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Frauen als Diakone?

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Während des Zweiten Vatikanischen Konzils trugen katholische Fräuerwertyände dem Papst die dringliche Bitte vor, er möge doch auch Frauen zur Priesterweihe zulassen. Der Papst kam diesem Wunsch nicht nach. Die Einsetzung weiblicher Priester hätte auch einen Bruch mit einer fast zweitausend Jahre alten Gepflogenheit der Kirche bedeutet.

„Religion ist Männersache“

Die Wiege des Christentums stand im Orient. Vieles an ihm ist nur dann richtig zu verstehen, wenn man es als aus dem Judentum herausgewachsein erkennt. Im alten Orient galt die Frau als zweitrangig. Auch das Judentum machte darin keine Ausnahme. Das Leben der Orientallen war im Altertum primär von der Religion her geprägt, so sehr, daß Politik und Religion miteinander verschmolzen.

Der Sieg eines Volkes über das andere beispielsweise war gleichbedeutend mit dem Sieg der stärkeren Götter über die schwächeren.

Religion war in erster Linie Männersache, auch bei den Juden. Im ganzen Alten Testament wird eine einzige Frau als charismatische Volksführerin erwähnt: die Prophetin Debora, die etwa um 1100 vor Christus wirkte.

Ihr wird ein großes Verdienst an einem Sieg der Stämme Zabulon und Nephtali über die Kanaaniter zugeschrieben. Schwierigkeiten bereitet die in der Katechese so beliebte Gestallt der Judith, die ihr Volk dadurch gerettet haben soll, daß sie dem babylonischen Feldherrn HOlofernes nach einem Gelage den Kopf abschlug. Allerdings finden sich im Judith-Büchlein so viele historische Widersprüche, daß man es am besten als erbauliche Dichtung auffaßt, .die Bum Vertrauen auf Gott in aussichtsloser Lage ermuntern will. Bezeichnend ist; daß ein Teil der Juden es nicht als Heilige Schrift anerkannte.

Jedenfalls spielte in der jüdischen Religion, die Frau eine untergeordnete Rolle. Im Tempel von Jerusalem gab es einen eigenen Frauen-vorhotf. In den Priesterhof, in dem die Liturgie vollzogen wurde, durften nur Männer hinein.

Bei den Juden gab es auch niemals Tempeljungfrauen, wie spätere Legenden wissen wollen. In Verfallszeiten a/llerdinga, in denen der Einfluß heidnischer Bedränger zu stark war, scheint es Tempeldirnen gegeben zu halben. Eine Frau in prie-sterflicher Funktion wäre bei den Juden absolut unmöglich gewesen.

So ist es verständlich, daß Jesus Christus in der von Ihm gegründeten Religdonsgemeinschaf t nur Männer als Priester einsetzte. Um so bemerkenswerter, daß schon in der Urfcirche — besonders, als das hellenistische Element darin erstarkte — Frauen immerhin im Caritasdienst und in der Gemeindeverwaltung Funktionen übertragen bekamen.

Frauen in der Frühkirche

Daß die Mutter Jesu in der Ur-gemeirode hoch geehrt war, bedarf

keines Beweises. Das ergab sich aus dem Sippenbewußtsein der Orientalen von seihst. Doch es gibt keinen Hinweis darauf, daß sie auch eine Funktion bekleidete. Das neunte Kapitel der Apostelgeschichte aber erwähnt in Joppe — dem heutigen Jaffa — eine sehr aktive Caritashelferin namens Tabitha (= Gazelle); im 12. Kapitel erfahren wir, daß die Mutter des späteren Evangelisten Markus ihr Haus der Urgemeinde als Versammlungsort zur Verfügung stellte.

