nur zu selbstverständlich, daß man es auch in der
Nein, ich zitiere in der Uberschrift nicht Heinrich Heine, der diesen vier Worten — „Denk ich an Deutschland ...“ — ein ganzes Gedicht folgen ließ, an dem die einen die frivole Vermischung erhabener Gefühle tadeln, andere die verdorbene Sentimentalität, und die dritten, vierten dies und jenes. Ich denke einfach an Deutschland; so, wie es ist, in diesem Bonner Frühling 1972. Ein höchst unberufener Denker, dieser Österreicher, wird man in Deutschland einwenden. Und bei uns wird man sagen: Großvater sollte sich übertünchen lassen, es schimmert schon großdeutsch durch. Ich sage: keinen Schimmer mehr, als durch jene Äußerung eines hohen Sowjetfunktionärs, der unlängst Österreich zu den drei deutschen Staaten rechnete; oder durch jene neulich in der DDR verlautete Schätzung, wonach der Abstand dieses Staates zur BRD gleichgesetzt wird mit dem im Falle Österreich bestehenden.
In jener seligen Zeit, in der noch die Buben auf den Gassen, in Ihren Gaßn, ballestern konnten, wie es Josef Weinheber beschreibt, gab es ein aufregendes Spiel. Es hieß köschern. Ein Könner, ein Jaß, zog mit souveräner Geste einen kleinen Vollgummiball aus seiner Hosentasche und forderte eines der Ar-mitschkerl, die keinen Ball hatten, auf, in einem Fußballdribbling um den Ballbesitz zu kämpfen. Der Jaß ließ scheinbar andere mitspielen. Aber fast nie kam sein Spielpartner in den Ballbesitz. Der Ballbesitzer war eben ein Jaß. Zum Schluß nahm der Könner den Ball auf, steckte ihn mit
Die Christliche Arbeiterbewegung Österreichs, mit der sich die jüngste Veröffentlichung Anton Pelinkas be-schäftitg, war bis 1938 Teil jener so-zialreformatorischen Bewegung, der kein Geringerer als Otto Bauer bestätigt („Der Kampf“, Juni 1911), sie hätte zum erstenmal große Massen ins politische Leben geführt, den volksfremden Liberalismus gestürzt, die großen sozialen Probleme auf die Tagesordnung gesetzt usw. Von diesem Erstgeburtsrecht ist bei Pelinka ebensowenig die Rede, wie von der staatstragenden Bedeutung dieser Bewegung: Bei der Verteidigung des multinational empire
Gehlens Institutionslehre (Arnold Gehlen, geboren 1904, Philosoph, Soziologe, Professor in Leipzig, Wien, emer. TH Aachen) gewinnt in der Zeit des Schlagwortes vom Auszug aus den Institutionen des Establishments und ihrer Zerstörung sowie neuer Formen des Anarchismus und Nihilismus eine außergewöhnliche Bedeutung. Nach Gehlen können Menschen auf die Dauer nichts gemeinsam tun, ohne es nach Regeln zu tun. Die Betonung liegt auf Dauer. Die „abgehobene Regel gegenseitigen Verhaltens“ ergibt den Grundriß einer dauernden Einrichtung, einer Institution. Solche stabilisierte Verhaltensmuster
Die Autorin, wie ihr Gatte Walter Jens in den Fächern Philologie und Literaturkritik tätig, analysiert das Schicksal der zwischen 1926 und 1933 bestandenen Sektion „Dichtkunst“ der Preußischen Akademie der Künste. In der bis ins 18. Jahrhundert zurückgehenden Vorgeschichte des mißlungenen Experiments ist vor allem eine um 1902 veranstaltete Meinungsforschung interessant. In Österreich wurden Rudolf Lothar (damals „Neue Freie Presse“), Ferdinand von Saar, Jacob Minor (Literaturhistoriker, Universität Wien), Paul Schienther (Burgtheaterdirektor), Theodor Gomperz (Altphilologe,
Realpolitik ist, so sagt man jetzt, das Gebot der Stunde. Das Wort stammt von dem Deutschen August Ludwig von Rochau (1810 bis 1873). Nach der Niederlage des liberalen Bürgertums in der Revolution von 1848 sollte Realpolitik Wandel schaffen. Die Reaktion hatte die letzte große Revolution des dritten Standes besiegt. Die Führer des vierten Standes, des Proletariats, hatten das revolutionäre Prinzip an sich gerissen. Von Rochau zog aus geschichtlicher Erfahrung die Lehre: der spürbare Sieg der Gewalt der Tatsachen über die Macht der Ideen sollten den Deutschen mehr Respekt vor der politischen Wirklichkeit beibringen. In der Schrift „Grundsätze der Realpolitik“ (1853) erläuterte von Rochau, was der Unterschied zwischen einer auf bloßen Theorien und Illusionen beruhenden Politik und realpolitischen Handlungen auf Grund wirklicher Verhältnisse ist.
