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Eine soziologische Mißgeburt

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Das vor einem Jahr verabschiedete Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz muß ein Jurist und Soziologe, der keine Parteibrille trägt, als verfehlt bezeichnen.

Das neue Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz legt den Dienstgebern derart schwere materielle und sonstige Verpflichtungen auf, daß selbst Familien des gehobenen Mittelstandes nicht dn der Lage sein werden, sich eine Hausgehilfin zu leisten. Nur wenige Großverdiener, wie etwa Filmstars, Modetenöre und Preisboxer wären hierzu imstande. Dazu kommt, daß das Gesetz dem Dienstgeber mehrfach geradezu entwürdigende Verpflichtungen auferlegt. So wird er deshalb, weil er sich untersteht, eine Hausgehilfin zu halten, unter Polizeiaufsicht gestellt. Das Gesetz vermeidet zwar dieses häßliche Wort, doch ist nach 24 bei jedem Einigungsamt durch das Bundesministerium für soziale Verwaltung ein Spitzelkollegium, euphemistisch Kommission genannt, zu errichten, der das Recht zusteht, jeden Haushalt, in dem eine Hausgehilfin tätig ist, zu durchschnüffeln und wegen etwaiger dabei zutage kommender Verstöße gegen die zum Teil recht verwickelten Vorschriften des Gesetzes Anzeige bei der Verwaltungsbehörde zu erstatten. Diese kann sodann wegen derartiger Verfehlungen Geldstrafen bis zu 3000 Schilling und Arrest bis zu drei Wochen verhängen ( 23). Kein selbstbewußter Staatsbürger wird sich dieser Bestimmung, die stark an den Vormärz erinnert, unterwerfen.

Durch das neue Gesetz wird also der Stand der Hausgehilfinnen nicht nur nicht gefördert, sondern nahezu zur Gänze ausgerottet werden. Diese Entwicklungstendenz liegt aber nicht im Interesse der Allgemeinheit. Man ist sich in den Kreisen der Politik und in jenen der unpolitisch betriebenen Sozialwissenschaft darüber einig, daß der Familienverband, der sich in den letzten Jahrzehnten stark gelockert hat, so verstärkt werden soll, daß die Familienwohnung nicht nur eine gemeinsame .Schlafstätte bilde, sondern für alle Familienmitglieder ein behagliches Heim darstellen solle. Einen Haushalt aber für alle seine Mitglieder behaglich zu gestalten, ist vor allem Aufgabe der Frau. Diese kann jedoch selbst bei bestem Willen in einem nicht ganz kleinen Haushalt dieses erstrebenswerte Ziel ohne Hilfskraft nicht erreichen. Die Führung des Haushaltes ist nämlich in den letzten Jahrzehnten trotz Verwendung mechanischer Hilfsmittel, wie Waschmaschine, Staubsauger und dergleichen viel schwieriger und zeitraubender geworden als sie im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts war.

Aber nicht nur vom Standpunkt der Hausfrau, sondern auch vom Standpunkt der Allgemeinheit aus gesehen erscheint es wünschenswert, daß der Stand der Hausgehilfinnen nicht ausstirbt, sondern kräftig wieder auflebt. Die jungen Mädchen, die mehrere Jahre als Hausgehilfinnen tätig waren, verwandeln sich in der Regel in einiger Zeit durch Heirat in tüchtige Hausfrauen.

„Weiße Sklavinnen“?

Der Beruf der Hausgehilfin ist durch die Schlagworte, welche die Sozialdemokratie in ihrem Machtkampf um die Jahrhundertwende erfolgreich verbreitet hatte, zu Unrecht arg in Mißkredit geraten. In völliger Verkennung der Vorteile der patriarchalischen Elemente, die das seinerzeitige Verhältnis der Hausfrauen zu den Hausgehilfinnen in sich barg, wurden diese in der sozialistischen Literatur weiße Sklavinnen genannt, die von ihren strengen Herren ihrer Freiheit beraubt, schamlos ausgebeutet und häufig auch sexuell mißbraucht wurden. Jeder in die Öffentlichkeit gedrungene Fall von schlechter Behandlung eines Dienstmädchens — so hießen damals die Hausgehilfinnen — wurde propagandistisch verallgemeinert. Gewiß gab es Hausfrauen, denen der Scheuerteufel im Leibe saß und die jede Woche ein Großräumen veranstalteten. Auch gab es gelegentlich weibliche Geizhälse, die ihren Dienstmädchen zu wenig zu essen gaben, doch waren dies, wie bei objektiver Beobachtung festgestellt werden muß, nur unrühmliche Ausnahmen. In der Regel wurden die Dienstmädchen gut gehalten, mit Arbeit nicht überlastet und ausreichend in gleicher Weise wie die Familienmitglieder verpflegt. In der überwiegenden Zahl der Fälle fühlten sich die Dienstmädchen in den Familien, in die sie aufgenommen worden waren, recht wohl. Nach längerer Dienstzeit wurden sie fast wie ein Familienmitglied behandelt und betrachteten sich auch selbst wie ein solches.

