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Klarheit um Subventionen

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Nach dem „Großen Herder“ versteht man unter Subventionen eine „Beihilfe, Unterstützung z. B. des Außenhandels und der Wohnungswirtschaft aus öffentlichen Mitteln“. Diese Definition mag vielleicht in anderen Ländern zutreffend sein, für Österreich reicht sie nicht aus, denn in der Republik Österreich wird weit mehr an Subventionen verteilt. Dabei stehen Außenhandel oder die Wohnungswirtscbaft nicht einmal an der Spitze.

Nicht alles wird als Subvention bezeichnet, was tatsächlich eine solche ist. Sind die Preise für subventionierte Lebensmittel — in erster Linie Brot und Milch — echte Subventionen? Die Frage muß ganz eindeutig mit einem Ja beantwortet werden. Im österreichischen Staatshaushalt werden die Beträge unter dem Titel „Preisausgleiche“ budge- tiert. Nun gibt es gerade um die agrarischen Subventionen einen bisher nicht ausgetragenen Streit zwischen den Interessenvertretern der Produzenten und denen der Konsumenten. So meinen die Vertreter der Landwirtschaft, daß diese Subventionen ausschließlich zu Gunsten der Konsumenten gewährt werden, denn andernfalls wäre eben für Brot und Milch ein höherer Preis zu entrichten. Die Vertreter der Konsumenten wieder meinen, daß diese Subventionen nur der Landwirtschaft zugute kommen, weil auf diese Weise ein fester Preis gesichert sei und die Landwirtschaft mit ihren Hauptpro- dukten nicht den durch Schwankungen von Angebot und Nachfrage beeinflußten Preisen unterliege.

Unter „Preisausgleiche“ finden sich im Budget 1968 für Milch

1355 Millionen und für Brotgetreide 291 Millionen. Würden diese Subventionen gestrichen, müßte der Konsument einen wesentlich höheren Brot- bzw. Milchpreis entrichten, denn niemand kann und wird von der Landwirtschaft erwarten, daß sie ihre Erzeugnisse unter den Gestehungskosten an den Verbraucher abgebe. Man kann es auch anders sagen: der echte Brot- bzw. Milch preis wird von allen Steuerzahlern aufgebracht.

Einen zweiten wesentlichen Posten gibt es kn Budget, der den Titel „Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung“ trägt. Er beläuft sich im laufenden Jahr einschließlich der Ausgleichszulagen auf 6800 Millionen. Mit dieser Summe tragen die österreichischen Steuerzahler dazu bei, daß Renten und Pensionen in der gesetzlich vorgesehenen Höhe gewährt werden können. Auch hier ist eine Streichung nicht denkbar, denn würden Renten und Pensionen nur in einer Höhe gewährt, die der tatsächlichen Beitragsleistung entspricht, käme es nicht zu einer empfindlichen Senkung der ohnedies bescheidenen Leistungen der Sozialversicherung, sondern es würde sich eine sehr empfindliche Kaulkraft- minderung breitester Bevölkerungsschichten ergeben.

Eine nicht unwesentliche Subventionslast ist dem österreichischen Steuerzahler dadurch aufgebürdet, daß er den Abgang der Bundesbahnen zu tragen hat. Wie in anderen Ländern, so gibt es auch in Österreich verbilligte Fahrkarten für Schüler und Arbeitnehmer. Diese subventionierten Fahrkarten sind sicher nicht die einzige Defizitquelle der Bundesbahnen. Aber insgesamt wird der Steuerzahler in diesem Jahr für die Deckung des Betriebsabganges der Bundesbahnen 4117 Millionen aufzubringen haben. Auch hier wird es nicht möglich sein, kostendeckende Tarife einzuführen, denn die Bundesbahnen sind ein öffentlicher Verkehrsträger, ebenso wie die städtischen Straßenbahnen oder die Autobusse von Bahn und Post.

Jetzt aber kommen wir schon zu einem kritischeren Problem. Ein Staat, der auf sein kulturelles Ansehen etwas hält, muß sich auch seine Theater etwas kosten lassen. Aber ist es wirklich sachlich vertretbar, daß die Bundestheater in diesem Jahr mit 315 Millionen subventioniert werden? Jeder Besucher unserer Bundestheater bekommt auf diese Weise einen T-eil des Eintrittspreises in Form eines Steuergeschenkes rückvergütet.

