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Auf der Suche nach dem besten Nachfolger

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In den Vatikanischen Grotten ruht bei seinen Vorgängern Johannes XXIII. und Paul VI. Albino Luciani, der als 264. Papst die Namen seiner Vorgänger angenommen hatte, um sich zu ihrer kirchenpolitischen Linie zu bekennen. In sein Grab nahm er das Geheimnis seines tragischen Todes mit. In diesen Tagen sprachen nur wenige von der Tragödie, die sich im Innern dieses „lächelnden Papstes“ abgespielt haben muß. Sein Freund, Kardinal Pericle Felici, wies in einer Predigt daraufhin: am 3. September, kurz vor Beginn der Feier zur Amtseinführung, begrüßte ihn der Kardinal mit der liturgischen Formel „Der Herr möge ihn auf dieser Erde glücklich machen!“ Darauf antwortete Johannes Paul I. weniger liturgisch: „Ja, glücklich nach außen hin. Wenn Sie aber wüßten, wie es in meinem Innern aussieht!“

Die oberste und letzte Verantwor-

tung in der katholischen Kirche liegt bis zur Wahl des neuen Papstes beim Kardinalskollegium. Der erstaunlich rüstige 85jährige Kardinal Carlo Con-falonieri hat als Dekan eine Stellung inne, welche mit der des Bundespräsidenten, Kardinal Jean Villot als Camerlengo eine, die der des Bundeskanzlers vergleichbar ist. Das Kollegium der Kardinäle hat - wenn man diesen gewagten Vergleich fortführen will - die Rolle des Parlaments.

Entsprechend der 1975 erlassenen Konklaveordnung wurden inzwischen drei Kommissionen gebildet. Die erste befaßt sich mit unaufschiebbaren Angelegenheiten der Kirche von untergeordneter Bedeutung. Sie soll die Arbeiten der Kongregation der Kardinäle, die fast täglich zusammentritt, entlasten. Die zweite, zu der auch Kardinal König gehört, hat festzustellen, wer außer den wahlberechtigten Kardinälen mit ins Konklave einziehen darf.

Die dritte Kommission schließlich ist für die Abgrenzung und Vorbereitung des Konklavebezirks zuständig. Sie verteilt auch die Zimmer, wobei das Los entscheidet. Glück hat, wer das Schlafzimmer im leerstehenden Appartement eines früheren Kardinalsstaatssekretärs erhält. Weniger begünstigt ist, wessen Stahlrohrbett in einem mit großartigen Fresken bemalten Saal steht. Pech hat, wer einen engen Büroraum zugeteilt bekommt.

Am 14. Oktober werden voraussichtlich 110 der 112 wahlberechtigten Kardinäle ins Konklave einziehen. Krankheitshalber fehlen der polnische Kardinal Boleslaw Filipiak und der französische Kardinal Jean Guyot, Erzbischof von Toulouse. Die Konklaveordnung definiert das Konklave als einen „fest umschriebenen Ort, sozusagen eine Stätte religiöser Einkehr, wo die wahlberechtigten Kardinäle nach Anrufung des Heiligen Geistes den Papst wählen ...“ Die starke Betonung der religiösen Dimension erklärt auch, warum man auf die Sixtinische Kapelle als Hauptort des Konklave nicht verzichten wollte, obwohl erst seit 1878 Päpste dort in ununterbroche-

ner Reihenfolge gewählt werden. In den vergangenen Tagen wurden Überlegungen laut, das Konklave in ein Ordenshaus oder gar in ein Hotel zu verlegen.

Ähnlich wie vor zwei Monaten wird in den italienischen Zeitungen ein ebenso phantasievolles wie wechselvolles Bild der „rosa dei papabili“ entworfen und ähnlich wie damals zeigen sich auch diesmal in diesem Spiel wieder verschiedene Kirchen-, Partei- und gesellschaftspolitische Gruppeninteressen. Aus den Reihen der Kardinäle wird mit erstaunlicher Einmütigkeit der Ruf nach einem Seelsorger-Papst laut, der die kirchenpolitische Grundlinie seiner drei Vorgänger fortsetzen soll. Man wird in der Vermutung nicht fehlgehen, daß man im kommenden Konklave stärker darauf achten wird, ob und inwieweit ein Papstkandidat zugleich ein Mann des kirchlichen Managements ist: ein Papst, sosehr er auch Seelsorger ist, muß nun einmal mit dem Apparat der Römischen Kurie regieren. Er mag ihn verändern, er muß aber grundsätzlich ein positives Verhältnis zu ihm haben.

Wie falsch es ist, Seelsorge und Kurie gegeneinander zu stellen, zeigt das Beispiel des Florentiner Erzbischofs Giovanni Benelli, der, von der päpstlichen Diplomatie herkommend, über zehn Jahre als Substitut im Staatssekretariat arbeitete und gegenwärtig einen ausgezeichneten Ruf als Seelsorger genießt. Diesmal wird man kritischer fragen, ob ein frommer, spiritueller Papstkandidat auch ein Mann der harten Regierungsgeschäfte ist. Sicher, niemand will einen Despoten, aber sinnvoll, wirksam und weitblickend zu regieren, verlangt nun einmal Zielstrebigkeit, Standfestigkeit, Durchsetzungsvermögen und gegebenenfalls Mut zu langen und harten Auseinandersetzungen. Schließlich wird auch die Frage nach der Gesundheit des Papstes stärkeres Gewicht erhalten, wenngleich man nicht mit einem Elektrokardiogramm ins Konklave einziehen wird, wie der Erzbischof von Rennes, Kardinal Paul Gouyon, in diesen Tagen meinte.

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