Egon Seefehlner gab seinem Buch den Untertitel „Vom Rechtspraktikanten zum Opernchef in Berlin und Wien“. Einer echten altösterreichischen Familie entstammend, drängte Seefehlner frühzeitig zur Musik. Seine erste Kulturtat war die Mitbegründung der österreichischen Kulturvereinigung und der Monatsschrift „Der Turm“. Ab 1946 war er Generalsekretär der Wiener Konzerthausgesellschaft.Von den Jahren 1946—1960 (seit 1954 war er auch Kodirektor der Wiener Staatsoper) soll hier hauptsächlich die Rede sein. Es war Seefehlners „heroische Zeit“, denn in diesen 15 Jahren wurde nicht
Der Kölner Musikologe Heinrich Lindlar, einer der besten Strawinsky-Kenner, hat ein Quellenlesebuch zusammengestellt, bestehend aus Aufsätzen, Kritiken und Erinnerungen an Strawinsky, in welchem auch der genaue Kenner der Materie so manches Neue, vor allem aber einmal Gelesenes und seither Vermißtes, Vergessenes finden wird.Ein chronologisches Werkverzeichnis, auf drei Abschnitte des Buches aufgeteilt, nennt Abschlußjahr, Erst- und Neufassungen sowie Bearbeitungen und Verlage. Dann folgt ein kommentiertes Verzeichnis der Autoren von Büchern und Artikeln über Strawinsky, schließlich ein
Im Jahre 1935 erschien in einem Wiener Verlag die Anthologie „Der ewige Kreis“, herausgegeben von meinem Studienfreund Otto Brandt-Hirschmann — unterstützt, beraten und mit Begeisterung begrüßt von einem kleinen Kreis junger Germanisten. Denn in diesem Büchlein von knapp 200 Seiten waren nicht weniger als 40 Lyriker vertreten, von denen mehr als die Hälfte aus den Bundesländern stammte und de-ren Gedichte ein Niveau und eine Vielfalt aufwiesen, wie es sie auf diesem Gebiet seit mindestens hundert Jahren nicht mehr gegeben hatte.Es waren Dokumente einer lyrischen Blütezeit, die nur
Sie wurde als Marie Jedlitzka in Brünn geboren. Von dort, wo sie Chorsängerin war, holte sie Rainer-Simons 1910 an die Wiener Volksoper, 1912 wünschte Kaiser Franz Joseph ihre Aufnahme ins Ensemble der Hof oper. Hier blieb sie, von Gastspielen in fünf Metropolen unterbrochen, bis 1921.Die Aufmerksamkeit großer Komponisten begann sie auf sich zu lenken, als sie am 25. Oktober 1912 am Stuttgarter Hofoperntheater die Titelpartie in „Ariad-ne auf Naxos” von Richard Strauss sang. Dank ihrer hohenMusikalität und raschen Auffassungsgabe lernte sie schwierigste Rollen in kürzester Zeit. Was
Es war die Kunstsensation des Jahres 1973 als der Schweizer Komponist Rolf Liebermann, zuletzt Intendant in Hamburg, als erster Ausländer zum Leiter der Pariser Oper berufen wurde. DasPalais Garnier, dessen Glanz verblaßt war, sollte damit einer neuen Blütezeit zugeführt werden.Entgegen vielen skeptischen Prognosen ist dies dem bewährten Opernfachmann auch gelungen.In diesem großformatigen Buch mit zahlreichen Farbfotos gibt Liebermann Rechenschaft über insgesamt 56 Inszenierungen. Er selbst ergreift nur zweimal das Wort: in der einleitenden „Rede an die Macht“ und in der
Wer heute den Namen Bartök hört, denkt zunächst einmal an den Komponisten. Aber Bartök war auch ein bedeutender Musikologe, ein Volksmusikforscher, ein angesehener Pädagoge und ein virtuoser Pianist. Jetzt eben erschienen acht Langspielplatten, auf denen alles gesammelt ist, was Bartök seinerzeit in aller Welt gespielt hat, nachdem schon früher 39 Platten mit seinem gesamten kompositorischen Werk heraus gekommen waren, das selbst den Bartök-Kenner durch seinen Umfang überraschte…
