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Kirche Lateinamerikas offen zum Dialog

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Die dritte Generalkonferenz der lateinamerikanischen Bischöfe ging - wie angekündigt -am Dienstag, 6. Februar, zu Ende. Obwohl angekündigt worden war, daß das Schlußdokument erst nach Approbierung durch den Vatikan veröffentlicht werden sollte, kamen noch während der Schlußsitzung erste Exemplare davon in Umlauf.

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Die dritte Generalkonferenz der lateinamerikanischen Bischöfe ging - wie angekündigt -am Dienstag, 6. Februar, zu Ende. Obwohl angekündigt worden war, daß das Schlußdokument erst nach Approbierung durch den Vatikan veröffentlicht werden sollte, kamen noch während der Schlußsitzung erste Exemplare davon in Umlauf.

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Zu den Hauptanliegen der Bischöfe Lateinamerikas, die in dem 120-Seiten-Dokument aufgezählt sind, gehört die Verteidigung der Menschenrechte, die von den politischen und wirtschaftlichen Strukturen des Subkontinents so oft verletzt werden. Gleichzeitig aber weist das Dokument jede Gewaltanwendung auf dem Weg zur Befreiung des Menschen ausdrücklich zurück und verurteilt streng die psychische und physische Folter, die Verfolgung politischer Dissidenten, Entführungen und sonstige Zwangsmaßnahmen. „Guerilla und Terrorismus können nicht als Weg zur Befreiung gerechtfertigt werden“, heißt es.

Das Schlußdokument enthält nach einem Vorwort die Kapitel:

• Geschichtlicher Überblick der Evangelisierung in Lateinamerika,

• Christus, Mittelpunkt der Geschichte,

• Menschenwürde, Evangelisierung, Befreiung und menschliche Entwicklung,

• Evangelisierung, Ideologie und Politik,

• Familie,

• Basisgemeinschaften, Pfarren und Kirchen,

• Laientum,

• vordringliche Probleme der Armut,

• kirchliche Arbeit in einer pluralistischen Gesellschaft,

• kirchliche Arbeit im Namen der Menschen in der nationalen und internationalen Gesellschaft,

• Vorstellungen für die Pastoral. Die Kirche Lateinamerikas sei seit

der Versammlung von Medellin 1968 „offen zum Dialog“ geworden, heißt es einleitend. Man sei dabei, eine neue „gerechtere und brüderlichere“ Gesellschaft zu errichten. Dabei sei es unabdingbar, eine Synthese zwischen Tradition und Fortschritt zu finden.

Einen Schwerpunkt der Ausführung über die pastorale Situation bilden die Basisgemeinschaften. Ihre Lebendigkeit „beginnt Früchte zu tragen. Sie sind eine der Quellen für Laienamt, Führungskräfte, Katechi-sten und Missionare“. Sie spielen auch eine maßgebliche Rolle für die Fortführung des Kampfes um Gerechtigkeit. Nach wie vor aber stellen Pfarren, Schulen, Bischöfe und Priester, ständiges Diakonat und Laien die Strukturen der Evangelisierung dar.

Im Kapitel über die menschliche Würde ist auch von der Doktrin der „nationalen Sicherheit“ die Rede, die gegenüber der Bedrohung durch den Kommunismus geschaffen worden ist. In ihrem Umfeld aber werden „wirtschaftliche Entwicklung und Rüstung gegenüber den Grundbedürfnissen der im Stich gelassenen Menschen zu Prioritäten“.

Den Laien wird im Kapitel „Ideologie und Politik“ der Auftrag zu einer aktiven Teilnahme am kirchlichen Leben und an der kirchlichen Sendung in der Welt erteilt.

Die Bischöfe verurteilen die äußerste Armut in den Ländern Lateinamerikas als eine Lage, „die das Gegenteil des Evangeliums ist“, und machen es sich zur Aufgabe, Mechanismen anzuprangern, die die Armut erzeugen, sowie politische Strukturen von innen her umzubilden, die Achtung vor der menschlichen Würde zu fördern.

Die Widersprüche zwischen sozialer Ungerechtigkeit und den Erfordernissen der Evangelisierung seien evident, heißt es weiter. Vor allem kritisieren die Bischöfe das Wettrüsten, aber auch die künstliche Schaffung überflüssiger Bedürfnisse.

Die Kirche verpflichtete sich, die Rechte des einzelnen in der Gesell-

schaft zu verteidigen: das Recht auf eigene Identität, auf Privatleben, auf Information, auf eigene Weltanschauung. Sie wollen ihren Beitrag zur Verwirklichung einer ausgewogeneren internationalen Gesellschaft leisten. Die Kirche unterstützt „das Recht auf eine neue internationale Ordnung im Geist der menschlichen Werte von Solidarität und Gerechtigkeit“ und wünscht eine größere und generellere Anwendung des Asylrechtes.

Unabhängig vom Schlußdokument richteten die Bischöfe eine „Botschaft an die Völker Lateinamerikas, in der sie alle Menschen guten Willens, vor allem aber die Verantwortungsträger in Politik, Wirtschaft, Kultur, Erziehung, und in den Massenmedien aufrufen, uneigennützig am Aufbau einer gerechteren Gesellschaftsordnung in Lateinamerika mitzuarbeiten.

Ein Blick auf Lateinamerika genüge, um zu erkennen, daß sich der Abstand „zwischen den vielen, die wenig haben, und den wenigen, die viel haben“, immer mehr vergrößere, daß die Werte der lateinamerikanischen Kultur bedroht seien und die fundamentalen Menschenrechte verletzt würden, heißt es in der Botschaft. Wenn die Bischöfe angesichts dieser Entwicklung gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Probleme aufgriffen, dann täten sie dies nicht, weil sie sich für Lehrmeister in diesen Fragen hielten, sondern weil sie als Sprecher ihrer Völker mit deren Erwartungen - „insbesondere denen der Bescheidensten, der großen Mehrheit der lateinamerikanischen Gesellschaft“ - vertraut seien.

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