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Ende oder Neubeginnen?

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Das politische Techtelmechtel der sozialistischen Führungsgruppe mit den Freiheitlichen traf viele Parteigänger aber auch Funktionäre der zweiten Regierungspartei völlig unvorbereitet. Nur so ist wohl auch jene „Überrumpelung“ auf dem Parteitag zu erklären, bei dem als einzige Stimme der Opposition die Rosa Jochmanns vernehmbar war.

Schon damals hegte die „Furche“, die stets das Ihre dazu beigetragen hat, der FPÖ nicht die Funktion des berühmten „Züngleins an der österreichischen Koalitionswaage“ zuzugestehen und die stets gewillt ist, dies gegenüber Freund und politischem Gegner auch ferner so zu halten, die Erwartung:

„Auch bei den wertvollsten Kräften des österreichischen Sozialismus dürfte eine Kombination SPÖ—FPÖ starke innere Widerstände auslösen. Gerade der Gewerkschaftsflügel, aber auch die jüngere Intelligenz haben sich in den letzten Jahren eine konsequente staatspolitische österreichische Linie erarbeitet, auf der man sich wohl mit der Mehrheit der österreichischen Katholiken aber kaum mit den späten Erben Schönerers begegnen kann.“

Das ist nun auch eingetreten. Von Woche zu Woche mehren sich die Stimmen namhafter Sozialisten, die der opportunistischen Politik ihres Parteivorsitzenden im Namen einer verantwortungsbewußten Staatspolitik entgegentreten. Von den Wortmeldungen des stellvertretenden Chefredakteurs des „Neuen Österreich“, Walter Hacker, und des Sekretärs der Gewerkschaft der Privatangestellten, Josef H i n d e 1 s, war schon die Rede („Furche“ Nr. 27). In der letzten Woche hat eine redaktionelle Stellungnahme der vom Österreichischen Gewerkschaftsbund und von der Arbeiterkammer herausgegebenen Monatsschrift „Arbeit und Wirtschaft“ einiges Aufsehen erregt. In einer eindeutigen Sprache wurde hier jeder „kleinen Koalition“, ob SPÖ-FPÖ oder ÖVP-FPÖ, eine Absage erteilt und ein Neubeginnen „im Geiste von Renner, Kunschak und Böhm“ ge fordert, wobei der österreichischen Ge werkschaftsbewegung mit Recht „ein besondere Rolle“ zuerkannt wird.

Über dieser Stellungnahme ist eini andere nicht weniger gewichtige, bei nahe überlesen worden. In der „Zu kunft“ (Nr. 14/1963) nimmt de Nestor der sozialistischen Publizistik Oscar P o 11 a k, ebenso vehemen gegen die politischen Sandkastenspiel der letzten Monate Stellung.

„In der Tat: Die gemeinsamen poli tischen Interessen zwischen SPÖ um FPÖ sind sehr gering. Da war einma beider Gegnerschaft gegen den Kleri Ualismus — aber nach der weitgehen den Aussöhnung zwischen Kirche um Sozialistischer Partei in Österreich is dies kein verbindendes Element mehr .. Demgegenüber aber stehen die Fragen die bisher nicht deutlich an die FPC gerichtet oder zumindest von ihr nie mals deutlich beantwortet wurden. Uni diese Fragen betreffen das Wesent liehe, das, was die Sozialisten seit 194.! mit der ÖVP gemeinsam hatten -nämlich Österreich.“

Auch über die Konsequenzen einer SPÖ-FPÖ-Regierung ist sich O. P. im klaren:

„Die Entnazifizierung' der FPÖ, die diese Partei regierungsfähig macht, und damit in absehbarer Zeit nichts anderes vorbereitet als eine reingewaschene Bürgerblockskoalition gegen die Sozialisten, entspricht der politischen Taktik, mag sein einer geschickten. Sie entspricht nicht, sie widerspricht den politischen Grundsätzen der Partei.“

Im selben Heft findet Oscar Pollak noch die Unterstützung des Leiters der Sozialakademie in Graz, Dr. Rupert G m o s e r, der sich mit der Demagogie der Parteiführung nicht befreunden kann.

Es gibt heute doch mehr bewußte Österreicher — rechts und links — als zu anderen Zeiten. Hinter der unansehnlich gewordenen Fassade der schwarz-roten Koalition formiert sich wieder deutlich die rotweißrote Koalition. Es ist aber auch höchste Zeit dazu.

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