Die Literatur über Richard Wagner . und sein Werk füllt eine kleine Bibliothek. Trotzdem mußten wir auf die vollständige, gültige und gutgeschriebene Biographie fast bis zur Wiederkehr seines 100. Todestages warten. Ihr Autor ist Martin Gregor-Dellin, ein hochgebildeter Mann und ein brillanter Schriftsteller; als Mitherausgeber der umfangreichen zweibändigen Tagebücher Cosimas ein Bayreuth-Insider - und trotzdem kein „Wagnerianer“.Wiederholt betont der Autor, es handle sich bei seinem Buch um eine Biographie, eine „Erzählung“ - und um kein „Musikwerk“, obwohl
Dieses umfangreiche Buch ist die Fortsetzung der Memoiren des berühmten Pianisten. Auf fast 1000 Seiten berichtet Rubinstein von seiner Konzerttätigkeit in aller Welt.Bis zu 100 Konzerte im Jahr hat Rubinstein absolviert, immer erfolgreich, fast immer mit sich zufrieden, wobei er sein Leben, als das eines Weltreisenden durch alle fünf Kontinente, sehr genossen hat. Sein Repertoire war relativ begrenzt: fast immer die gleichen Stücke von Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann und Chopin. Aber fast wichtiger waren für ihn seine unzähligen Begegnungen und Freundschaften mit Künstlern
Der Wiener Otto Weininger wurde 1880 geboren und konzipierte den Grundgedanken seines Hauptwerkes bereits als Student. Aus der Dissertation wurde ein sensationeller und „ansteckender" Wälzer, der mit dem umfangreichen Anmerkungsapparat über 600 Seiten umfaßte. Weiningers zunächst empirische Beobachtung, aus der er dann aber eine umfassende Theorie und Weltanschauung machte, war, daß der Mensch, seine Psyche, sein Charakter und seine Anlagen, aus männlichen und weiblichen Elementen zusammengesetzt ist.Weiningers Manie, die man auch als Phobie bezeichnen kann, ist, daß das
Franz Willnauer stellt in seinem gründlichen Buch nicht nur die künstlerische Seite von Mahlers Wirken, sondern seine Tätigkeit als k. k. Hofoperndirektor dar, dessen vorgesetzter Behörde, der k. u. k. Hofopernintendanz, nicht immer ganz gegenwärtig war, daß dieser Künstler, gemeinsam mit dem Bühnenbildner Alfred Roller und einer Elite von Sängern während zehn Jahren, von 1897-1907, Wien nicht nur eine glanzvolle Ära, sondern zugleich auch eine der geschlossensten und bedeutendsten Kulturleistungen der Jahrhundertwende bescherte. Die Kapitel „Der Künstler und die
Zwei Dutzend Musikologen hatten sich eine Woche lang im Palais Palffy versammelt, um über Alban Bergs kompositorisches Schaffen, seine sonstigen A kti\ttäten(etwa im Schönberg-Verein und in den Musikblättern des ..Anbruch”), über biographische Details, über die philosophischen Grundlagen sowie über Bergs geistige Umwelt zu referieren und zu diskutieren.Besonders ergiebig waren die Referate über die Dramaturgie seiner beiden Opernwerke „Wozzeck” und ,,Lulu”, speziell über die musikalische und szenische Zeit, ebenso über die Zeitstrukturen des Kammerkonzerts. Auch von der
Auf Drängen vieler Freunde und Verehrer Furtwänglers, deren Zahl sich nach dem Tod des großen Dirigenten noch bedeutend vergrößerte, hat sich die in Clarence am Genfer See lebende Witwe entschlossen, ihre Erinnerungen, 25 Jahre nach Furtwänglers Tod, aufzuzeichnen. Genauer: sie transkribierte eine Anzahl von Tonbändern, die Daniel Gillis, Professor an der Universität Haverford, von ihren Gesprächen aufgenommen hat.In ihren genauen, detaillierten, kenntnisreichen und unsentimentalen Erinnerungen erleben wir Furtwängler noch einmal aus nächster Nähe: den Knaben, der, bevor er
