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Die Vertreibung des Nuntius aus Bukarest

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Die Augen der Weltöffentlichkeit sind auf den Fernen Osten gerichtet. Inzwischen wird im nahesten, uns nächsten Osten ein Kampf weitergeführt, der für uns Europäer von brennendem Interesse ist. Es geht um die Liquidierung der katholischen Kirche in den volksdemokratischen Randländern Osteuropas. Viele Akte dieses Dramas spielen hinter den Kulissen, werden sichtbar erst an ihren Folgen. In diesen Tagen aber geschah wieder ein Ereignis, das ein neues Schlaglicht auf einen Zerstörungsprozeß wirft, über dessen Tragweite sich allzu-viele Menschen, gerade in der westlichen Welt, noch nicht klar sind.

Die „österreichische Furche“ bringt im folgenden einen ersten Originalbericht über die Vorkommnisse um die Vertreibung des Nuntius aus Rumänien.

Vor einigen Tagen meldeten Nachrichtenstellen, die kommunistische Regierung Rumäniens habe den Nuntius und seine Beamten ausgewiesen. In der Tat trafen die drei päpstlichen Diplomaten Samstag vormittags in Wien ein; sie setzten noch abends ihre Reise nach Rom fort. Bischof OH a r a, der Ordinarius des Bistums Savannah geblieben ist und daher als Nuntius den Titel eines Regenten der Nuntiatur führt, war von Uditore Msgre. de Mestre und Sekretär Msgre. John K i r k begleitet. In der Nuntiatur von Bukarest sind lediglich die aus Bayern stammenden „Englischen Fräulein“ zurückgeblieben. Die erzwungene Abreise erfolgte so rasch, daß es nicht möglich war, die gleichzeitige Ausreise der Schwestern vorzubereiten, die nach der letzten Meldung bisher nicht behelligt wurden. Den Schutz des Gebäudes und seiner letzten Insassen hat der Schweizer Gesandte übernommen und sein Siegel am Hause angebracht.

Vor einiger Zeit leitete die kommunistische Regierung Rumäniens einen der üblichen politischen Prozesse ein,, der sechs Angeklagte, darunter einen Chauffeur der Nuntiatur, der politischen und militärischen Spionage beschuldigte, und den Vorwand liefern sollte, die Nuntiatur der Mitschuld zu bezichtigen. Selbstverständlich waren alle Angeklagten, auch der Chauffeur, „geständig“. Sein Äußeres erinnerte während des Prozeßverlaufes an das Aussehen des Kardinals Mindszenty, als er durch die bekannten Methoden um die Freiheit des Denkens und Wollens gebracht worden war. Auch der Chauf-I eur, ein wackerer und ehrenwerter Mann, zeigte nunmehr eine so tiefgehende Veränderung, daß er kaum mehr zu erkennen war. Seine „Aussagen“ entsprachen dem, was die Regierung von ihm haben wollte. Schon eine halbe Stunde nach der Verkündigung des Urteils erhielten die päpstlichen Diplomaten die Vorladung in das rumänische Außenministerium, wo ihnen erklärt wurde, der Prozeß habe gezeigt, daß sie an der politischen und militärischen Spionage mitschuldig seien, daher seien sie nunmehr „unerwünschte“ Ausländer und hätten sofort das Land zu verlassen. Vergeblich erhoben die Diplomaten Protest gegen die offenkundig konstruierte Beschuldigung. Man hörte sie gar nicht an. Kurz vorher hatte Nuntius OH a r a dem Außenministerium eine Note überreicht, die gegenüber den ausgestreuten Beschuldigungen das streng korrekte Verhalten 'der vatikanischen Vertreter in Bukarest betonte, und ernsteste Beschwerde erhob, daß die rumänische Regierung ihre Verfolgung der katholischen und unierten Bevölkerung Rumäniens bis zur Einkerkerung aller Bischöfe und kirchlichen Würdenträger getrieben hat und auch vor der Verletzung der Ehre des Heiligen Stuhles, vor den schwersten Beleidigungen der Kirche nicht zurückgescheut ist.

Es erfolgte keine Antwort des Außenministers, aber die Regierung vertrieb den Nuntius und seine Mitarbeiter aus dem Lande...

Obwohl die erzwungene Abreise der Vertreter des Heiligen Stuhles mit großer Eile betrieben wurde, um ihnen keine Zeit zu lassen, sich öffentlich zu den Vorwürfen zu äußern, die den Vorwand ihrer Vertreibung bildeten, fand sich auf dem Bukarester Bahnhof vollzählig das diplomatische Corps aller in der Stadt weilenden Gesandten der freien Staaten der ganzen Welt ein, um sich in großer Feierlichkeit von den ausgewiesenen Vertretern des Heiligen Stuhles zu verabschieden. Als sich der Zug in Bewegung setzte, geschah etwas Ungewöhnliches. Die versammelten Diplomaten bereiteten unter Hochrufen dem ausgewiesenen Nuntius und seinen Begleitern eine demonstrative Ovation. Als der Train in der ungarischen Hauptstadt einlangte, fand sich der in Budapest residierende und zugleich in Bukarest akkreditierte Gesandte Schwedens auf dem Bahnhof ein, um die päpstlichen Diplomaten zu begrüßen.

Mit der unter großem Aufsehen vollzogenen Landesverweisung des Nuntius Bischof O'H a r a und seiner Mitarbeiter wollte die rumänische Regierung den Katholiken lateinischen und unierten Ritus offenkundig die letzte Stütze nehmen. Alle Bischöfe schmachten im Kerker, der tapfere Bischof der Szekler, Msgre. Mar ton, schon seit einem Jahre. Nun sollte die letzte Stimme des Rechtes und der religiösen Freiheit zum Schweigen gebracht werden. Durch die offene Verletzung der völkerrechtlichen Regeln hat die Volksdemokratie ihr Ziel erreicht. Sie hofft nun, mit dem hirtenlosen Klerus und Volk leichter fertig zu werden. Man kann sich vorstellen, mit welch schwerem Herzen die Vertreter des Papstes das unglückliche Land verlassen mußten, dessen unterdrücktem Volk ihre tiefe Sympathie gehörte. Alle freien Völker mögen an dem Schicksal des rumänischen Volkes erfahren, welches Geschick ihrer Freiheit harrt, wenn sie in der Abwehr der kommunistischen Volksdemokratien nachlässig würden. E.

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