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Doch ein zweites Angola?

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Die rhodesische Regierung Smith intensiviert die Gespräche mit Vertretern der schwarzen Bevölkerung, hat aber darüber hinaus keine Möglichkeit, das Gesetz des Handelns an sich zu reißen.

„Mit Angola ist eine vollständig neue Dimension ins Spiel gekommen“, erklärte der Premierminister. Die Möglichkeit eines direkten Eingreifens der Kubaner und Sowjetrussen, bisher gar nicht ins Kalkül gezogen, sei in Zukunft nicht mehr von der Hand zu weisen.

Das Ausland hielt Rhodesien seit der Unabhängigkeitserklärung im November 1965 für ein unstabiles Gebilde. Mit anderen Augen betrachteten die Rhodesier ihre Lage. Für sie war die Welt in Ordnung. Trotz des von der UNO angestrebten Wirtschaftsboykotts, der Rhodesien, den Worten seines Prerniers zufolge, zwingt, zu Diskontpreisen zu verkaufen, zu Spitzenpreisen aber einzukaufen, ist der Lebensstandard der Weißen außerordentlich hoch. Die Ruhe im Inneren hielten sie für gesichert. Ihrer Meinung nach verstehen die meisten von ihren Mitbürgern schwarzer Hautfarbe das politische System der Weißen gar nicht und wollen in Ruhe gelassen werden, um ihrer herkömmlichen Lebensweise treu bleiben zu können.

Auch vor auswärtigen Feinden war den 'Rhodesiem bisher nicht bange. Die Streitkräfte der angrenzenden schwarzafrikanischen Staaten waren den rhödesischen nicht gewachsen; das einzige wirklich schlagkräftige Heer im südlichen Teil Afrikas war das südafrikanische, die Armee eines befreundeten Landes.

Aus alledem erklärt sich der äußerst schleppende Fortgang der Gespräche der Regierung Smith mit Vertretern des Afrikanischen Nationalrates.

Noch ist die Gefahr nicht akut, noch ist den Rhodesiem eine Frist sicher. Die Agenturberichte über die direkte Bedrohung Rhodesiens werden von Regierungssprechern in Salisbury als sehr übertrieben hingestellt. Ihren Worten nach sollen nicht 15.000, sondern nur eintausend Terroristen derzeit in der Volksrepublik Mocambique in Ausbildung stehen und keine T-34-Panzer in Beira ausgeladen werden, sondern Arbeitsmaschinen für den Cabora-Bassa-Staudamm. Derartige Meldungen sind teilweise tatsächlich „hysterische Berichte von Reisenden, die einen Tank nicht von einem Traktor unterscheiden können“, zum andern Teil aber dienen sie gezielt dem Zweck, die Rhodesier psychologisch unter Druck zu setzen, ihre Moral zu untergraben.

Es wird als sehr ermutigend empfunden, daß die britische Regierung zu erkennen gab, sie werde die 300.000 Rhodesier britischer Abstam-

mung im äußersten Notfall nicht im Stich lassen, besonders, wenn das Smith-Regime sich dazu bequemen würde, die britische Oberhoheit wieder anzuerkennen. Auch das Drängen der Konservativen in London, die Regierung solle eine diplomatische Offensive gegen das sowjetische Vorgehen in Afrika starten, wurde in Salisbury begrüßt. So sehr man die Freie Welt kritisiert, daß sie im Falle Angola untätig blieb, so fest klammert man sich jetzt an die Worte Kissingers, die USA würden der Bil-

dung eines zweiten sowjetischen Brückenkopfs nach der Art von Angola nicht tatenlos zusehen.

Ebenso ernst nimmt man aber jetzt auch die Mahnung des US-Außenministers, daß die rhodesische Regierung mehr Flexibilität an den Tag legen solle.

Genau genommen verhandelt Smith aber mit Vertretern einer schwarzen Minderheit, weil die Mehrheit uninteressiert ist, und sollte ein Kompromiß zustande kommen, wird er ohne Zweifel von einer noch kleineren, aber radikalen Minorität sabotiert und bekämpft werden. Joshua Nkomo leitet die Delegation der Schwarzen, während die radikaleren Führer Muzorewa, mit dem früher ein Abkommen ausgehandelt worden war, und Sithole abseits stehen.

Derzeit sitzen fünfzig Weiße und

sechzehn Schwarze im rhödesischen Parlament, abgestimmt wird getrennt. Smith will eine bedeutende Erhöhung der Zahl der schwarzen Abgeordneten zugestehen, aber die getrennte Abstimmung beibehalten. Das ist Nkomo zu wenig. Smith betont, er sehe keine andere Möglichkeit, die wirtschaftliche und sogar die physische Existenz der Weißen zu sichern, als daß sie in der Legislative entsprechend stark vertreten seien. Nkomo bietet persönliche Garantien an, aber Smith verweist auf

Mocambique, wo solche Zusagen nach der Machtergreifung durch Machel gebrochen und der Besitz der Weißen verstaatlicht wurde.

Ein Gespräch unter vier Augen sollte den toten Punkt überwinden. Es brachte wohl ein besseres menschliches Verständnis, aber keine Fortschritte in der Sache. Nkomo selbst dürfte Vertrauen verdienen, aber seine Stellung ist schwach. Wer wird einmal die wirkliche Macht ausüben? Nkomo ist weitgehend von seinen Beratern aus Sambia und Tansania abhängig, die ihre Direktiven wieder von den Präsidenten ihrer Länder erhalten. Hinter deren Mindestforderungen darf Nkomo nicht zurücktreten.

So müht man sich ab in Salisbury. Aber was man erreichen kann, ist lediglich eine bessere Optik. Die Lose über Rhodesien fallen anderswo.

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