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Umgangsstil unter Politikern

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Am Abend nach ihrem Austritt aus der FPÖ kam es am „runden Tisch” zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Heide Schmidt und Jörg Haider. Einer der Hauptgründe für die Entzweiung, so hörte man, sei der immer unerträglicher werdende Umgangsstil des Parteiobmannes nach innen und nach außen gewesen. Ob der Umgangsstil nicht überhaupt schuld an vielem in der Politik ist?

Haider meint, man müsse den politischen Gegner hart anfassen. Nur scheint dies in der Sache schwerer zu sein, als mit verbalen Attacken. Persönlicher Diffamierung des anderen traut man mehr Wirkung zu als dem besseren Argument.

Was ist der Grund? Daß in der Hektik und Oberflächlichkeit heutiger Politik die tieferen Argumente fehlen? Daß die wenigen kompetenten Fachleute ihre Anliegen nicht mehr „mediengerecht” artikulieren können? Oder sind die Meinungsunterschiede zu manchen Sachfragen schon so gering, daß sie nicht mehr attraktiv zu diskutieren sind? Mangelt es am Respekt voreinander?

Das Volk ärgert sich über den schlechten politischen Stil, hat aber offenbar wieder seine Lust, „wenn's einer dem anderen kräftig hineinsagt”. Der Streit scheint wichtiger zu sein, als der Inhalt. Politik vor laufender Kamera ist eine große Versuchung. Es wäre katastrophal, Politiker immer häufiger nach ihrem „Unterhaltungswert” zu beurteilen und auch zu wählen.

Woher ist eine Änderung des Umgangsstils zu erwarten? Vom besseren Erlernen der Demokratie. Sie lebt von der Achtung des anderen, seiner Person und seiner Meinung. Sie wird reicher durch verschiedene Meinungen, auf die man hören muß. Sie ist erst verantwortungsvoll, wenn die gemeinsame Not und damit die gemeinsamen Ziele vor allen parteilichen und persönlichen Eigeninteressen rangieren.

Wie kann der Umgangsstil sich bessern? Durch das gemeinsame Bemühen um eine richtige „Streitkultur”. Sie beginnt erst, wo man Sach- und Beziehungsebene zu unterscheiden weiß. Wo der andere emst genommen und nicht verächtlich gemacht wird. Wo der rhetorisch Begabte nicht der Versuchung erliegt, in blanken Zynismus und Demagogie zu verfallen. Wo die Macht des Argumentes zählt, und nicht nur die der Position. Wo Gespräche geduldig immer wieder aufgenommen und nie verweigert werden.

Es wäre unfair, als Bischof den politischen Umgangsstil zu kritisieren, ohne an jenen in der eigenen Kirche zu denken. Auch der liegt oft im argen. Höchste Zeit, ihn aus „christlichen” Motiven zu verbessern, aber auch, um ein Beispiel zu geben.

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