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Keine Abkehr vom Föderalismus

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Im eigenen Wirkungskreis ist die Haltung der Schweiz gegenüber der EWG-Politik klar ümrissen. Natürlich wird ein vollwertiger Beitritt zum Römer Vertrag striktestens abgelehnt, weil er dem Prinzip der Neutralität widerspricht;.. Außerdem geht. 4er9Zentrąįjsn)us ,igiįl’ Dirigismus in Brüssel viel zu weit, so daß eipe ,y,erfassungsravistOR. - und Leine radikale Abkehr vom Föderalismus notwendig wären. Vor allem hält man die Preispolitik im Agrarsektor für vollkommen verfehlt, weil die Preise der Lebensmittel von Kiel bis Palermo, von Bordeaux bis Regensburg unmöglich in allen Einzelheiten auf den gleichen Nenner gebracht werden können, obwohl Brüssel jetzt eigene „Pilotenpreise” erfunden und den „Krieg um den Preis des Tilsiter Käses” mit einem wirklich perfekten Kompromiß überwunden hat, ein Vorfall, dem noch zahlreiche andere Preiskonflikte folgen dürften. Zum theoretischen Fall einer Assoziierung der Neutralen mit der EWG, die selbstverständlich die „Punktationen von Rättvik” berücksichtigen müßte, überwiegt wiederum die Meinung, die wirtschaftlichen Nachteile. einer Assoziierung jgftiUjtod größer als:: etwaige Vorteile,, die letzten . Endes mit wnern totcen Verzicht-bauf. jede selbständige Handelspolitik erkauft würden. Unter diesen Umständen fand die österreichische . These vom „kategorischen Zwang zur Assoziierung” in der benachbarten Alpenrepublik kein Echo, denn die Schweiz steht nicht nur bei den Importen schlechter als Österreich, sondern auch bei den Produktionskosten. Die Löhne, die Gehälter und die Preise der Lebensmittel sind nämlich in der Schweiz höher als in Österreich. Zuletzt werden alle Theorien von einer angeblichen Zwangslage durch Hinweise auf den österreichischen Außenhandel entkräftet, der sich tatsächlich ausgezeichnet entwickelt, wovon jedoch die Öffentliche Meinung wenig oder gar nichts erfährt. Es wäre ein großer Undank, die vorbildlichen Leistungen von Handel, Gewerbe und Industrie totzuschweigen.

Neue Exporterfolge

Nachdem das Wiener Statistische Zentralamt die genauen Daten über den Außenhandel von Jänner bis Mai veröffentlicht hat, ist es möglich, die Entwicklung des laufenden Jahres zu beurteilen (siehe Tabellen A und B zu „Tendenzen des Außenhandels 1964”). Schon auf den ersten Blick ist ein neuer Aufschwung des Zonenhandels erkennbar, wobei die Zuwachsrate bei den Exporten nach der EFTA wesentlich höher lag als bei den Importen. Vor allem bekundete Großbritannien ein lebhaftes Interesse für österreichische Waren, besonders für Kleidung und Textilien, Papier, Maschinen und Kautschukwaren, in erster Linie jedoch für Eisen und Stahl (+193 Prozent). An zweiter Stelle stand Skandinavien, wo die Exporterhöhungen bei Kleidung und Textilien anhielten, in Dänemark auch bei Kautschukwaren, in Schweden wiederum bei NE-Metallen und elektrischen Apparaten. Trotz der Diskriminierung entwickelten sich sogar die Exporte nach der EWG günstig, zuerst nach Frankreich — die Magnesitkrise ist überwunden und Maschinen erlebten einen enormen Aufschwung (+351 Prozent) — und dann nach Holland, wo der Absatz von Holz und elektrischen Apparaten eine ungewöhnliche Zunahme erfuhr. Eine Besserung beobachtete man schließlich in Belgien, das bisher vielfach vernachlässigt wurde, so daß die Fortschritte bei Maschinen (+59 Prozent) und Textilien einigermaßen überraschten. Diese Expansion sicherte den Ausgleich für den Rückfall in Italien, der durch Verluste bei lebenden Tieren verursacht, anderseits mit Hilfe einer Verdoppelung der Maschinenexporte gemildert wurde. Selbst die Exporte nach Westdeutschland haben gut abgeschnitten, besonders bei Kleidung und Textilien, Aluminium und elektrischem Strom. Zuletzt registrierte man im laufenden Jahr fühlbare Fortschritte der Exporte nach Amerika, Afrika und Australien.

Veränderung der Exportstruktur?

Zur objektiven Beurteilung unserer handelspolitischen Situation ist heute die ständige Beobachtung des „Gruppenschlüssels” notwendig, der die einzelnen Staaten nach ihrer Zugehörigkeit zu höheren Einheiten zusammenfaßt. Für den Export galt von Jänner bis Mai folgende Verteilung: EWG 49,4 Prozent, EFTA einschließlich Finnland 19,5 Prozent, Übersee 12,9 Prozent und Osteuropa einschließlich Jugoslawien 15,9 Prozent. Die restlichen 2,3 Prozent des Gesamtexportes entfielen auf einige Randgebiete des freien Europa, wie Spanien, Griechenland und die Türkei. Handelsminister Dr. Fritz Bock beklagte einmal die Einseitigkeit der Exportstruktur. Dieser Mangel wird aber nicht durch eine Zunahme des Anteils der EWG von 49,5 Prozent auf 55 bis 60 Prozent behoben, die offenbar manchen Leuten als Idealbild vorschwebt, sondern nur durch eine Erhöhung der Exporte nach den EFTA-Staaten und den fremden Kontinenten, ein Prozeß, der, gefördert durch die natürlichen Impulse des Wirtschaftslebens, schon seit längerer Zeit im Gange ist. Die Zahlen, auf die sich die österreichische Integrationspolitik ständig beruft, vermochten noch vor zwei Jahren eine gewisse Suggestion auszuüben.

Heute sind sie zum größten Teil überholt.

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