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Rabin und viele Sorgen

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Noch bevor die PLO den Status eines offiziellen Vertreters der Befreiungsbewegung Palästinas erhielt und als „Beobachter“ in der UNO zugelassen wurde, erklärten bereits Dr. Georg Habbasch, der an der Spitze der Volksfront zur Befreiung Palästinas steht, und die Führer der ihm nahestehenden kleineren Splittergruppen, daß sie nicht bereit seien, in der PLO weiter mitzuarbeiten. Diese radikalen Elemente, die im allgemeinen nach links und linksaußen tendieren, sprachen sich gegen jegliche politische Lösung mit Israel aus, so daß jetzt nur noch die Fatach und die syrische A-Zaika in der PLO vertreten sind.

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Noch bevor die PLO den Status eines offiziellen Vertreters der Befreiungsbewegung Palästinas erhielt und als „Beobachter“ in der UNO zugelassen wurde, erklärten bereits Dr. Georg Habbasch, der an der Spitze der Volksfront zur Befreiung Palästinas steht, und die Führer der ihm nahestehenden kleineren Splittergruppen, daß sie nicht bereit seien, in der PLO weiter mitzuarbeiten. Diese radikalen Elemente, die im allgemeinen nach links und linksaußen tendieren, sprachen sich gegen jegliche politische Lösung mit Israel aus, so daß jetzt nur noch die Fatach und die syrische A-Zaika in der PLO vertreten sind.

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Die Anerkennung der PLO durch die UNO erweckte in den von Israel besetzten Gebieten große Begeisterung, doch ist bei der Jugend dieser arabischen Gebiete eine starke Tendenz nach links zu verspüren. Viele unterstützen die linken Splittergruppen oder sympathisieren wenigstens mit ihnen.

Das Versäumnis der israelischen Militärverwaltung in den besetzten Gebieten, ein politisches Leben zuzulassen und der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, eine eigene Führung aufzustellen, wirkt sich nun nach sieben Jahren aus.

Die Palästinenser des Westjordanlandes, die bis vor kurzem betonten, daß weder Habbasch noch Arafat, der an der Spitze der Fatach steht, ihre Sprecher seien, sehen heute ausschließlich in diesen beiden ihre Führer. Dies führt zu einer Radikalisierung der politischen Ansichten, was auch in der Presse von Ost-Jerusalem und Bethlehem zum Ausdruck gekommen ist.

Durch die Verbesserung der Beziehungen versucht nun die Sowjetunion, ihren Einfluß geltend zu machen und Ägypten zu veranlassen, bei der nächsten Verhandlungsrunde Maximalforderungen zu stellen, ähnlich wie Syrien. Die Israelis konnten dies bereits beim letzten Kissinger- Besuch erfahren, obwohl der amerikanische Außenminister damals nur kommentarlos die ägyptischen und syrischen Forderungen an die Israelis weiterleitete.

Die Rabin-Regierung hat auch in Israel selbst mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Es ist allen Parteien klargeworden, daß ein Sonderabkommen mit Ägypten allein nicht in Frage kommt. Staatspräsident Sadat wäre zwar daran interessiert, doch kann er es sich aus innenpolitischen Gründen nicht leisten, mit Israel einen Separatfrieden zu schließen, oder auch nur den Kriegszustand mit Israel aufzuheben, ohne dabei die Interessen der anderen arabischen Staaten zu berücksichtigen. Aus diesem Grunde sollen die bevorstehenden Verhandlungen von seiten Israels parallel mit Jordanien und Ägypten geführt werden.

Kaum wurde dies bekannt, als schon die demonstrativen Versuche großer Gruppen religiös motivierter Rechtsradikaler begannen, sich in den besetzten Gebieten anzusiedeln. Dies entgegen dem ausdrücklichen Beschluß der Regierung, nur nach einem genau ausgearbeiteten Plan Neuansiedlungen zu betreiben, wobei die inneren Regionen des Westjordanlandes — Judäa und Samaria — unbesiedelt bleiben sollen, damit diese nach Unterzeichnung eines Friedens oder nach Beendigung des

Kriegszustandes an Jordanien — eventuell auch an einen neu zu gründenden palästinensischen Staat — zurückgegeben werden können.

Die Regierung unternahm zwar alles, um die wilden Siedler zu vertreiben, ging aber, obwohl es sich um Gesetzesbrecher handelte, mit aller

Behutsamkeit vor. Ministerpräsident Rabin ist der Überzeugung, daß man nicht mit Gewalt gegen eine Minderheit Vorgehen kann, die von 35 bis 40 Prozent der jüdischen Gesamtbevölkerung unterstützt wird.

Dies ist auch der Grund, warum Rabin nichts unversucht läßt, um die Religiös-Nationale Partei wieder in die Regierung aufzunehmen. Das gemäßigte Auftreten Rabins ist auch der einzige Weg, auf dem sich eine erneute Spaltung innerhalb der Arbeiterpartei vermeiden läßt.

Kurz vor der zweiten Verhandlungsphase zur Erreichung eines Friedens im Nahen Osten, die im November dieses Jahres beginnen soll, reden beide Parteien von Krieg, reorganisieren ihre Armeen und bereiten sich auf den Ernstfall vor, obwohl weder Israel noch Ägypten oder gar Jordanien Krieg wollen. Doch zur Zeit ist keine der betroffenen Regierungen fähig, einen gemäßigteren Kurs einzuschlagen, so daß man die Situation nur als verfahren bezeichnen kann.

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