Schwein Herz Mensch Organ - © Collage: Rainer Messerklinger (unter Verwendung von Bildern von iStock/ilbusca und iStock/andipantz)

Schweineherzen für Menschen?

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Ein Schweineherz für einen Schwerstkranken: Erstmals könnte eine solche Xenotransplantation erfolgreich verlaufen. Doch der neue Ansatz wirft Fragen auf – nicht nur medizinisch, sondern auch ethisch.

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Ein Schweineherz für einen Schwerstkranken: Erstmals könnte eine solche Xenotransplantation erfolgreich verlaufen. Doch der neue Ansatz wirft Fragen auf – nicht nur medizinisch, sondern auch ethisch.

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Lawrence Faucette hat ein neues Herz. Mit einer peripheren Gefäßerkrankung im Endstadium sind dem amerikanischen Ex-Veteranen keine Chancen mehr auf Heilung prophezeit worden. Doch seit der Transplantation bessert sich sein Zustand wieder. Der 58-Jährige atmet von selbst – und das neue Organ arbeitet ohne die Hilfe assistierender Geräte. Zu verdanken hat er dies seinem Spender: einem transgenen Schwein. Es ist weltweit erst das zweite Mal, dass einem Menschen ein Schweineherz transplantiert wurde. Erst im Frühjahr 2022 erhielt ein Mann ein modifiziertes Schweineherz, starb jedoch nur wenige Monate später. In Faucettes Fall sind die Ärzte hingegen optimistisch.

In der Fachsprache wird die Übertragung funktionstüchtiger tierischer Organe oder Gewebe auf den Menschen Xenotransplantation (gr. „xenos“: fremd) genannt. Eine Option, die auf den ersten Blick naheliegend wirkt, wäre es, auf Primaten als Spender zurückzugreifen. Sie sind schließlich unsere nächsten Verwandten. Doch ist es gerade die enge genetische Verwandtschaft, die zum Problem werden kann. Je ähnlicher das Erbgut, desto einfacher lassen sich Keime und Viren übertragen. Organe von Affen sind daher nicht geeignet. Deshalb fokussiert sich die Forschung auf genetisch veränderte Schweine als Spender: Die für Transplantationen wichtigsten Organe wie Nieren und Herz ähneln in Größe und Leistung ihrem menschlichen Pendant. Um nach der Operation eine Abstoßung eines Organs durch das menschliche Immunsystem zu vermeiden, werden mehrere menschliche Gene auf das tierische Erbgut übertragen.

Lange Warteschlangen

Nach wie vor gibt es nicht ausreichend Organspenden, um den weltweiten Bedarf zu decken. Laut dem aktuellen ÖBIG-Transplant-Jahresbericht befanden sich 2022 in Österreich 730 Personen auf Organwartelisten. Im selben Zeitraum wurden nur 688 Organe transplantiert. „Die Warteliste für Herzen ist doppelt so lang wie jene von Organen, die zur Verfügung stehen“, sagt Bruno Reichart, Professor am Walter-Brendel-Zentrum für Experimentelle Medizin in München. Seit den 1990er Jahren setzt sich der Herzchirurg mit Xenotransplantationen auseinander und hat mit seiner Forschung entscheidende Technologien vorangetrieben. Für Reichart ist es notwendig, Xenotransplantationen auf lange Sicht für Patient(inn)en zugänglich zu machen. Noch immer würden zu viele Menschen auf ein Spenderorgan warten, sagt der Experte – eine Versorgungslücke, die man auch mit künstlichen Organen aus dem Labor nicht schließen könne.

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