6769505-1968_48_13.jpg
Digital In Arbeit

Freude an Musik

Werbung
Werbung
Werbung

VON DER UNENDLICHEN VIELFALT DER MUSIK. Von Leonard Bernstein. Rainer Wunderlich Verlag-Hermann Leins, Tübingen. 196 Seiten. DM 25.—.

Leonard Bernstein hat für die Popularisierung und das Verständnis klassischer europäischer Musik in den Vereinigten Staaten mehr getan als irgendein anderer vor ihm. Dies geschah in mehreren von ihm gestalteten Femsehserien, in denen er sich vor allem an die Jugend wandte. — Seine Kommentare sind, wie könnte es anders sein, typisch amerikanisch: zuweilen ein wenig naiv und simplifizierend, aber handfest und allgemeinverständlich. Er selbst ist ja ein versierter und gebildeter Musiker, und von solchen Digest- Einführungen erwartet man weder Gründlichkeit noch wissenschaftliche Methoden. Die Gefahren liegen auf der Hand, aber Bernstein weiß ihnen fast immer auszuweichen.

Das Copyright dieses stattlichen, mit vielen Notenbeispielen ausgestatteten Bandes nennt die Leonard Bernstein Foundation als Herausgeber. Das Buch soll also gewissermaßen ein literarisches Denkmal von Bernsteins musikpädagogischer Tätigkeit — neben seinem Wirken als Dirigent — sein. Wahrscheinlich ist die deutsche Ausgabe als Geburtstagsgruß gedacht, den die Stiftung ihrem Stifter darbringt.

In der Einleitung spricht Bernstein von dem oft in düsteren Farben gemalten Graben, der das Musikpublikum von heute von den zeitgenössischen Komponisten scheidet. Bernstein glaubt, er werde sich wieder schließen. (Aber dafür sind vorläufig noch keine Anzeichen vorhanden. Natürlich kann man es glauben.) Hierauf folgt ein imaginäres Gespräch über allerlei mit keinem Geringeren als George Washington. Hierauf fünf Femsehmanuskripte, die folgende Themen behandeln: Die unendliche Vielfalt der Musik, Jazz in ernster Musik (der interessanteste Beitrag). Der zeitlose Mozart, „Rhythmus” und die Romantik in der Musik. Der Bericht über ein Urlaubsjahr (teilweise gereimt) ist ein sehr persönlich gehaltenes Intermezzo vor dem zweiten Teil des Buches, der Analyse je einer Symphonie von Beethoven, Brahms, Dvofäk und Tschaikowsky: im allgemeinen beschreibend, aber mit einer ganzen Reihe hübscher und überraschender Trouvaillen. In „Eine Plauderei” versucht Bernstein seinem Publikum (Studenten der Universität von Chikago) das Geheimnis des Schaffensprozesses, der Inspiration zu erläutern. Seine Erfahrungen decken sich auf diesem Gebiet mit denen zahlreicher anderer Komponisten, auch so verschiedener wie Pfitzner und Hindemith. Die an den Vortrag anschließende Diskussion wäre besser weggeblieben.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung