Kohlenberger: „Arbeit muss neu bewertet werden“
Systemerhaltende Berufe brauchen nicht nur Applaus, sondern auch eine bessere Bezahlung, sagt die Kulturwissenschaftlerin Judith Kohlenberger.
Systemerhaltende Berufe brauchen nicht nur Applaus, sondern auch eine bessere Bezahlung, sagt die Kulturwissenschaftlerin Judith Kohlenberger.
In Ausnahmesituationen treten auch soziale Ungleichheiten stärker in den Vordergrund – und diese sind vielfältig, wie Judith Kohlenberger, Sozialwissenschaftlerin an der WU Wien, erklärt.
DIE FURCHE: Frau Kohlenberger, die Corona-Krise ist und bleibt eine Ausnahmesituation. Ändert sie auch unser Bild auf die Berufswelt?
Judith Kohlenberger: Besonders in Zeiten der Krise wird offenbar, dass gesundheitliche Risiken ungleich verteilt sind. Der Manager kann im Homeoffice arbeiten, und selbst wenn er einige Wochen lang etwas weniger arbeitet, fällt das gesamtgesellschaftlich kaum ins Gewicht. Er verdient aber zehnmal so viel wie die Supermarkt-Kassiererin, die für den Systemerhalt ungleich wichtiger ist und die sich gesundheitlich viel mehr exponiert.
DIE FURCHE: Welche Fragen ergeben sich dadurch?
Kohlenberger: Den Systemerhaltern wurde allabendlich Applaus gezollt, doch diese Anerkennung muss sich auch in der Bezahlung niederschlagen. Es braucht eine Neubewertung von Arbeit, und zwar auch von unbezahlter, wie etwa Sorgearbeit. Natürlich wird es schwierig, diesen Aspekt bei der Bewältigung der uns drohenden Rezession mitzudenken. Auf Dauer wird man diese Fragen aber stellen müssen.
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