Erhebliche Subventionen werden für Gewerbe- und Fremdenverkehrsförderung ausgegeben. Das ist sicher unvermeidlich, denn ein Fremdenverkehrsland kommt ohne staatliche Werbung und Förderung nicht aus. Aber für diese beiden Maßnahmen gibt es keine gesetzlichen Verpflichtungen und daher handelt es sich um Subventionen. Man müßte ernstlich überlegen, unvermeidliche Subventionen durch klare gesetzliche Bestimmungen zu normieren, denn Subventionen sind Quellen des Ärgernisses. Für den einen, weil er sie mit seiner Steuerleistung zu erbringen hat, für den anderen, weil diese Subventionen seiner Meinung nach unzulänglich sind.

Daneben aber gibt es Subventionen, die in ihrer Gesamtheit mehr als eine Milliarde betragen und die dabei mehr als problematisch sind. In früheren Jahrzehnten waren Kaiser, Fürsten und Industrielle die großen Mäzene und förderten die Künstler. Ohne dieses Mäzenatentum hätte mancher wirkliche Künstler verhungern müssen. Der Kaiser ist nicht mehr da und die Fürsten und Industriellen die als echte Förderer der Kunst auftreten können, sind seltener geworden. Heute muß also der Staat diese Aufgabe weitgehend erfüllen. Diese Subventionen beruhen auf keinerlei gesetzlichen Verpflichtungen, sondern es liegt im Ermessen eines Ministers, wer eine Subvention erhält und in welcher Höhe sie gewährt wird.

Das ist keine Erfindung der ÖVP- Regierung, sondern Subventionen hat es in der Ersten Republik ebenso gegeben, wie in den Zeiten der Koalition. Wenn nun ein Minister dort Subventionen gewährt, wo er echte Kompetenzen hat, ist das noch vertretbar. Aber in der Koalitionszeit wurden Gelder auch dort verteilt, wo überhaupt keine sachliche Zuständigkeit gegeben war. Beispiele für diese Feststellung könnten in großer Zahl angeführt werden.

Bei diesen Subventionen ist es nun zu sehr unguten Nebenerscheinungen (Fortsetzung auf Seite 2)

(Fortsetzung von Seite 1)

gekommen und daher gehört das ganze System überprüft und neu geordnet. Manche Vereine und Organisationen haben ausgezeichnete Manager, die über gute Verbindungen — und nicht immer nur zu einem, sondern gleich zu mehreren Ressortministern — verfügen. Diese Manager verstehen es daher, gleich mehrere Stellen „anzuzapfen“. Besonders krasse Beispiele ließen sich hier auf dem Gebiet der sogenannten „Entwicklungshilfe“ anführen. Wir werden Beiträge auf Grund internationaler Abmachungen leisten müssen, und die eine oder andere Zuwendung wird auch Früchte tragen. Aber echte Entwicklungshilfe muß, soll sie wirksam und sichtbar sein, in konzentrierter Form geleistet werden. Was heute geschieht, sind ganz ganz kleine Tropfen auf glühende Steine, und es werden viele Millionen vollkommen sinnlos vertan. 1 2 3 4 5

Was müßte nun geschehen, um das Subventionsunwesen wirksam zu bekämpfen? Hier einige konkrete Vorschläge:

1 Ganz energisch müßte aber den „Gschaftlhubern“ der Kampf angesagt werden, die sich über mehr oder weniger obskure Organisationen Subventionen verschaffen, die dann in mehr als dunkle Kanäle fließen.

Diese Ausführungen werden vielleicht an manchen Orten Unbehagen auslösen. Aber wenn der Staat in einem finanziellen Engpaß ist, dann muß er sparen, denn ein Bettler kann keine Almosen verteilen. Subventionen ja, und zwar überall dort, wo sie sinnvoll und notwendig sind, aber Schluß mit dem Subventionsunfug überall dort, wo es um mehr oder weniger freundliche Gunstbeweise geht

1 Subventionen sollen wirksam sein, das heißt, für den Empfänger eine echte finanzielle Hilfe bedeuten. Wenn zum Beispiel eine alpine Organisation unter dem Titel „Ausbau der Schutzhütten“ einen Betrag von S 5000.— erhält, wird man das bestenfalls als eine Geste den Vereinsfunktionären gegenüber betrachten können.

1 Es ist sinnlos, daß jedes Bundes- ministerium Subventionsgelder verteilt. Hier wäre eine zentrale Stelle mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe zu betrauen, denn dadurch ließe sich vermeiden, daß geschickte Manager von mehreren Stellen Subventionen erhalten.

1 Natürlich wird man nicht alles in Gesetze kleiden können und daher wird es bestimmte Subventionen immer geben.

1 Der Verwendungszweck gewährter Subventionen wäre sehr streng zu überprüfen.

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