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Neuer Kirdienkurs

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Das Hauptthema der jüngsten Generalversammlung der ungarischen „St.-Stefan-Gesellschaft“ war die Vorbereitung der Millenniumsfeiern der Christianisierung Ungarns. Die Katholiken wollen das denkwürdige Datum gebührend im ganzen Land begehen, die erwähnte Gesellschaft möchte dazu durch ihren Verlag historisch-religiöse Lesestoffe liefern. Die Versammlung bekam dadurch einen kirchenhierarchischen Charakter, daß daran zwei Erz-bischöfe und elf Bischöfe — der ganze Episkopat! — teilnahmen.

Der neue Erzbischof Jözsef Ijjas beschäftigte sich in seiner Eröffnungsansprache mit der Bedeutung des Milleniums, wobei er daran erinnerte, daß der erste ungarische König in Europa, nämlich St. Istvan (St. Stefan) irgendwann zwischen 966 und 975 n, Ch. geboren war. Historisch wird als Tatsache angenommen, daß die Konversion der Ungarn im selben Jahr begann, als sich Fürst Geza und sein Hof taufen ließen. Laut den drei berühmtesten ungarischen Historikern geschah dies im Jahre 972 n. Chr. Zwei andere namhafte Geschichtsschreiber sind der Ansicht, daß es nicht entschieden sei, ob dieses Ereignis 972 oder 973 geschah. Tatsache ist jedenfalls, daß Fürst Geza am Anfang seiner Herrschaft seine Botschafter zum bayerischen Herrscher entsandt und ihn gebeten hat, einige Missionare nach Ungarn zu schicken. Man schrieb damals 972. Die ersten westlichen katholischen Missionare trafen noch im selben Jahr in Ungarn unter der Führung des Mönchs Wolfga-ng von Einsiedeln ein.

Erzbischof Ijjas schlug vor, die Mil-leniumsfeiern 1972 bis 1973 abzuhalten und teilte gleichzeitig mit, daß der Episkopat bereits eine eigene Vorbereitungskommission ins Leben gerufen hat. Da im Bischofskollegium nach den neuen kompromißdiktierten päpstlichen Ernennungen die regimetreuen „Friedensbischöfe“ dominieren, werden die Milleniums-feiern mit Zustimmung der Regierung verlaufen. Allein das ist schon ein kleiner Fortschritt, daß man anstatt „König Istvan I.“ wieder von „St. Istvan“ sprechen und schreiben darf.

Kontakte mit dem Vatikan

Die neuen ungarischen Bischöfe entfalten eine auffallend rege Tätigkeit im westlichen Ausland. Der Titular-bischof und apostolische Administrator von Györ, Msgr. Jözsef Kacziba, wurde kürzlich vom Papst in Privataudienz empfangen. Dies ist insofern bemerkenswert, als Kacziba der erste „Friedensbischof“ aus Ungarn ist, der nach den Neuernennungen im Vatikan weilte. Es wird im übrigen erwartet, daß auch die folgenden drei bald nach Rom fahren werden: der neue Hilfsbischof von Esztergom — Sitz des isolierten,

aber rechtmäßig regierenden Kardinals Mindszenty —, Msgr. Zemplen (die interessanteste Persönlichkeit), der vor seiner Ernennung viele Jahre in Rom verbracht und als Direktor des dortigen ungarischen katholischen Instituts öfters zwischen dem Vatikan und dem Kädär-Regime vermittelt hat. Zwei andere neue Bischöfe: der Hilfsbischof von Väc, Jözsef Vajda, und der Titular-bischof und apostolische Administrator von Csanäd, Jözsef Udvardy, waren seit dem Ende des zweiten Weltkrieges nicht mehr in Rom. Früher, zwischen den zwei Weltkriegen, waren beide jahrelang in Rom, da sie den größten Teil ihrer theologischen Studien dort absolviert haben.

Seit der Heilige Stuhl bei den Neuernennungen die Wünsche des ungarischen Regimes im Interesse der „Normalisierung“ honoriert hat, wurde in Budapest zahlreichen Kirchenfürsten erlaubt, daß sie persönlichen Kontakt mit dem Vatikan aufnehmen. Außer den Erzbischöfen von Kaloesa und Eger, Jözsef Ijjas und Pol Brezanöczy, waren die neuen Bischöfe von Väc und Pees, Jözsef Bank und Jözsef Cserhäti, ebenfalls in Rom, um das traditionelle Symbol ihrer Autorität, das „Pallium“, vom Papst zu übernehmen. Bald konnte auch der alte griechisch-katholische Bischof von Hajdudorog, Miklös Dudas, im Vatikan vorsprechen. Er wurde vom Papst in einer langen Privataudienz empfangen.

Hohe Diplomatie

Auch andere Reisen ungarischer „Friedensbischöfe“ verdienen erhöhte, ja sogar politische Aufmerksamkeit. An erster Stelle steht hier der Besuch des Erzbischofs Brezanöczy und des Titularbischofs Udvardy in Paris, um so mehr, als sie in Gesellschaft des „notorischesten Friedenspriesters“ und „KP-Kollaborateurs“ György Vitönyi, waren. Der äußere Anlaß war die Konsekration des neuen Pariser Hilfsbischofs, Msgr. Roger Etchegaray, der im April 1967 lange Zeit in Ungarn als Gast des Bischofskollegiums verbracht hatte. Und wie der „Zufall“ mit gewisser diplomatischer Geschicklichkeit mitspielt: Ungarns Pariser Botschafter, Peter Möd, gab einen großen Empfang, wo auch Bischof Etchegaray nicht fehlte, um Ungarns „Friedensbischöfe“ in die Pariser politischen Salons einzuführen ...

Mit Neugierde wartet man in Ungarn darauf, ob auch dem Titular-bischof und apostolischen Administrator von Szekesfehervar, lmre Kisberk, eine Ausreisegenehmigung erteilt werde. Er ist nämlich als Non-konformist der einzige (seit 1951 im Amt), dem niemals eine Reise nach Rom bewilligt wurde. Neuerdings erlaubt die ungarische Regierung die „ad-limina-Visiten“ der Bischöfe im Vatikan, die seit 1948 gentrel untersagt waren.

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