„The singing, chcering crowds demonstrated a sound instinct for commercial values. A disproportionate share of Austria's money and Jobs comes from the skimaking industry, with a mighty boost from the prestige of ski Champions like Schranz.“
Suhrkamp, Standardverlag der linken Linken, bringt das im ersten Marschtakt der Revolution der Neuen Linken in der BRD (1966) von Hans Henle geschriebene Buch up to date (1971) neu heraus. Seit der ersten Auflage ist Nasser nicht I nur verstorben; die Rolle seinerI nationalen Revolution ist „obsolet“! geworden. So wie im Europa inj der Ära der Nationalstaaten des I 19. Jahrhunderts, bahnt in der Welt I des Islams die nationale Revolution I der sozialen den Weg. In der Version I 1971 reflektiert das Buch bereits auf die Tatsache, daß inzwischen auch in I der BRD der „CDU-Staat“ aus
Ein Physiker und ein Philosoph dokumentieren in Einzelaufsätzen und Reden den ungeheuren Wandel, der insbesondere während der letzten beiden Generationen in der Wissenschaft eingetreten ist. In der öffentlichen Meinung denkt man in diesem Zusammenhang vor allem an die enorme Steigerung der Zahl neuer Erkenntnisse in einem Jahrzehnt als vorher seit Urzeiten. Wichtiger als diese quantitative Änderung des Standes der Wissenschaft ist aber der Sturz jenes wissenschaftlichen Absolutismus, der das Erbe des 19. Jahrhunderts ist, noch ist. Das grenzenlose Vertrauen in die Erkenntnis der
Die eben zitierte Feststellung des Chefredakteurs des „Forums“, Sprachrohr der Neuen Linken in Österreich, beweist einmal mehr, daß Revolutionen nicht „ausbrechen“, sondern gemacht werden. Ein wenig selbstbewußt hat Herr Nenning auf die Bewegung hingewiesen, die weiß, wie derlei „gemacht“ wird; ganz anders gemacht wird als bisher: Das Movement der Neuen Linken. Nach dem Anschlag auf das Bundesheer, für die Neue Linke Punkt des geringsten Widerstandes im Establishment, weiten sich die Absichten. Weiters: Das Zentrum des Bebens, das auch im Konßiktsfall 144 „die Geister scheidet“, liegt außerhalb Österreichs. In den USA, in der Bundesrepublik Deutschland. Und nicht zuletzt: Der Normalbürger, der, wienerisch gesagt, diese Bewegung bisher „nicht einmal ignoriert hat“, kann sie gar nicht wahrnehmen. Das kann anscheinend nur ein hochempfindlicher Seismograph. Ein Meinungsforscher. Die Meinungsforscher sagen es den Publizisten. Die Publizisten verstehen es, den Politikern die Flötentöne beizubringen ...
Röpke, Bahnbrecher des Neolibe- sehen Auswirkungen verschieden ralismus, wissenschaftlicher Baumei- Wirtschaftswunder kritisch gegen-ster der sozialen Marktwirtschaft, übersteht, ist seit fünf Jahren to( Vertreter einer Kultur- und Sozial- (t 1966 in Genf). Während dieser ethik. die auf Maßstäbe der klas- fünf Jahre hat der kontinentale Libe-sischen und christlichen Metaphysik ralismus zwei Rochaden in entgegenreflektiert und den materialisti- gesetzte Richtungen unternommen.
Das in München gegründete Institut für Zeitgeschichte hat sich nach dem zweiten Weltkrieg durch seine Forschungs- und Publikationstätigkeit ein ursprüngliches Verdienst um die Etablierung dieses in vieler Hinsicht umstrittenen Faches erworben. Die vom Institut herausgegebenen Vierteljahreshefte hielten lange Zeit die Spitze der Fortentwicklung des Faches. Dies nicht nur wegen der Qualität der zum Teil grundlegenden Beiträge, sondern auch wegen der in den Heften besorgten Bibliographie und Dokumentation, Arbeitsvorgänge, die insbesondere auch jüngere Fachvertreter engagierten. Heute
Dem Autor gelingt das Unwahrscheinliche: Die Biographie eines vielfach gehörnten alternden Ehemannes, dessen Gemahlin eine der legendären Liebhaberinnen der Sittengeschichte ist, und der selbst nicht mehr ist als Kunstsammler, Naturforscher und Diplomat. Und dieses Buch, eine Übersetzung aus dem Englischen, erscheint in unserer Zeit der maximalen Erotisierung und Se-xualisierung des Literarischen!Besagte Dame ist keine geringere als die Geliebte des englischen Seehelden Admiral Lord Nelson; sie kommt aus der sogenannten Gosse Londons und wird nacheinander Insassin eines dortigen Bordells,
In seinem vierten Buch, in den Kapiteln 16 und 17, beschreibt Moses jene gefährliche Krise, die sein Volk in der Zeit zwischen dem Empfang der Zehn Gebote und der Bereitstellung zur Eroberung des Gelobten Landes bedrohte: die Empörung Korahs, Dathans und Abirams.
