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Entwicklungsländer: Partner nicht Gegner

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In den meisten Industrieländern erhöhte sich während der siebziger Jahre der Druck, die Produktionsstrukturen an veränderte Bedingungen anzupassen: Technischer Fortschritt, Veränderungen der Nachfrage, Verschiebungen in den traditionellen Außenhandelsbeziehungen, sowie Preissteigerungen bei wichtigen Rohstoffen und Energieträgern sind einige der wesentlichsten Gründe.

Besonders deutlich wurden manche der Strukturprobleme durch das verlangsamte Wirtschaftswachstum.

In einigen Industrieländern wurde versucht, den Anpassungsdruck, der sich aus den veränderten Außenhandelsbeziehungen ergab, mit protektionistischen Maßnahmen abzuschwächen.

Nichttarifäre Handelshemmnisse und verstärkte Subventionierung einheimischer Produktionszweige sollten die kurzfristig auftretenden wirtschaftlichen ünd sozialen Kosten einer Anpassung vermeiden, bzw. sie so niedrig wie möglich halten.

Es kann jedoch langfristig für die Industrieländer nicht vorteilhaft sein, an allen Produktionen, die wegen der erwähnten Faktoren nicht mehr wirtschaftlich sind, festzuhalten.

International gewinnt nun die Verlagerung industrieller Produktionen, die einerseits in Industrieländern nicht mehr wettbewerbsfähig sind und andererseits in den Entwicklungsländern eine bessere Ausnutzung der Ressourcen mit sich bringen könnte, an Bedeutung. Vorteile für die Industrieländer sind:

• Das Ausscheiden nicht mehr wettbewerbsfähiger Produktionssparten wird gefördert,

• die Chancen, Investitionsgüter in die Entwicklungsländer zu exportieren erhöhen sich und

• die realen Einkommen könnten durch die Importe billigerer Fertigwaren aus Entwicklungsländern gesteigert werden.

Die Entwicklungsländer wiederum profitieren vor allem durch:

• Produktionsmöglichkeiten, die die Versorgung des Inlandsmarktes verbessern,

• die Förderung ihrer Industrialisierungsanstrengungen (zusätzliche Arbeitsplätze und Ausbildungsstellen bedeuten Einkommens- und Wohlfahrtssteigerungen) und

• eine Intensivierung der Exporte, die zur Verbesserung ihrer Handelsbilanzsituation beitragen.

Gegen Produktionsverlagerungen sprechen hauptsächlich der - besonders in Rezessionszeiten schwerwiegende - Vorwurf des Exports von Arbeitsplätzen und manche,negative Erfahrungen, die bei der Errichtung industrieller Anlagen in Entwicklungsländern gemacht wurden.

Dem Argument, es werden Arbeitsplätze verloren, muß folgendes entgegengehalten werden: Der den Importen aus Entwicklungsländern zuschreibbare Arbeitsplatzverlust macht bisher nur einen Bruchteil jener Arbeitsplätze aus, die (vor allem in den Investiti'ons- güterindustrien) durch den verstärkten Export in die Entwicklungsländer geschaffen wurden.

Während die Verluste von Arbeitsplätzen sich meist auf wenige Branchen und Regionen und eher unqualifizierte Arbeitnehmergruppen konzentrierten, waren die positiven Effekte regional und branchenmäßig gleichmäßig verteilt und betrafen eher überdurchschnittlich qualifizierte Arbeitsplätze.

In manchen Entwicklungsländern wurde die Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse der Bevölkerung zu Gunsten einer übertriebenen Industrialisierung vernachlässigt. Ein weiterer Fehler war, daß zu häufig kapital- und energieintensive und hochtechnisierte Großprojekte in Angriff genommen wurden, die nicht den lokalen Gegebenheiten entsprachen.

In der Zukunft wird die Ausrichtung des Industrialisierungsprozesses an den jeweiligen Bedürfnissen und die Anwendung angepaßter Technologien an Bedeutung gewinnen.

Es entsteht der Eindruck, daß Produktionsverlagerungen aus Österreich mit gutem Erfolg durchgeführt werden könnten. Entsprechende Untersuchungen zeigen jedoch, daß (der vielfach vorhandenen Bereitschaft zahlreiche Hindernisse entgegenstehen.

Der Großteil möglicher Verlagerungen würde in den Bereich der klein- und mittelbetrieblich organisierten Unternehmen fallen. Die aus solchen Unternehmen zu verlagernden Technologien hätten den Vorteil, daß sie flexibel sind und leicht an die lokalen Verhältnisse in Entwicklungsländern anzupassen sind.

Auch wären sie arbeitsintensiver, weniger kapitalintensiv und wahrscheinlich auch nicht so extrem exportorientiert wie die meisten Großtechnologien. Somit könnten sie - einen zwar bescheidenen - jedoch positiven Beitrag im Industrialisierungsprozeß der Entwicklungsländer leisten.

Den meisten österreichischen Klein- und Mittelbetrieben fehlen jedoch die wichtigsten Voraussetzungen, um international tätig zu werden: entsprechende Erfahrung und Information, Planu ngs- und Organisationskapazität, Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten, Lobby etc.

In einigen europäischen Industrieländern gibt es bereits Institutionen, die diese Nachteile ausgleichen und Produktionsverlagerungen kleiner, und mittlerer Betriebe in Entwicklungsländer unterstützen, bzw. fördern.

Abgesehen von politischen und fiskalischen Maßnahmen bieten spezielle Fonds und projektorientierte Informationsdienste, die meist auf Initiative öffentlicher Stellen, Interessensvertretungen sowie Banken errichtet wurden, verlagerungswilligen Unternehmen ihre Unterstützung an.

Auch in Österreich scheint es sinnvoll zu sein - über die bestehenden Instrumente hinaus (Exportgarantien, Starthilfe-Kredit etc.) eine ähnliche Einrichtung zu schaffen, die projektorientiert die Kooperation österreichischer (Klein- und Mittel-) Betriebe und entsprechender Stellen in Entwicklungsländern fördert.

Sie sollte Informationen liefern, Kontakte herstellen, Verhandlungen unterstützen, Consulting- und Engineering-Aufgaben (Feasibility-Studien) wahrnehmen, den Zugang zu günstigen Finanzierungsmöglichkeiten erleichtern und Kontrollfunktionen durchführen. Gelänge es einer derartigen Institution, das in Österreich zweifellos vorhandene Verlagerungspotential - wenn auch nur zu einem Teil-zu mobilisieren, wäre ein wichtiger Schritt zum verstärkten Engagement Österreichs in der internationalen Arbeitsteilung getan.

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