(Wiener Staatsoper) Es ist während der letzten 20 Jahre Mode geworden, ganze Liederzyklen zu choreographieren. Drei Beispiele dieses neuen Genres führte Rudolf Nurejew am ersten Abend seines einwöchigen Gastspiels an der Wiener Staatsoper vor. Das gewagteste Werk, in Wien noch nicht produziert, obwohl schon 1962 von seinem Schöpfer Glen Tetley uraufgeführt, war Schönbergs aus 21 Gedichten von Albert Giraud bestehendes Melodram „Pierrot lunaire", 1912 komponiert. Die Befürchtungen des Besuchers (Uberlänge, Monotonie, Diskrepanz zwischen Text und Tanz) wurden zerstreut, und
In einem gewichtigen, trotzdem handlichen Band hat Harold von Hofe die bedeutendsten Essays von Ludwig Marcuse gesammelt, die seit dessen Emigration in Frankreich, in den USA und nach seiner Rückkehr nach Deutschland entstanden sind, wo Marcuse bis 1971 in Bad Wiessee lebte. Der große Einzelgänger, der deutsche Philosophie und Literatur lehrte, ist einer der letzten „Aufklärer" aus der Schule Heines, Nietzsches und Freuds. Seine Dissertation behandelte „Die Individualität als Wert und die Philosophie Nietzsches". Solchen Individualisten widmete er auch die meisten seiner
(Konzerthaus, Wien) Im letzten Philharmonischen Abonnementkonzert in einem freien Wien und einem unabhängigen Österreich dirigierte Bruno Walter außer einer Bruckner-Symphonie auch ein Werk des Wiener Komponisten und bekannten Byzantini-sten Egon Wellesz. Wellesz hatte sich einige Jahre vorher mit Shakespeares „Sturm" in Hinblick auf eine neue Oper beschäftigt und zunächst fünf symphonische Stücke dazu komponiert, denen er den Titel „Prosperos Beschwörung" gab.Nun wurde, anläßlich des 5. Todestages von Egon Wellesz, im Großen Konzerthaussaal durch das ORF-Orchester
(Wiener Staatsoper) Seit nunmehr bald 20 Jahren leitet Maurice Bėjart sein Ballett des 20. Jahrhunderts in Brüssel. Viermal war er schon in Wien und brachte jedesmal überraschend Neues, Faszinierendes, Spektakuläres, einen Hauch von „großer Welt“. So auch diesmal mit „Notre Faust“ in der seiner Choreographie kongenialen Ausstattung durch Thierry Bosquet, der es fertigbringt, die Bühne der Staatsoper doppelt so groß erscheinen 1 zu lassen als sie in Wirklichkeit ist.Der erste Teil reiht die wichtigsten Szenen dės Urfaust aneiriän-' der. Zu dramatischen oder grotesken Aktionen
Fünfmal tanzt im Lauf dieses Monats Rudolf Nurejew in der Wiener Staatsoper die männliche Hauptpartie in Tschaikowskys „Schwanenseee”. Das darf man ohne Übertriebenen Optimismus als gutes Omen für eine künftige dauernde Bindung dieses einzigartigen Tänzers an die Wiener Staatsoper ansehen, zumal man weiß, daß dies auch der Wunsch des neuen Direktors Lorin Maazel ist.Die Chancen sind gut: Der Posten ist ab 1982 vakant,und Nurejew hat mit 41 Jahren genau jenes Alter erreicht, da ein Tänzer sich die Frage stellt, wie es mit ihm nun weitergehen soll. Er wird, obwohl noch auf der
Das vorläufig letzte der insgesamt 18 Arkadenhofkonzerte im Wiener Rathaus leitete Zoltän Rozsnyai. Wir erinnern uns: Oktober 1956, ungarischer Aufstand. Mit den rund 200.000 Flüchtlingen waren auch 120 Orchestermusiker über die rettende österreichische Grenze gekommen. Sie stammten aus drei verschiedenen Budapester Orchestern. Sie zu einem, auch heute noch bestehenden Ensemble vereinigt zu haben, war das Werk Zoltän Rozsnyais, der heute als erfolgreicher Dirigent hauptsächlich in den USA (Cleveland, San Diego, Utica, derzeit Knoxville) tätig ist. Natürlich konnte Rozsnyai das nicht
