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Römische Hypothesen

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CIC.-Paris, Mitte Februar Man spricht davon seit langem. Schon bald nach dem Krieg wurden Stimmen laut, Pius XII. denke an eine weitgesteckte Reform der römischen Kurie. Diese Kombination stützte sich offenbar auf die Tatsache, daß Pius XII. wichtige Ämter und Würden, wie besonders jene des Staatssekretariats, des Camerlengo und des Kanzlers, unbesetzt ließ. Das Konsistorium vom Februar 1946, das erste des gegenwärtigen Pontifikats, das durch die Ernennung von 28 ausländischen gegen nur vier italienische Kardinäle den Verlust der bisherigen Mehrheit an italienischen Mitgliedern im Heiligen Kollegium i— und dies in bemerkenswertem Ausmaß — entschied, kam jener Auslegung zustatten.

Man sah ferner, daß der Papst in wachsender Zahl Nichtitaliener auf Posten stellte, die bisher traditionsgemäß von italienischen Prälaten eingenommen worden waren — sowohl bei den Vertretungen des Hl. Stuhls im Ausland wie an der Kurie selbst. Diese Tendenz hat sich in der letzten Zeit auf den päpstlichen Hof selbst und auf die „Famiiiaren“ des Papstes ausgedehnt, wo Ausländer bis nun nicht aufgetreten waren. So hat ein Holländer, P. Canisius van Vierge, das Amt des Sakristans übernommen, das seit dem Tode von Msgr. de Romanis vakant war, während ein Irländer, P. Michel Browne, dem Pater Mariano Cordovani als Majordomus des apostolischen Palastes gefolgt ist.

Nun tritt überdies ein materieller Umstand zu jenen hinzu, die bereits zugunsten der eben erwähnten Annahme sprechen: die römischen Kongregationen sind im Begriff, den Palast S. Callisto zu verlassen, wo sie sich nach dem Lateranvertrag mit Italien vom Jahre 1929 niedergelassen hatten, um ihren Sitz in die neuen, weitläufigen Baulichkeiten zu verlegen, die sich zwischen dem Petersplatz und der Via della Conciliazione erheben und die in den letzten Monaten die Ausstellung des Heiligen Jahres beherbergten. So würde man daher mit Hilfe dieser Ubersiedlung zu einer gänzlichen Umgruppierung der verschiedenen Kongregationen schreiten können, die sich in von einer einzigen höchsten Leitung abhängige Dienststellen verwandeln ließen, an deren Spitze ein Kardinal gestellt würde, in dessen Person die Autorität jener Kardinäle zusammengefaßt wäre, die bisher die römischen Kongregationen als Präfekten geleitet haben oder als Sekretäre im Falle jener Abteilungen, deren Präfekt der Papst selbst ist. Diese Umordnung der Kongregationen hätte das Ergebnis, daß sich die Anzahl der Kurienkardinäle, die sich unter Pius XI. durchschnittlich au 25 belief und gegenwärtig nicht mehr als 13 zählt, um zwei oder drei vermindern würde. Eine weitere Folge dieser Reform wäre, daß sich die Zahl der italienischen Kardinäle durch sie auf jene der Bischöfe und Erzbischöfe verringern würde, die Mitglieder des Hl. Kollegiums sind. Bis jetzt waren fast alle Kurienkardinäle, deren Zahl zu der jener Kardinäle hinzuzurechnen war, die Oberhirten italienischer Diözesen waren, italienischer Nationalität, was ihnen insgesamt die Mehrheit im Kardinalskollegium verlieh.

Wenn diese hier in Rede stehende Reform tatsächlich ins Werk gesetzt würde, dann würde wahrscheinlich in Hinkunft die Verteilung der Kardinalshüte auf die verschiedenen Teile der Christenheit nach dem nunmehrigen Verhältnis der Gläubigen der einzelnen Länder stattfinden. Dies ist nun allerdings nur eine Annahme, an die jedoch eine Anzahl von Leuten in Rom gerne glaubt. Die nächsten Monate werden erweisen, ob sie in Wirklichkeit umgesetzt werden wird. Das für die nächsten Wochen erwartete Konsistorium wird nicht mehr vor Ostern stattfinden können. Es ist Brauch, ein solches sechs Wochen vor seinem Zusammentritt anzukündigen, um den neuen Kardinälen genügend Zeit zu lassen, nach Rom zu kommen und ihre geistliche Kleidung vorzubereiten. Man glaubt daher, daß das Konsistorium zu Beginn des Sommers stattfinden wird: es wird erweisen, was an den Hypothesen Realität ist.

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