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Rhodesien: Marxist mit Colt und Bibel

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Robert Mugabe, der 55jährige dunkelhäutige katholische Klosterschüler, der sich selbst als Marxist bezeichnet und Motor eines erbarmungslosen siebenjährigen Buschkrieges war, der 20.000 schwarze und weiße Rhodesier das Leben kostete, ist der unbestrittene Ministerpräsident der Republik Simbabwe (früher Rhodesien). Sein überraschend hoher Wahlsieg hat einen Schock auf der einen und große Erwartungen auf der anderen Seite ausgelöst.

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Robert Mugabe, der 55jährige dunkelhäutige katholische Klosterschüler, der sich selbst als Marxist bezeichnet und Motor eines erbarmungslosen siebenjährigen Buschkrieges war, der 20.000 schwarze und weiße Rhodesier das Leben kostete, ist der unbestrittene Ministerpräsident der Republik Simbabwe (früher Rhodesien). Sein überraschend hoher Wahlsieg hat einen Schock auf der einen und große Erwartungen auf der anderen Seite ausgelöst.

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Uber 14 Jahre dauerten die Auseinandersetzungen, seit Rhodesien unter dem starrköpfigen Ministerpräsidenten Ian Smith sich 1965 einseitig vom Mutterland Großbritannien lossagte. Daß mit den jüngsten Wahlen nun doch noch eine international anerkannte Lösung zustandekam, ist ein kleines Wunder, an das nur noch wenige glaubten.

Der klare Wahlsieg Mugabes, dessen ZANU-Volksfront 63 Prozent der gültigen Stimmen und 57 der 100 Mandate im Parlament von Salisbury erhielt, hat mehrere Ursachen. Eine davon ist, daß Mugabe sich als starker Mann ins Blickfeld zu rücken wußte - Schwarzafrikaner (und nicht nur sie) tendieren zum starken Führer, zum Arrangement mit der Macht und den Mächtigen, nicht zum edlen Parsival.

Der Methodistenbischof Abel Mu-zorewa, der bei der „Probewahl" im April 1979 immerhin 67 Prozent der Stimmen und 51 Sitze gewonnen hatte, wurde auf acht Prozent und drei Mandate reduziert: das politische Ende des gutwilligen Mannes, der als Marionette der Weißen galt und mit deren Geld auch einen aufwendigen Wahlkampf ä la Amerika finanziert hatte. Man schuldet ihm trotzdem Dank für die Ermöglichung des Ubergangs.

Zunächst überraschend das schlechte Abschneiden des zweiten Führers der Patriotischen Front, Jo-schua Nkomo, mit 24 Prozent und 20 Mandaten. In Wirklichkeit ist die Erklärung wahrscheinlich so einfach, wie man sie immer wieder angeboten bekommt und nicht glaubt: Stammeszugehörigkeiten spielen in Afrika noch immer eine überragende Rolle. Mugabe gehört, wie 74 Prozent der schwarzen Rhodesier, dem Stamm der Schöna an - Nkomo ist einer der 19 Prozent Ndebele. (Diese Stimmverteilung ist ein gewisses Argument für die südafrikanische Heimatländer-Politik.)

Was wird passieren? Mugabe hat äußerst maßvoll seinen Sieg aufgenommen, Mitbewerber zum Regierungseintritt eingeladen (vielleicht sogar den einen oder anderen der 20 weißen Abgeordneten), die Weißen zum Bleiben im Land aufgefordert und eine gemäßigte Reformpolitik angekündigt. Vielleicht ist/das Täuschung und der Versuch, einen radikalen Marxismus auf Samtpfoten einzuführen. Kommt es dazu, ist ein gefährlicher Konflikt mit Südafrika möglich. Natürlich muß man der Papierform nach eigentlich damit rechnen.

Man kann aber auch eine Fortsetzung des Wunders erhoffen und dafür ein paar nicht zu übersehende Argumente ins Treffen führen.

Vielleicht hat Mugabe wirklich eingesehen, daß ohne die Weißen die Wirtschaft ins Chaos geraten müßte, wie in vielen schwarzafrikanischen Ländern. Vielleicht setzt er wirklich auf eine Fortsetzung des Wirtschaftsaustausches mit Südafrika: Das Schließen der Grenzen würde Simbabwe, nicht Südafrika in die Knie zwingen.

Die klare Mehrheit könnte Mugabe das Maßhalten erleichtern. Der Konflikt wäre unvermeidlich gewesen, wenn keine Partei eine absolute Mehrheit erzielt hätte. Die weise 10-Prozent-Klausel in jedem Wahlkreis hat eine Aufsplitterung des Parlaments verhindert. Mugabe galt auch vor seinem Wahlsieg selbst bei seinen Gegnern als der politisch mit Abstand Begabteste unter den Kandidaten. Sein Protektor, Präsident Ma-chel von Mocambique, dessen Land am Simbabwe-Handel existentiell interessiert ist, könnte ihn zusätzlich zur Mäßigung motivieren. (Und die Oberprotektoren in China vielleicht auch.) Und was ein „Marxist" in Afrika wirklich ist, kann kaum einer einleuchtend definieren.

Zu denen, die hoffen, gehören viele Katholiken in Simbabwe, die unter dem Smith-Regime wenig zu lachen hatten. Bei meinem Besuch in Salisbury im September 1977 erzählten mir katholische Priester, wie sehr sie wegen ihres prinzipiellen Eintretens für die Rassenintegration von der Regierung geplagt würden.

Ganz von der Hand zu weisen ist die These, daß manche Missionarsmorde von weißen Soldaten verübt wurden, um die Christen gegen die Guerillakämpfer aufzubringen, nicht. (Was die wirklich von schwarzen Terroristen verübten Bluttaten, deren *es genügend gab, in keiner Weise entschuldigt.)

Eine Prognose: Südafrika wird trotz momentanen Schocks nicht mit dem Säbel rasseln, sondern vorerst mit Rand und Dollar winken. Wie die Entwicklung dann wirklich langfristig verlaufen wird, vermag niemand heute mit Sicherheit vorauszusagen.

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