Während in Europa und in den USA noch der Bestseller des Franzosen J. F. Revel reichlich zirkuliert, wonach die nächste Revolution nicht aus der Dritten Welt und aus einem kommunistischen Land, sondern aus Amerika kommt, stellt der Autor dieses Budies fest, daß entscheidende Impulse zum jetzigen Umsturz in Lateinamerika aus Rom kamen. Von Johannes XXIII., vom Vatikanischen Konzil, von päpstlichen Enzykliken wie „Populorum Progressio“. Ausländische Geistliche, insbesonders solche, die an europäischen Hochschulen studiert haben, brachten die Wende.Der Schweizer Lorenz Stucki (früher
Bild eins: Im Sitzungssaal der UNO geht es zu wie nach einem K. o. im Boxring. Klatschende, brüllende und gestikulierende Vertreter aller Couleurs der politischen Linken und ihrer bürgerlichen Kofferträger feiern den Hinauswurf des „nationalen“ China und die Hereinkom- plimentierung des „kommunistischen“, sowie die Pleite der USA- Politik. Bild zwei: In Los Angeles schmeißt ein Bub Brandbomben auf das Gebäude seiner Schule. Der Bub ist schon Guerillero und mit dabei, die Schule und das ganze „Establishment“ der USA, Ordnungsmacht Nr. 1 des Kapitalismus, Militarismus und
Zwei Nobelpreisträger schrieben bisher über das Thema 1914. Zuerst der Franzose Roger Martin du.Gard, der für „Sommer 1914“ den Literaturpreis 1937 bekam. Dieses Buch ist der Abschluß eines großangelegten Familienromans und reflektiert auf die Spätkrise jener aristokratischbürgerlichen Welt, die sich ihrer selbst nicht mehr gewiß ist: Epigonen dieser Ära kämpfen bereits in der sozialen Revolution mit, während „der Rest“, die Unpolitischen, mit seltsamer Gelassenheit ihren „natürlichen Widerwillen gegen das Politische“ im subtilen Genuß verfeinerter Lebensformen
Der Leser, der kein Fachhistoriker ist, schlägt am besten zuerst die letzten Seiten des Buches auf, um an Hand einer Zeittafel die Übersicht über Zeiten, Menschen und Verhältnisse in den Perioden zwischen der russischen Oktoberrevolution 1917 und der Jetztzeit zu bekommen. Die Herausgeber haben einen zutreffenden Titel gefunden: Denn mit der Lektüre dieses Buches kann der Leser die Situation in der zweigeteilten Welt erkunden. Vielleicht liegt aber die eigentliche Bedeutung dieser Sammlung von Kurzbiographien darin, daß es sich um jene Großen einer Ära handelt, die heute „gewesen“
Seit dem 10. Oktober 1971 ist in der österreichischen Innenpolitik ein Tabu entstanden, um dessen Aufrechterhaltung sich Teile der politischen Publizistik eifrig bemühen: zu vermeiden ist demnach der Gebrauch des Eigenschaftswortes „sozialistisch“ im Zusammenhang mit Österreich, Regime in Österreich, Bundesregierung. Es soll demnach zugehen, wie im Märchen vom Rumpelstilzchen: Ach, wie gut, daß niemand weiß, daß ich sozialistisch heiß. Dieses Tabu wird im Sinne einer angeblich „ideologiefreien“ Sachgerechtigkeit quasi wissenschaftlich fundiert: Eigenschaftsworte wie „sozialistisch“ haben nach dieser Meinung in ihrer Formelhaftigkeit in verschiedenen Situationen eine verschiedene Bedeutung; in Österreich zum Beispiel eine ganz andere als in einer „sozialistischen“ Volksrepublik; sie machen keine Unterschiede, sie verwischen sie nur.