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Aus dem Konzertsaal

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Quasi als Epilog zu den Schütz-Gedenkfeiern anläßlich der 300. Wiederkehr des Todestages des Meisters kam in der Dorotheerkirche ein Konzert der Bachgemeinde mit der „Weihnachts-Historie“ von Schütz und seinem deutschen und lateinischen „Magnificat“ zustande, das in Gerhard Kramer einen gerade für diese, manchmal dramatisch angehauchte Musik einen besonders aufgeschlossenen und kenntnisreichen Dirigenten hatte. Für den sakralen Aufführungsraum erwies sich die kleine Besetzung des „Convivium musicum vindobonense“ und des Bachgemeinde-Chores sehr geeignet; dadurch kam die stilistisch unterschiedliche Ausrichtung der Schütz-schen Werke durch Karl Richter einerseits und Gerhard Kramer anderseits sehr stark zur Geltung, indem der Letztgenannte sich an eine kompromißlos-unromantische Auffassung der Arbeiten des großen Bach-Vorgängers hielt. Sparsam angewendete Agogik bei den Chören und ein durch wenig merkliche Retardierung aufrecht erhaltener Fluß der Arien waren zu beobachten. — Das Programm wurde durch Samuel Scheidts Motette „In dulci jubilo“ ergänzt, in welcher der Komponist die strenge kontrapunktliche Kunst der Niederländer vorausnimmt. Das auf alten Instrumenten musizierende Orchester, der sauber intonierende Chor und Johann Sonnleitner am Cembalo erbrachten durchaus erfreuliche Leistungen. Im Solistenquartett, das zum Erfolg der Aufführung wesentlich beitrug, fiel der warme, leuchtkräftige Sopran Gundi Klebels besonders auf, hohe Musikalität ist den Herren Luka-sovsky, Breitschopf und Guthrie nachzurühmen.

Sehr anerkennenswert ist die Rührigkeit der „Musikalischen Jugend“ hinsichtlich der von ihr arrangierten Konzerte, aber auch deren zeitweilig von ihr selbst vorgenommenen Aufführungen. Das hat der letzte Abend im Großen Musikvereinssaal wieder bewiesen, in dem sich der „Wiener Jeunesse-Chor“ und die „Tonkünst-ler“ in einem auf die Adventszeit abgestimmten Programm vereinigten. Die ältere Musik war vertreten mit einer Motette Gabrielis, ferner mit Monteverdis „Magnificat“, das sowohl homo- als auch polyphone Abschnitte und reiche solistische Auszierungen enthält, schließlich mit Schütz' 24. Psalm, der besonders durch seine massiven Einsätze von Instrumental- und Vokalblöcken wirkt. Die Gegenwart vertrat Stro-winsky mit seinen „Kanonischen Veränderungen über das Weihnachts-lied ,Vom Himmel hoch'“ ein. Hier kam der Komponist, nachdem er früher manche andere von ihm gepflegte „... ismen“ durchlaufen hatte, zur Dodekaphonik, doch zog es ihn stellenweise auch zur Neoklassik hin. Zum Abschluß hörte man Bernsteins „Chichester Psalms“, ein in seinen drei Teilen sehr unterschiedliches, jedenfalls aber interessantes Werk. Im ersten Abschnitt von dröhnendem Schlagwerkerlärm erfüllt, ist der zweite einem sehr kantabel gehaltenen Solo für eine Knabenstimme vorbehalten, der dritte bringt breite, gut erfundene Melodiestellen für Chor und Orchester. Unter den durch wegs sehr musikalischen Solisten ragten die Soprane Klebel und Thorn sowie der japanische Tenor Hase-gawa hervor. — Günther Theuring erwies sich als ein durch präzise Zeichengebung und durch sein Eingehen auf die stilistischen Eigenheiten der einzelnen Werke Auszeichnung verdienender Dirigent. *

Der aus Lima stammende, auch in Wien sehr bekannte lyrische Operntenor Luigi Alva gab auf Einladung der „österreichischen musikalischen Jugend“ einen Liederabend im Brahmssaal, in welchem er, fast nur in italienischer Sprache, Gesänge von Beethoven, Schubert und Mozart, aber auch von Rossini, Verdi und seinen Landsleuten de Silva und de Morales vortrug. Die Ausführung dieses bunten Programmes ließ erkennen, daß Alva wohl als ein schätzenswerter Opernsänger, aber weit weniger als guter Liedinterpret einzustufen ist. Es kommt ihm nicht darauf an, den Inhalt eines Liedes, also sowohl die Erfassung des Gedichtes als auch dessen Einbindung und Umsetzung in Musik, gefühlsmäßig auszuschöpfen, sondern er benützt die Komposition vor allem dazu, sie als eine mit Text versehene Vokalise „auf schön zu singen“ und „aufzupolieren“. Besser als bei Beethoven und Schubert kam er bei Rossini und den peruanischen Komponisten zu Rande. Technisch ist der Sänger, sieht man von einer etwas engen Höhe ab, gut gerüstet und besticht durch ein tragfähiges Piano, mit dem er allerdings zu stark kokettiert. Für den in Aussicht genommenen Begleiter, Frieder Meschwitz, sprang Heinz Medjimorec ein und bewährte sich als ausgezeichneter, mitfühlender Sängerpartner, der sich in den Gefilden peruanischer Musik mit ihren markanten Rhythmen bestens zurechtfand.

Mit dem international bekannten Janöcek-Streic7iquartett gab es ein freudiges Wiedersehen bei seinem Konzert im Mozartsaal. Mit dem ausgezeichneten Jiri Travnicek an der Spitze absolvierten die auswendig spielenden Künstler, die Herren Sykora, Kratochvil und Krafka, ein Programm, als dessen Gipfelpunkt in der Ausführung das Beethoven-Quartett Es-Dur, op. 74, mit seinem wundervollen Adagio angesehen werden kann. Haydns in D-Dur stehendes Opus 76, Nr. 5, erfuhr eine geradezu subtile Wiedergabe, und es war schwer zu entscheiden, ob das herrliche Fis-Dur-Largo oder ein anderer Satz als das Schönste des Werkes gelten kann. Daß sich die vier Künstler mit besonderer Liebe des Streichquartetts Nr. 1 ihres Namenspatrons annahmen, braucht nicht speziell gesagt zu werden. Es handelt sich um ein Werk des großen mährischen Komponisten Janäoek, in welchem impressionistische Klangfarben mit reichem Melos wetteifern.

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