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Volkstümliche Konzerte

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Ein Zyklus von rund zehn Sonntagnachmittagskonzerten im Großen Musikvereirtssaal, von denen jedes ausverkauft ist, das bedeutet einen ungewöhnlichen Erfolg einer verhältnismäßig jungen Orchestervereinigung in der Zeit halbleerer Säle. Dieser Erfolg ist um so bemerkenswerter, wenn man die gediegenen Programme der Tonkünstler ansieht, die wohl das bewährte Musikgut der klassisch-romantischen Epoche bevorzugen, aber an den vielberufenen Geschmack der „breiten Massen“, dem sich seinerzeit die KdF-Veranstaltungen anpassen zu müssen glaubten, keine Zugeständnisse machen. Zwischen zwei symphonischen Werken steht jeweils ein vom Orchester begleitetes Instrumentalkonzert: nach der Coriolan-Ouvertüre von Beethoven und vor der VII. Symphonie von Schubert spielte Friedrich Wührer das B-dur-Konzert von Brahms, Jaroslav Suchy war der Solist des Violinkonzerts von Bruch, dem die Nußknacker-Suite von Tschaikowsky vorausging und dem die Vierte von Brahms folgte, Bruno Breunlich spielte nach den Haydn-Variationen von Brahms und vor Beethovens Fünfter das Klavierkonzert Es-dur von Liszt, und im vorläufig letzten Konzert stand zwischen der III. Leonorenouvertüre und der Siebenten von Bruckner die Burleske von Richard Strauß auf dem Programm (Solist: Hans Weber). Ein an dieser Stelle bereits besprochenes Chorkonzert und ein außerordentliches Richard-Wagner-Konzert hatten ebenfalls schönen Erfolg.

Dieser beruht zunächst auf den volkstümlichen Preisen, die so niedrig gehalten sind, daß sie mit denen eines besseren Kinos konkurrieren können. Ein genau ausbalancierter Etat, das großzügige Entgegenkommen des Musikvereins und eine bescheidene Unterstützung durch die Nieder-österreichische Landesregierung ermöglichen einen Konzertzyklus, der auch jenen Schichten zugänglich ist, die sich längst nicht mehr die Standardkonzerte der Philharmoniker oder ähnliche kostspielige Veranstaltungen leisten können.

Natürlich sind bei so niedrig gehaltenen Eintrittspreisen den Programmen der Tonkünstler gewisse Grenzen gezogen: zeitgenössische Kompositionen können nur gana ausnahmsweise aufgeführt werden und auf Werke mit ganz großer Besetzung muß —. wenigstens vorläufig — ebenfalls verzichtet werden. Auch können sich die Tonkünstler keine Stardirigenten leisten. Dagegen wirkt sich die kontinuierliche Arbeit unter einem einzigen Leiter (Kurt Wöß) sehr vorteilhaft aus, sowohl in der planmäßigen Programmgestaltung als auch, in der Perfektioriierung des Orchesters. — Als ihren schönsten Erfolg aier mögen die Tonkünstler die Tatsache buchen, daß sie so viele Jugendliche unter ihren Besuchern zählen, die man sonst an anderen Orten trifft, wo ihnen für das gleiche Geld wesentlich weniger Wertvolles geboten wird.

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