Fast in jedem Fall, der zu Gericht kam, stellte sich heraus, daß die angeblich Verführte keine „Unschuld vom Lande“, sondern ein in Liebessachen schon recht erfahrenes Personellen war.

In Kampfstellung?

Ein gesundes Wiederaufleben des Standes der Hausgehilfinnen ist nur denkbar, wenn das Dienstverhältnis nicht ausschließlich auf gesetzlichen Bestimmungen rein juristisch aufgebaut ist, sondern auch das Näherkommen von Mensch zu Mensch ermöglicht. Eine Hausgemeinschaft, die eine gefühlsmäßige Bindung nicht aufkommen läßt, wird auf die Dauer unerträglich. Das neue Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz aber überspitzt die Rechte des Dienstnehmers und die Pflichten des Dienstgebers so stark, daß es beide Seiten dazu bringt, Kampfstellung zu beziehen, was das Aufkommen wechselseitiger freundlicher Gesinnung verhindert. Wie einseitig das Gesetz für den Dienstnehmer Partei nimmt, ist schon rein äußerlich erkennbar. Die Rechte des Dienstgebers werden in zwölf Zeilen niedergelegt ( 2 Abs. 3), während die Rechte des Dienstnehmers und die Pflichten des Dienstgebers auf mehr als sechs Seiten des Bundesgesetzblattes behandelt werden. Den Hausgehilfen werden Rechte eingeräumt, die keinem Arbeitnehmer in einem anderen Dienstverhältnis, etwa als Handelsangestellter, Bank-und Versicherungsbeamter, Gutsange-

Der volle Wortlaut der Enzyklika des Heiligen Vaters

JOHANNES XXIII.

Pacem in terris als Sonderdruck der FURCHE zum Preis von S 2.— bei unserer Verwaltung:

WIEN VIII, STROZZIGASSE 8 stellten Fabrikarbeiter usw., zustehen. Diese Bevorzugung ist nicht gerechtfertigt, denn die Tätigkeit des Hausgehilfen ist weder gefährlich noch gesundheitsschädlich noch erfordert sie hochqualifizierte Kenntnisse und Fertigkeiten.

Zur Illustration für die übergebührliche Begünstigung der Dienstnehmer durch das neue Gesetz seien folgende Beispiele angeführt: Die Hausfrau muß, wenn sie eine Hausgehilfin aufnimmt, einen schriftlichen Dienstvertrag mit ihr abschließen ( 2 Abs. 1). Unterläßt eine Hausfrau diese Verpflichtung, kann sie drei Wochen eingesperrt werden ( 23). Außerdem muß sie bei der Aufnahme einer Hausgehilfin dieser eine Reihe von Belegen übergeben, deren Beschaffung durchaus nicht einfach ist. Diesbezüglich bestimmt 2 Abs. 2 folgendes: „Bei Begründung des Dienstverhältnisses hat der Dienstgeber dem Dienstnehmer eine Ausfertigung dieses Bundesgesetzes in der jeweils geltenden Fassung sowie allfällig anzuwendende Kollektivverträge oder Mindestlohn-tarife oder ein von der gesetzlichen Interessenvertretung der Dienstnehmer aufgelegtes Merkblatt über den Dienstvertrag der Hausgehilfen auszuhändigen.“

Nach 4 Abs. 1 muß die Hausfrau einer Hausgehilfin, die in den gemeinsamen Haushalt aufgenommen wurde, einen versperrbaren Kasten zur Verfügung stellen. Mit dieser Bestimmung will das Gesetz offenbar die Hausgehilfin vor Diebstählen seitens ihres Dienstgebers und seiner Familie schützen. Nun kennt aber die hiesige Kriminalgeschichte kaum einen Fall, daß eine Hausfrau oder deren Angehörige ihre Hausgehilfin bestohlen hätten. Wohl aber soll der umgekehrte Fall öfter vorgekommen sein.

Der Pensionist und die 24.000 Schilling

Wenn eine Hausfrau ihre Hausgehilfin nach ununterbrochener Dienstdauer von mindestens zehn Jahren kündigt, muß sie dieser nach 17 eine Abfertigung zahlen. Diese beläuft sich nach zehn Jahren auf das Dreifache der monatlichen Geld- und Naturalbezüge. Diese Abfertigung wächst aber bei länger währendem Dienstverhältnis rasch an und beläuft sich bereits nach 14 Dienstjahren auf das Maximum der Abfertigung, nämlich auf das Zwölffache der monatlichen Geld-und Naturalbezüge der Hausgehilfin. Diese Gesetzesbestimmung ist einer im Angestelltengesetz enthaltenen Vorschrift nachgebildet. Die Verpflichtung zur Zahlung einer Abfertigung an Handelsangestellte, die längere Zeit in einem Unternehmen tätig waren, wurde theoretisch damit begründet, daß durch die Tätigkeit des Angestellten das Unternehmen ständig an Wert gewann, der Unternehmer also bereichert wurde und von dieser Bereicherung etwas an seinen gekündigten Angestellten abgeben solle. Dieses Argument zur Begründung einer Abfertigung läßt sich auf das Dienstverhältnis von Hausgehilfen nicht heranziehen. Durch die Tätigkeit derselben werden ihre Dienstgeber nicht bereichert. Hingegen wird es nicht selten vorkommen, daß sich die Einkommensverhältnisse des Dienstgebers in einem Zeitraum von 14 Jahren dadurch verschlechtert haben, daß er bereits in Pension gehen mußte. Der Pensionist, der die lange Jahre bei ihm bedienstete Hausgehilfin kündigen muß, weil seine Bezüge nicht mehr ausreichen, für deren Geld- und Naturallohn aufzukommen, ist gezwungen, nach der derzeit geltenden Höhe der Geld- und Naturalbezüge eine Abfertigung von mindestens 24.000 S zu bezahlen. Die Erzwingung einer derartigen Leistung, die für einen Mittelständler, wenn überhaupt, nur schwer erschwinglich ist, muß als antisozial charakterisiert werden.

Übrigens wirkt sich die Verpflichtung zur Zahlung einer Abfertigung indirekt auch für die Hausgehilfinnen ungünstig aus. Wenn eine Hausfrau eine Hausgehilfin zehn Jahre oder sogar länger behält, so geschieht dies: ausschließlich aus einem patriarchalischen Motiv. Man hat das Mädchen liebgewonnen und hat es gerne um sich. Ökonomische Gründe hingegen sprechen vom Standpunkt der Hausfrau aus keinesfalls für eine allzu lange Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses, denn der Wert der Tätigkeit einer Hausgehilfin nimmt nur in den ersten Jahren zu, bleibt einige Jahre stabil und nimmt sodann zufolge des Sinkens ihrer Körperkraft rapid ab. Eine nüchtern denkende Hausfrau wird infolgedessen ihre Hausgehilfin jetzt schon vor Ablauf des neunten Dienst-jahres kündigen und diese durch eine jüngere, billigere und leistungsfähigere Kraft ersetzen. Daß eine gekündigte, alternde Hausgehilfin nur schwer einen neuen Posten erhalten wird, liegt auf der Hand.

Eine eigene Buchführung

Die gesetzlichen Bestimmungen über Arbeitszeit, Ruhepausen und Freizeit der Hausgehilfin sowie jene über Überstunden und Feiertagsentlohnung sind so kompliziert, daß eine Hausfrau, wenn sie sich korrekt an diese Vorschriften halten will, eine eigene Buchführung darüber anlegen müßte.

Während der Dienstgeber einer behördlichen Aufsicht unterworfen wird, die einer gewerberechtlichen Inspektion und sittenpolizeilichen Kontrolle gleich-zuachten ist ( 23 und 24), verpflichtet das Gesetz die Hausgehilfin nicht zur Vorlage einer amtlichen Bestätigung über ihre kriminelle und sittliche Unbescholtenheit. Kein Dienstgeber wird in seinen Familienhaushalt eine Person als Hausgehilfin aufneh men wollen, die eine abgestrafte Diebin oder gewesene Prostituierte ist. Gegen einen derartigen Fehlgriff bei der Aufnahme einer Hausgehilfin in die Hausgemeinschaft bietet bedauerlicherweise das Gesetz keinen Schutz. Überdies dient das in lg enthaltene Ver bot, in das Dienstzeugnis mehr als die Dauer und Art der Verwendung des Dienstnehmers hineinzuschreiben, zur Verdunkelung seines Vorlebens.

Zusammenfassend ergibt sich, daß das neue Hausgehilfen- und Haus angestelltengesetz so viele Mängel aufweist, daß es sich ohne eine gründliche Novellierung in der Praxis nicht be währen dürfte.