Je mehr sich das Christentum in den hellenistischen Gebieten Syriens, Klednasiens und Griechenlands ausbreitete, um so mehr begann auch hinsichtlich der Frauenfr.age ein freierer Wind zu wehen. Unter den

Mitarbeitern des Apostels Paulus nennt die Bibel nicht wenige Frauen. In der makedonischen Stadt Philippi spielte die reiche Purpurhändlerin Lydia eine hervorragende Rolle als Gemeindemutter. Ihr Haus wurde zur ersten christlichen Kirche Europas. Bald darauf lernte Paulus in Korinth eine hochgebildete Judenchristin namens Priska kennen, die später als Laienkatechetin in Ephesus wirkte. Der 57/58 verfaßte Römerbrief spendet der Seelsorgehelferin Phöbe aus dem Osthafen von

Korinth hohes Lob. Die gleiche Phöbe leistete dem Apostel auch Kurierdienste, indem ' sie seinen Brief nach Rom brachte. Der Philipperbrief erwähnt zwei Frauen namens Evodia und Syntyche, die sich ebenfalls große Verdienste in der Glaubensverkündigung erworben hatten. Endlich nennt die Apostelgeschichte für das Jahr 58 in Cäsarea fünf prophetisch begabte Töchter des dortigen helenistaschen Seelsorgers Philippus, deren Gemeinschaft vielleicht als Grundform der weiblichen Orden anzusehen ist.

Ausgeschlossen von gottesdienstlichen Funktionen?

In der jungen Kirche hatte die Frau also weit mehr Bedeutung als im Judentum. Manchen mag das in den Kopf gestiegen sein. In Korinth kam es au Mißständen. Frauen redeten während des Gottesdienstes ungehemmt drein. Das veranlaßte den Apostel Paulus zu seiner klassisch gewordenen Mahnung: „Frauen sollen in der Kirche schweigen! Es steht ihnen nicht zu, zu reden. Sie sollen sich unterordnen, wie es das Gesetz verlangt Wenn sie etwas wissen wollen, mögen sie daheim ihre Männer fragen!“

Freilich war damit die Mitwirkung der Frau im kirchlichen Laben nicht unteitbunden Die zwischen 63 und 67 verfaßten Briefe an Timotheus und Titus erwähnen organisierte

Seelsorgehelferinnen. Doch es gab mit ihnen mancherlei Schwierigkeiten.

Vielleicht ist es von dorther verständlich, daß bis herauf in unser Jahrhundert die Frauen in der katholischen Kirche von gottes-dienstiichen Funktionen ausgeschlossen blieben. Sie durften nicht einmal rrümstrieren, sondern nur im alleräußersten Notfall aus angemessener Entfernung vom Altar auf die Priestergebete antworten. Man sah sie auch nur sehr ungern als Vorbeterinnen, selbst in den Kirchenchören waren Sängerinnen offiziell nur als Notbehelf geduldet! Daß gerade in letzterem Punkt die Praxis die Vorschriften zur Seite schob, ist wieder eine andere Sache.

Ordensfrauen wurden in zunehmendem Maß mit dem Unterricht vornehmlich der weiblichen Jugend betraut, wobei aber der Religionsunterricht oft dem Priester vorbehalten blieb. Sie vollbrachten bewunderungswürdige Leistungen in Krankenpflege und Fürsorge. In Missionsgiebieten und Spitälern geschah es nicht selten, daß die Schwestern Sterbenden die Nottaufe spendeten Seit, etwa zwei Jahrzehnten werden auch bei uns Frauen mehr und mehr im Religionsunterricht eingesetzt.

Johannes XXIII. hat mit der Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils und mit der Festlegung der großen Richtlinien für diese Kir-chenversammlung einen Umbruch dm kirchlichen Denken eingeleitet, dessen positive Folgen noch gar nicht abzusehen sind. Dieser liebenswürdige Papst verstand es, die Zeichen der Zeit zu deuten. Es mag kein Zufall sein, daß eben zur Zeit seines Wirkens in evangelischen Kirchengemeinden weibliche Pastoren ordiniert wurden, die alle priesterlichen Funktionen genauso vollziehen wie ihre männlichen Kollegen. Wie erwähnt, wurde der Wunsch katholischer Frauenverbände nach der Einsetzung weiblicher Priester abgelehnt. Immerhin aber gab das Konzil den regionalen Bischoif.skoniferenizen freie Hand für das Suchen neuer Wege.

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