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Salzburg als Zentrum

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Damit ist die Spannweite seines Schaffens bereits im wesentlichen angedeutet. Die Theaterarchitektur einerseits, der Kirchenbau anderseits. Holzmeisters Interesse für das Theater hatte sich schon in frühester Jugend gezeigt. Nachdem die elterliche Familie aus dem Stubaital nach Innsbruck übersiedelt war, wurden die Feste des Jahres für den kleinen Schüler Anlaß zu allerlei Spiel und

Darbietungen, zu Umzügen und Dekorationen. Den fertigen jungen Architekten lockte es alljährlich zu den Festspielen nach Salzburg, wo er im Jahre 1922 auch das erste Fespielhausprojekt des deutschen Architekten Hans Pölzig studieren konnte. So war er mit der Festspielstadt schon eng verbunden, als er 1926 den Auftrag für den Umbau des ein Jahr zuvor allzu schnell ge schaffenen provisorischen Salzburger Festspielhauses, eines alten Hofmarstalles, erhielt. In wenigen Monaten gelang es ihm, in diesem Theaterbau die traditionellen Elemente bodenständigen Bauens so überzeugend mit moderner Baugestaltung zu verbinden, daß dieses Haus — bei aller Unzulänglichkeit infolge der vorgegebenen Enge des Raumes — weithin einen gewissen Ruhm erlangte. Auch die Fresken seines Freundes Anton Faistauer haben dazu das Ihre beigetragen. Mit der wachsenden Internationalisierung der Salzburger Festspiele und mit der Betonung der Opernaufführungen im Programm wurde der Wunsch nach einem neuerlichen Umbau des Festspielhauses immer dringender. 1936 übernahm Clemens Holzmeister zum zweitenmal den Auftrag für einen Umbau des Festspielhauses. Diesmal war der Eingriff sehr einschneidend. Holzmeister drehte den bisherigen Theatersaal um 180 Grad, so daß die alte Bühne für eine Vergrößerung des Zuschauerraumes auf 1800 Sitze frei wurde. An die Rückseite des Zuschauerraumes baute Holzmeister ein großzügiges Bühnenhaus, das in seinen Maßen der Wiener Staatsoper angepaßt war. Besonders behutsam waren dabei die Probleme der Einfügung des großen Baumassivs in das so empfindliche Salzburger Architekturbild zu lösen. Aber was schon 1926 für den Komplex des damaligen Festspielhauses gesagt wurde, konnte auch für diesen neuerlichen Umbau gelten:

„Die schwierige aber dankbare Aufgabe des Architekten, den Bau dem alten berühmten Hof der erz bischöflichen Reitschule einzufügen,

mußte, wenn sie glücklich gelöst wurde, zu einer eindrucksvollen Synthese alter und neuer Kunst führen, die den Charakter des einmaligen in sich trägt. Holzmeisters Bau ist mit der historischen Umgebung verwachsen, als wäre er es immer gewesen. Dieser Bau, der sich als rein österreichisches Werk so leicht und glücklich in die Tradition fügt, soll und wird richtungweisend für die neue österreichische Kunst sein.“

Von allem Anfang an stimmten Holzmeisters baukünstlerische Konzeptionen mit der geistigen Atmosphäre Salzburgs und seiner Festspielidee überein. Die Visionen Hugo von Hofmannsthals und Max Reinhardts, in Salzburg eine Bühne für das universale Theater zu schaffen, wurden auch zum Leitgedanken

Holzmeisters für eine Erneuerung der Theaterarchitektur. Während der Jahre des Exils in der Türkei, die er nach 1938 bis 1947 auf sich nehmen mußte, erarbeitete Holzmeister gemeinsam mit dem bekannten Regisseur Carl Ebert an Hand von Studien an antiken Amphitheatern in Kleinasien den „Entwurf für ein Idealtheater“. Dabei kamen ihm auch die Erfahrungen zugute, die er 1933 in Salzburg bei der Inszenierung des „Faust“ in der Felsenreitschule gemeinsam mit Max Reinhardt sammeln konnte. Holzmeister hatte Reinhardt für die Idee einer großangelegten Simultanbühne mit dem Nebeneinander mehrerer Schauplätze in der offenen Arena der Felsenreitschule gewonnen. Diese „Fauststadt“ erlangte internationale Berühmtheit, der „Faust“ als Freilichtinszenierung wurde bis 1938 zum größten Erfolg der Salzburger Festspiele. Später, 1953, hat Holzmeister an der gleichen Stelle seine „Don-Giovanni-Stadt“ auf gebaut, die den szenischen Hintergrund für die letzte, denkwürdige Aufführung des „Don Giovanni“ unter der musikalischen Leitung von Wilhelm Furtwängler bildete. So war Holzmeisters Tätigkeit als Bühnenbildner eng- stens mit Salzburg verbunden.

Die Krönung seines Lebenswerkes war aber schließlich der Bau des neuen Festspielhauses im Komplex des alten Festspielbezirkes in den Jahren 1956 bis 1960. Mit der nun verwirklichten „Raumbühne“ schuf Holzmeister in der Tat eine Bühne für die Welt; hier konnte er seine wesentlichen theater- und bühnentechnischen Gedanken realisieren. Sie zielten auf die Modulationsfähigkeit ein und desselben Hauses von der Kleinbühne bis zur großen Oper ab, auf die Zerbrechung des Guckkastensystems und Aufhebung der Trennung von Bühne und Zuschauerraum. Das traditionelle Lo- gentheater wurde durch den Baugedanken eines festlichen, amphi- theatralischen Raumes für die moderne Gesellschaft ersetzt. Mit dem „Großen Salzburger Festspielhaus“ hat Clemens Holzmeister eine bedeutende Voraussetzung für die Tendenz unserer Zeit zur „Theatra- lisierung des Theaters , geschaffen a-g

Gotteshäuser

Es wäre schwer zu entscheiden, ob Clemens Holzmeisters Bedeutung mehr auf dem Gebiet des Theaterbaues oder im Bereich des Sakralbaues liege. Seine erste Kirche baute er als junger Architekt in Batschuns in Vorarlberg, dann durchstreifte er mit seinem Jugendfreund, dem Architekten Luis Trenker, Nord- und Südtirol und sammelt Bauaufträge. Er baut Hotels und Gasthöfe um, baut Hauptschulen in Jenbach, Landeck und Imst, ein Kriegerdenkmal in Lienz und vor allem Kirchen. Bald gilt Holzmeister als einer der ersten Kirchenbauer im deutschsprachigen Raum. Er baut Kirchen in Köln, in Berlin, in Hamburg, in Nürnberg und im Saarland; sein wesentlichster Bau in Wien ist die Seipel-Dollfuß-Gedächtniskirche, deren Sakralraum die neuen liturgischen Ideen vorwegnahm. Immer ist Holzmeister dabei, Lebendiges aus der Erstarrung zu lösen; aber er wendet sich gegen den überbetonten Funktionalismus, der auf jede Individualität verzichtet.

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