KLARSTELLUNGEN, ABER KEIN

ENDE. Vor dem Fallen des Vorhanges hat der Bundesrat in einer bemerkenswerten Debatte den Streitfall um das Etkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes noch einmal autgerollt. Die Debatte hat die Größe und zugleich die Ohnmacht unserer zweiten Kammer gezeigt. So war es also wieder einmal ein denkwürdiger Tag, an dem sich zum Beispiel die Unauf-richtigkeit so mancher feierlicher Bekenntnisse zum Föderalismus klar erwiesen hat, im Lichte der wütenden Angriffe und Schmähungen, die der Bundesrat in den letzten Tagen vor der Debatte sich hat gefallen lassen müssen. Die gleichen sozialistischen Politiker, die noch soeben die Länderrechte gegen DVP-Ministerien ausspielten, spotteten nun über die Machtlosigkeit dieser Länderkammer, die überhaupt nur ein Überbleibsel aus der Monarchie und ein Hemmschuh für die Demokratie sei. Die Debatte selbst freilich ergab, was man ohnehin wußte, daß es der Volkspartei nicht um die Rückkehr des Habsburgers, sondern um das Prinzip des lückenlosen Rechtsschutzes des einzelnen geht, und daß Professor Gschnitzer und auch der Sprecher der Steiermark zu den Mandataren gehören, die einiges von dem gutzumachen imstande wären, was der österreichische Parlamentarismus sich selbst antut. An der Sache selbst änderte das nichts. Die Grafwanderung der Koalition setzt sich fort, nach einer kurzen Pause, die man wohl nur zum Verschnaufen nützen wird.

EINE STIMME VERSTUMMTE. Durch den Tod des oberösterreichischen Politikers und Kammerfunktionärs Dr. Rudolf Reisetbauer verlor die Wirtschaft, insbesondere die Industrie Österreichs einen wertvollen, stets agilen, schöpferischen Geist, und man muß gleich hinzufügen, ebenso verlor auch der österreichische Nationalrat, bereits durch den Umstand, daf) Dr. Reisetbauer bei den letzten Wahlen nicht mehr kandidierte, einen Mann, dessen Stimme dort sehr fehlen wird. Denn Dr. Reisetbauer gehörte noch zu einer immer seltener werdenden Gattung von österreichischen Politikern, deren Wirken das Niveau einer noch so tüchtigen Interessenvertretung bei weitem überraqt. Er war ein christlicher Humanist, für den der Vorrang von Recht und Moral vor der Macht selbstverständlich war. In einer seiner letzten Reden versuchte er noch seinen Zuhörern begreiflich zu machen, daß die menschliche Solidarifät vor der Organisation rangiere, und dafj das qrößle Problem von heute nur zum Teil ein wirtschaftliches sei. Wer wird diese Stimme ersetzen?

DAS VERGESSENE SORGENKIND.

Wer erinnert sich noch an den „Rundfunk-Skandal“ von diesem Frühjahr? Die Großaktion einiger Zeitungen, die den Einzug der „Aufpasser“ beim Rundfunk und Fernsehen mit Unterschriftensammlung und Leitartikel verhindern wollten — vergessen wurde nur dabei, daf] ein Großteil der Aufpasser zu diesem Zeitpunkt ja längst schon drin saß —, hat damals die Endphase der Koalitionsverhandlungen beinahe überschattet. Das Ganze endete mit dem Wahlkampf zur Präsidentenwahl, und dann kam ja schon bald der „Fall Habsburg“! Wer hätte seither noch Zeit gehabf, an Rundfunk und Fernsehen zu denken? Und so blieb alles beim alten. Oder doch nicht? Der neue Vorsitzende der Generalversammlung der Rundfunk Ges. m. b. H., Unterrichtsminister Doktor Drimmel, gab am letzten Wochenende bekannt, wie er sich eine Sanierung des Rundfunks vorstellt. Als ersten Punkt nannte er die Entpolifi-sierung, nämlich die Abschaffung der Regierungsaufsichf über die Programmgestaltung. An Stelle der „politischen Inspiration“ soll das Infen-danturprinzip eingeführt werden, der „halbfiskalischen Monopolwirfschaff“ von heute soll eine Kommerzialisierung folgen. Gebührenregelung, Vorrangstellung für die kulturellen und volkserzieherischen Aufgaben: all das und noch mehr blieben jedoch bisher auf der Strecke des „Kampfes um die Spitze“. Alle vorgesehenen Sitzungen mufjten abgesagt werden. rnür hat man ietzt seinen „Fall Habsburg“ sowie sein Rundfunk- und

Fernsehprogramm wie gehabt — aber letztere kann man abschalten.