Wer über die Entwicklung und die Schöpfer der Musik unserer Zeit spricht oder schreibt, wird alsbald verpflichtet sein, als ihren kompetentesten Anwalt und Kritiker Hans Heinz Stuckenschmidt zu zitieren. Nun legt er seine Lebenserinnerungen vor: einen stattlichen Band, dessen 18 Seiten Namensindex allein schon von der Weite des Kulturhorizonts und dem Umfang der behandelten Materie Zeugnis ablegen.Stuckenschmidt, Jahrgang 1901, zuletzt Professor emeritus der TU Berlin, ist Autodidakt, im akademischen Sinn. Aber was hatte er für Lehrer und Freunde, schon als junger Mensch... Immer waren es
(Friedrich-Schmidt- Wohnung Wien). Es war eine gute - von Dr. Karlheinz Roschitz realisierte -Idee, als Ergänzung zu den Vorträgen und Dokumentationen unter dem Titel „Die Wiener Ringstraße“, das Publikum auch einen Blick in die Interieurs, wenn auch nur einige wenige, tun zu lassen. Und da im Rahmen der Wiener Festwochen ein Musikfest stattfindet, veranstaltete man an mehreren Orten „Salon“'-Kammer-, konzerte.Zwei junge Künstlerinnen, Elisabeth Weiss und Leonore Müller, spielten dabei in der Wohnung des Erbauers des Wiener Rathauses Sonaten von Brahms und De-bussy sowie
Wiens „Musikalische Jugend“ wurde vor 30 Jahren begründet, der Jeunesses-Chor 10 Jahre später. Seither hat er sich zu einem Spitzenensemble entwickelt, das den Vergleich mit den großen Wiener Chorvereinigungen(Singakademie, Singverein, Opernchor u. a.) nicht zu scheuen braucht. Im Gegenteil: das fast unerschöpfliche Reservoire junger kräftiger Stimmen, sowie die Bereitschaft zu vielen und anstrengenden Proben befähigen diesen Chor auch zur Aufführung schwierigster und vor allem auch neuer Werke, weshalb er von berühmtesten Dirigenten gerne geleitet wird.Sein 20jähriges Jubiläum
(Staatsoper, Wien) Gleich bei der ersten Wiederholung des Ulysses-Balletts von Haubenstock-Ramati gab es einen zusätzlichen Effekt, als am vergangenen Dienstag wenige Minuten vor Schluß des Stückes und des Abends die Scheinwerfer erloschen und die Lautsprecher verstummten: Bei gespenstischer Notbeleuchtung exekutierte Rudolf Nurejew, ganz Profi und mit souveräner Sicherheit, sein Finalsolo. Diesmal gab es nur begeisterten, durch keinerlei Buhrufe gestörten Applaus. 1Ein voller Erfolg wurde auch der nächste Abend der Ballettwochen. Nach John Neumeiers prunkvollem „Don Juan“ auf Musik
Unter den Komponisten seiner Generation ist Hans Werner Henze nicht nur der talentierteste, sondern auch der vielseitigste und produktivste. Der 1926 geborene westfälische Lehrersohn betrat schon als 20jähriger die internationale Kunstszene, auf der er sich ohne Unterbrechung behauptet hat, und zwar immer dort, wo es am weltläufigsten und interessantesten zuging.
Das war auf jeden Fall ein kluger Programmeinfall und ein interessanter Abend: Karl Maria von Webers als Skizze Unterlassene und von Gustav Mahler ausgeführte Komische Oper „Die drei Pintos“ im Rahmen der Wiener Festwochen vorzustellen. Denn nur die ältesten unter den Wiener Musikfreunden haben sie gesehen, aber viele waren auf das in allen Weber- und Mahlermonographien erwähnte Werk neugierig.
