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Einig nur in Frauenfragen

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Im Schatten der weltpolitischen Spannungen ging kürzlich die UNO- Weltfrauenkonferenz in Kopenhagen über die Bühne (siehe auch Seite 7). Einige Staaten waren dort sogar durch Männer vertreten. Demgegenüber sind die Frauen Österreichs in einer besseren Situation. Trotzdem ist das für Politikerinnen hierzulande kein Grund zur Zufriedenheit.

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Im Schatten der weltpolitischen Spannungen ging kürzlich die UNO- Weltfrauenkonferenz in Kopenhagen über die Bühne (siehe auch Seite 7). Einige Staaten waren dort sogar durch Männer vertreten. Demgegenüber sind die Frauen Österreichs in einer besseren Situation. Trotzdem ist das für Politikerinnen hierzulande kein Grund zur Zufriedenheit.

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„Wir werden den langen Marsch durch die Institutionen fortsetzen". Mit Ausnahme von wenigen Radikalfe-ministinnen peilt das weibliche Geschlecht der Alpenrepublik keine Frauenpartei an. Die im September vergangenen Jahres in der BRD vollzogene Gründung bleibt ohne Nachahmung.

„Wir befinden uns immer noch in der Umbruchphase, wir wollen aber die Integration", wehrt sich ÖVP-Frauen-generalsekretärin Marilies Flemming vehement gegen solche Ideen.

Und sie trifft sich mit der parteiunabhängigen Atomkraftgegnerin Freda Meissner-Blau ebenso wie - in seltener Einigkeit - mit ihrer politischen Gegenspielerin, SPÖ-Staatssekretärin Johanna Dohnal.

Mit den parteiübergreifenden Forderungen in spezifischen, Frauenfragen -wie etwa: „Mehr Frauen in leitende Positionen" oder „Gleiches Gehalt bei gleicher Leistung" - erschöpft sich dann schon die Gemeinsamkeit der weiblichen SPÖ-ÖVP-Achse.

„Am ehesten werden sich Frauen über Frauenfragen einig. Je weiter sie in die Politik verstrickt sind, zeigen sich deutlich die unterschiedlichen Ideologien", ist Irene Dyk, oberösterreichische Soziologin und ÖVP-Landtagsab-geordnete, enttäuscht von der Politrea-lität. „Ich bin mit viel größeren Erwartungen in die Zusammenarbeit hineingegangen, als ich sie jetzt habe".

Weder in der Atomfrage noch in der Problematik der Fristenlösung gibt es gemeinsame Frauenwege. Auch die Vorstellungen etwa in Sachen Arbeitszeitverkürzung differieren je nach parteipolitischem Grundsatz.

Während Staatssekretärin Dohnal die Forderung nach kürzerer Tagesarbeitszeit für Mann und Frau mit jener nach Berufstätigkeit aller Frauen koppelt, macht sich Flemming für die prinzipielle Wahlfreiheit stark, und kann nur in der Regelung der Arbeitszeitverkürzung mit der Sozialistin gehen.

Freilich haben es Parteifrauen schwer. Müssen sie doch ihre Anliegen auf zwei - oft divergierende - Aspekte abklopfen: das Parteiprogramm und die geschlechtsspezifischen Interessen.

Zudem ist die Beeinflußung durch die männlichen Parteikollegen - in der Hierarchie meist höhergestellt - nicht vollends ausgeräumt. Staatssekretärin Dohnal wehrt sich zwar gegen angepaßtes Verhalten, dennoch muß sie einbekennen, dies „als Taktik anzuwenden. Ich bin in der Frage, wie man etwas sagt, fürs Anpassen. Man darf aber dieses Verhalten nicht verinnerlichen".

Die ÖVP-Damen Dyk und Flemming empfinden das Verhältnis zu ihren Parteimännern als eher ungestört", trotzdem bereitet ihnen gerade die jüngste Parteireform einiges Kopfzerbrechen.

Immerhin hatten bislang die Frauen als eine der sechs Teilorganisationen laut Statut einen Parteiobmann-Stell-vertreter. Seitdem diese obligatorischen Posten gestrichen sind, „müssen wir sehr aufpassen, daß unsere Frauen nicht hinausfliegen", ist Flemming für die Zukunft auf der Hut. Sie zeigt sich jedoch optimistisch und verweist auf das Versprechen von Parteiobmann Alois Mock, sich persönlich für das Verbleiben beziehungsweise für den Zuwachs an Frauen in allen Gremien einzusetzen.

Überdies beruhigten die Ergebnisse

von Gemeinderatswahlen die Gemüter: „Die Entwicklung läuft doch so, wie Mock es wünscht" (Flemming).

Allerdings wollen die Frauen die Medien zu Hilfe rufen: „Wir werden uns nicht mehr scheuen, an die Öffentlichkeit zu gehen."

Die streitbare Autonomistin Meissner-Blau dazu: „Der Spielraum ist sehr klein". Dann drängt sie vorwärts: „Wir müssen ungeduldiger werden. Wenn wir uns immer nur mit artig-sein und Wohlverhalten begnügen, kommen wir zu langsam weiter..."

passen als Taktik Foto: Kern

Soziologin Dyk wiederum schlägt sich mit dem Nachwuchs-Problem herum. Neben den Negativ-Tatsachen, daß

• es zu wenig „g'standene" Parteifrauen

• zu wenig weibliche Vertreter in den Berufsgruppen gibt und

• die Akademikerinnen keine große Freude mit der Politik haben, empfindet es Frau Dyk als besonders bedrückend, daß sich so wenig Frauen mit anderen politischen Sachthemen beschäftigen: „Es hindert sie ja niemand, sich etwa mit Fragen des Budgets, der Raumordnung auseinanderzusetzen". Und sie bedauert, eine „gewisse Bequemlichkeit" feststellen zu müssen.

Unabhängig davon sei es überhaupt 'schwierig, „interessierte und engagierte Frauen zu rekrutieren".

Abseits von parteipolitischen Zwängen wurde von der Frauenabteilung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung aus Anlaß der UNO-Dekade der Frau (1976 - 1985) ein Katalog von österreichischen Maßnahmen erstellt.

Eine dreifache Zielsetzung liegt dem Weltaktionsplan der Vereinten Nationen zugrunde.

• Gleichstellung von Mann und Frau in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens,

• Integrierung der Frau in alle Ent-wicklungs- und EntScheidungsprozesse.

• Förderung der internationalen Zusammenarbeit und Beitragsleistung der Frau zum Weltfrieden.

Das Forum erarbeitete Maßnahmen und Forderungen für alle Lebensbereiche: Von der internationalen Zusammenarbeit Uber Massenmedien, Bildung, zu Infrastruktur und Rechtswesen.

Ein eigenes Nachschlagewerk für Frauenfragen, das die Vielschichtigkeit der „größten gesellschaftlichen Kraft, die es bislang gegeben hat" (Meissner-Blau) widerspiegelt, soll als politischer Leitfaden zur Realisierung längerfristiger Konzepte dienen.

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