MISSION IM KONGO. Österreichs letztes Sanitäfskontingent ist aus dem Kongo heimgekehrt. Die Offiziere und Soldaten dieser letzten Gruppe berichteten, dafj die Dienststellen der Vereinten Nationen, aber auch die Eingeborenen die Österreicher nur höchst ungern ziehen liefjen. Vor einigen Jahren freilich sah es anders aus: Die Österreicher wurden in die Auseinandersetzung feindlicher Gruppen verwickelt und konnten nur mif Gewalt durch nigerianische UNO-Truppen wieder befreit werden. Hierzulande ist man allerdings noch nicht restlos vom Sinn des Einsatzes österreichischer Sanitäter im afrikanischen Kontinent überzeugt. Stiefj zuerst der Einsatz eines schon bereitstehenden Infanteriebataillons auf heftigen Widerstand bei den Parteien, so brachte auch die Entsendung des ersten Kontingents, in dem sich, wie erinnerlich, auch zwei Frauen befanden, Schwierigkeiten mit sich. Das Mißtrauen der Eingeborenen, die die Österreicher auf Grund ihrer Uniformen zunächst für belgische Fallschirmjäger hielten, änderte sich freilich schnell: die echte Hilfsbereitschaft und die Hingabe, mif der die Sanitäter aus Osterreich ihren Dienst versahen, ließ sie schnell heimisch werden. Und das isf gut so! Osterreich hat im Rahmen der Vereinten Nationen eine Aufgabe zu erfüllen, eine Mission, die der gar nicht so bescheidene Beitrag unseres Landes zur Linderung der Not in aller Welt sein soll.

IN SYRIEN. Wieder werden in Syrien Menschen gejagt. Diesmal sind es die Anhänger Nassers, denen ein ungewisses Schicksal droht. Ein gescheiterter Militärputsch in Damaskus bot Anlaß, alle Gegner des Regimes als Nasser-Leute zu verfolgen. Die ägyptische Presse schreibt von schrecklichen Massakern und schiebt dem syrischen Verteidigungsminister General Hafez die Schuld in die Schuhe. Der Putsch selbst verlief nach hergebrachtem Musler: Zuerst bombardierten Tiefflieger Kasernen und den Sender, dann fuhren Panzer auf und zernierten die Ausfallstraßen, .schließlrch.fwurden die Nachrichtenverbindungen unterbrochen, Als der Putsch dann im Feuer der automatischen Waffen der regierungstreuen Truppen zusammengebrochen war, folgten sofort die ersten standrechtlichen Erschießungen, über die Hintergründe des Putsches ist noch nichts bekannt. Man vermutet jedoch, daß der ehemalige, jetzf in Frankreich lebende Verteidigungsminister seinen siegreichen Konkurrenten, eben General Hafez, aus dem Satfel heben wollte. Daß die endgültige Einigung der arabischen Staaten unter des großen Nassers Führung noch keineswegs so nahe ist, wie die groß-ägypfische Propaganda immer beteuert, haf sich wieder einmal erwiesen.

DIEM LENKT EIN. Grausige Bilder aus Saigon machten in den letzten Tagen die Runde in den Blättern der Welt. Ein buddhistischer Mönch ließ sich mit Benzin übergießen und anzünden. Er verbrannte lebendigen Leibes — Demonstration gegen die Verfolgungen, denen die nichtkafho-lische Bevölkerung Südviefnams ausgesetzt ist. Ngo Dinh Diem, der katholische Präsident des Landes, das von den Vereinigten Staaten mif Geld und Militärhilfe gestützt wird, hat, wie es eine Karikatur zeigt, offenbar herausgefunden, daß sich Buddhisten leichter und gefahrloser jagen lassen als die Kommunisten. Die Verzweiflung der nichtkatholischen Bevölkerung wuchs ins unermeßliche. Friedliche Demonstrationen vor der Botschaff des Geldgebers des Regimes scheinen endlich eine gewisse Abhilfe gebracht zu haben. Präsident Diem erklärte sich bereit, den Konflikt zwischen den Konfessionen zu beenden. Daß sonst mit der gewaltsamen konfessionellen Staatsführung die Nichtkatholiken dem Kommunismus geiadezu in die Arme getrieben werden müssen, isf wohl einleuchtend. Präsident Diem, der keine Gelegenheit versäumt, seinen Glauben zu betonen, hat offenbar Johannes' XXIII. Enzyklika „Pacem in terris“ nicht gelesen ...

165 JAHRE IM DIENSTE DER VOLKSGESUNDHEIT merkur

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