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„Die Bernauerin“ und die „Musici di Roma“

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Am letzten Abend der Jubiläumswoche wurde in der Volksoper Carl Orffs „Bernauerin“ gespielt, die hier bereits vor drei Jahren ihre Erstaufführung erlebte (1. Februar 1955). Der Referent kann, trotz des festlichen Anlasses, sein damals abgegebenes (negatives) Urteil nicht revidieren. Das künstliche und verschrobene Altbayrisch, die primitive Handlung im Stil des Laienspiels und die noch primitivere Musik, die, wie meist bei Orff, aus Motivwiederholungen besteht und wie mit dem Gummistempel hingesetzt wirkt, die artistischen Derbheiten und das brutale Lossteuern auf Wirkung um jeden Preis: dies alles läßt es fraglich erscheinen, ob der große Aufwand sich lohnt beziehungsweise sich seinerzeit gelohnt hat. Die von Heinrich H o 11 r e i s e r musikalisch geleitete Aufführung freilich, mit Käthe Gold und Fred L i e w e h r in den Hauptrollen, mit Murray Dickie und Christiane Sorell in Solopartien, mit Chor und Sprechchor, ließ kaum einen Wunsch offen. Höchstens den, daß man diesem großen und leistungsfähigem Ensemble künftig lohnendere Aufgaben auf dem Gebiet des zeitgenössischen Musiktheaters stellt.

Die „M u s i c i d i Roma“ sind ein aus zwölf Spielern bestehendes Streicherensemble, dessen einzelne Mitglieder kaum mehr als 30 Jahre alt sind und das von einer jungen Dame komplettiert wird, die abwechselnd am Klavier, am Cembalo oder vor den Pauken sitzt (Maria Teresa Gatti, ein Universaltalent!). Die Musici spielten alte Italiener: Corelli, Vivaldi und Boccherini — und Mozart (Serenata notturna). Und zwar spielen sie ohne Dirigenten, aber mit ausgezeichneten Solisten, die, wenn sie ihren Part absolviert haben, wieder im Halbkreis vor ihren Pulten Platz nehmen, als sei nichts gewesen. Dabei produzierte Bruno Giuranna auf seiner Viola d'amore in der Kadenz des a-moll-Konzertes von Vivaldi wahre Klangzauberspiele, und Enzio Alto-belli spielte das Cellokonzert von Boccherini vielleicht mit etwas zu romantischem Ton und Ausdruck, aber technisch perfekt. — Die jungen römischen Musiker spielen nicht nur gut, sondern auch mit einem Enthusiasmus, der sich zwangsläufig auf das Publikum überträgt. Der Beifall war dementsprechend.

Helmut A. Fiechtner

Die aus Warschau kommende Geigerin Wanda W i 1 k o m i r s k a ist uns keine Fremde mehr. Zweimal gastierte sie mit ansehnlichem Erfolg, und man sagte ihr mit Recht bei ihrem Debüt eine bedeutende Karriere voraus. Aber anscheinend sind bei uns Künstler, die auf Mätzchen verzichten und ganz aus dem Innern musizieren, wenig gefragt; sonst hätte es nicht' sein können, daß der Abend im Brahms-Saal des Wiener Musikvereins nur mäßig besucht war. Die junge und sympathische Geigerin, welche in den Mittelpunkt ihres Programms zwei anspruchsvolle neue Werke stellte (Hindemith: Sonate für Violine solo, op. 31, Nr. 2; Prokofieff: Solosonate, op. 115), verfügt über eine ausgezeichnete Technik, die nirgend“: zum Selbstzweck wird, hat Temperament, dessen Feuer einer klugen Kontrolle unterworfen bleibt, eine sichere Bogenführung und vor allem einen zauberhaften Ton. Sehr beachtlich, daß von der deutschen Klassik, besonders von Beethovens Sonate in F (der „Frühlingssonate“), ein frischer Wind von Unkonventionalität ausging. Hierzu trug auch ihr aufmerksamer Begleiter am Klavier, Alfred Kremela, bei.

Das Kammerorchester der Konzerthausgesellschaft unter Paul A n g e r e r mußte infolge Erkrankung von Frau Hilde Rössel-Majdan das Programm ändern. So verlegte sich der Schwerpunkt des gleichfalls schwach besuchten Konzerts auf das liebliche, von italienischem Licht durchstrahlte C o n-c e r t o in B, op. 7, Nr. 6, von Henrico A 1 b i-Castro, der eigentlich Heinrich Weißenburg von Binswang heißt, und auf das Concertino für Klavier und Orchester aus dem Jahre 1924 von Arthur H o n e g g e r, ein mit Jazzelementen ge-, würztes, in Thematik und Durchführung interessantes Stück. Das Ereignis des Abends aber hieß Mar-grit Weber. Wie sie den — freilich nicht übermäßig schweren — Klavierpart spielte, war wirklich hörenswert und verdiente den starken Beifall des Publikums.

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