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Gewöhnung an Defizite?
Die tiefgreifenden Veränderungen im wirtschaftlichen Leben Europas, die mit dem 1. Jänner des kommenden Jahres erfolgen werden, lassen bereits jetzt erkennen, wie schwierig es sein wird, statistisch Vergleiche zu früheren Zeiträumen zu ziehen. So wird die EWG um vier Mitglieder erweitert, die EFTA praktisch zu bestehen aufhören und die nicht beitrittswilligen Staaten werden durch Freihandelsverträge an die Europäischen Gemeinschaften gebunden werden. Österreich wird diese engere Bindung bereits mit 1. Oktober dieses Jahres erhalten, wenn das Interimsabkommeh zwischen Österreich und den Gemeinschaften in Kraft treten wird.
Die tiefgreifenden Veränderungen im wirtschaftlichen Leben Europas, die mit dem 1. Jänner des kommenden Jahres erfolgen werden, lassen bereits jetzt erkennen, wie schwierig es sein wird, statistisch Vergleiche zu früheren Zeiträumen zu ziehen. So wird die EWG um vier Mitglieder erweitert, die EFTA praktisch zu bestehen aufhören und die nicht beitrittswilligen Staaten werden durch Freihandelsverträge an die Europäischen Gemeinschaften gebunden werden. Österreich wird diese engere Bindung bereits mit 1. Oktober dieses Jahres erhalten, wenn das Interimsabkommeh zwischen Österreich und den Gemeinschaften in Kraft treten wird.
Die Außenhandelsbilanz für das erste Halbjahr 1972 ist damit die letzte derartige Bilanz, die mit den früheren verglichen werden kann. Zuviel an den Bedingungen für Österreichs Handel wird sich im Laufe dieses und des nächsten Jahres ändern, um seriöse Vergleiche mit früheren Bilanzen noch zuzulassen.
Die fast 41 Milliarden Schilling, die in den ersten sechs Monaten für österreichische Exporte erzielt wurden, bedeuten zwar eine Steigerung der Ausfuhren um 7,2 Prozent, dennoch liegen die Einfuhren nach wie vor höher. Mit knapp mehr als 56 Milliarden Schilling und damit einer Zunahme um 10,1 Prozent liegen die Importe im ersten Halbjahr um 15,2 Milliarden über den Exporten. Das Außenhandelspassivum ist damit gegenüber dem ersten Halbjahr 1971 um 18,7 Prozent gestiegen. Den weitaus größten Anteil an den österreichischen Exporten hat bereits jetzt der EWG-RAum mit fast 40 Prozent der Gesamtexporte erobert. Der Anteil der EWG-Exporte hat heuer erstmals nach Jahren eines kontinuierlichen Rückganges wieder geringfügig zugenommen. Zweitwichtigster Exportraum für Österreichs Wirtschaft war bisher der Raum der Europäischen Freihandelszone EFTA: Mehr als 29 Prozent der österreichischen Gesamtexporte flössen in die EFTA-Länder. Der Anteil der Exporte in die Oststaaten lag in den ersten beiden Quartalen nur noch knapp über der 8-Prozent-Marke.
Die österreichischen Lieferungen in die EWG sind heuer um mehr als zehn Prozent, und damit deutlich stärker als der Durchschnitt, gestiegen. Lediglich die Exporte nach den Benelux-Staaten haben die Durchschnittswerte nicht erreicht. Die stärkste Zunahme verzeichneten, wohl zum letzten Mal, die österreichischen Lieferungen in die EFTA-Staaten, mit einem Zuwachs um 14 Prozent. Vor allem die österreichischen Exporte nach Großbritannien und der Schweiz haben kräftig zugenommen, während die Lieferungen in die skandinavischen Länder unter dem Durchschnitt lagen.
Rückschlag im Osthandel
Die Ausfuhren in die Staaten Osteuropas mußten hingegen einen Rückschlag hinnehmen: mit 6,4 Prozent sind sie beträchtlich zurückgegangen. Die Tendenz zeigte sich auch bei den Ausfuhren nach Jugoslawien, die heuer um ein Viertel geringer waren, als im ersten Halbjahr 1971.
Wie auf der Ausfuhrseite war auch bei den Importen die Gemeinschaft der Sechs Österreichs wichtigster Handelspartner: Mehr als die Hälfte der österreichischen Importe, genau 57,7 Prozent, kamen in der ersten Jahreshälfte aus der EWG. Deutlich darunter liegen die Einfuhren aus der EFTA, die etwas mehr als 19 Prozent der Gesamtimporte ausmachten. Etwas mehr als 8 Prozent der österreichischen Importe kommen aus den osteuropäischen Staaten.
Die Importe aus der EWG haben mit einer Steigerungsrate von 13,4 Prozent kräftiger zugenommen, als die EFTA-Impcrte, die nur eine Steigerung von 9,2 Prozent verzeichnen konnten. Die Importe aus dem Ostblock und Jugoslawien sind um 2,2 Prozent zurückgegangen.
Stabil zeigte sich der österreichische Handelsverkehr mit den außereuropäischen Ländern, wobei die Vereinigten Staaten nicht nur der größte Abnehmer österreichischer Waren, sondern auch der bedeutendste Lieferant von Importen waren.
Ausfuhrerfolge konnte die österreichische Nahrungsmittelindustrie verbuchen, ferner konnten mehr Getränke und Möbel abgesetzt werden. Eisen- und Stahlexporte sind hingegen ebenso wie jene von Metallwaren und Nichteisenmetallen zurückgegangen. Bei den Einfuhren hat sich vor allem ein erhöhter Bedarf an elektrischen Maschinen, Apparaten und Geräten gezeigt. Verkehrsmittel, Metallprodukte sowie Kleidung und Pelzwaren wurden ebenfalls mehr importiert als im Vorjahr.
Ob die zum Teil guten Erfolge bei den Exporten die stark gestiegenen Außenhandelsbilanzdefizite und die Rückschläge im Osthandel allerdings kompensieren können, das bleibt angesichts des vorliegenden Zahlenmaterials mehr als fraglich. Handelsminister Staribacher, der erst unlängst von einem übertriebenen Pessimismus der österreichischen Journalisten — was die Wirtschaftsentwicklung anlange —, sprach, scheint die Außenhandelsbilanz positiv zu beurteilen. Nach steigenden Lebenshaltungskosten scheint man sich in Österreich auch an das steigende Außenhandelsdefizit bereits zu gewöhnen.
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