Ein ganz besonderer Fall, dieser Er-manno Wolf-Ferrari: geboren und gestorben in Venedig, hier aufgewachsen und später Lyceums-Direktor, Studium in München, Musiklehrer und Chordirektor in Mailand, aber auch Leiter einer Kompositionsklasse am Salzburger Mozarteum, ein echter Deutsch-Italiener oder italienischer Deutscher, nicht nur der Herkunft nach, auch in seiner Musik Diese Mischung empfand er nicht als Spannung oder gar Konflikt, er nahm sie als Selbstverständlichkeit, Darauf deutet auch seine fast pausenlose, aber stets kritisch kontrollierte Produktion. Ein erster Opernzyklus umfaßt
Sein vorläufig letztes Werk schrieb der 70jährige Marcel Rubin im Auftrag der Musikalischen Jugend und widmete es deren ausgezeichnetem Chor und dessen Dirigenten Günther Theuring, die es im Großen Musikvereinssaal zur Uraufführung brachten. Es mag dem abgelaufenen Beethoven-Gedächtnisjahr zuzuschreiben sein, daß Rubin als Text für seinen „Heiligenstädter Psalm“ das immer wieder ergreifende Testament Beethovens aus dem Jahr 1803 wählte. Außerdem verwendete er noch einige Bibelzitate, und zwar aus den Psalmen und dem 1. Paulus-Brief. Als Titel schrieb er über seine fünfteilige
Seine ephebenhafte Erscheinung täuscht: Der Tenor Heinz Zednik ist eine starke Persönlichkeit, podiumsgewohnt und kraftvoll in der Gestaltung seiner Rollen. Sein unverwechselbares Timbre hat ihm in Bayreuth Rollen wie die des Mime und des Loge beschert. Im Brahms-Saal gab das Mitglied unserer Staatsoper für die „Jeunesses“ einen Abend mit nicht weniger als 36 Liedern aus Wolfs Spanischem und dem Italienischen Liederbuch und den gesamten Krämerspiegel von Richard Strauss: vorbildlich in der Deklamation, temperamentvoll, mit Tiefe, mit geradezu endloser Kraft und mit köstlichem Humor.
Ein Konzert wie das letzte im Großen Sendesaal des Wiener Funkhauses gibt es wohl nur einmal in der Saison. Auf dem Programm standen nämlich lauter Novitäten, und zwar hörenswerte. Das Ensemble „20. Jahrhundert“ unter Peter Burwik sowie die Sopranistin Marjana Lipovsek waren die kompetenten Ausführenden, und das Publikum war sehr begeistert.Besonders gut als Intrada eignete sich die Instrumental-Motette „Ut hermita solus“ von Harrison Birt-wistle nach Johannes Ockeghem. Wie der zur „Manchester-Gruppe“ gehörende, 1934 geborene Birtwistle das kunstvoll gewebte Vokalstück
Wenn man das Stichwort „Hauptmann von Köpenick“ hört oder liest, denkt man natürlich zuerst an das Zuckmayersehe Erfolgsstück, 1931 in Berlin uraufgeführt: mit seinen 21 Szenen einer Bilderfolge unter dem Motto „Ein deutsches Märchen“, nämlich aus der Zeit Wilhelms II. Aber mit ihm hat das Libretto, das Heinz von Cramer für den Komponisten Boris Blacher schrieb, nur die Fabel gemeinsam, eine Zeitungsnotiz vom 17. Oktober 1906 mit folgendem Wortlaut: „Ein als Hauptmann verkleideter Mensch führte gestern eine von Tegel kommende Abteilung Soldaten nach dem Köpenicker Rathaus, ließ den Bürgermeister verhaften, beraubte die Gemeindekasse und fuhr mit einer Droschke davon.“ (Kaiser Wilhelms Kommentar zu diesem Streich verdient, der Nachwelt überliefert zu werden. Er sagte nämlich lachend: „Da kann man sehen, was Disziplin heißt! Kein Volk der Erde macht uns das nach!“) Zur Premiere in der Volksoper:
Das schöne Freiburg, in Deutschlands südwestlichster Ecke gelegen, hat nicht nur ein französisches Kulturinstitut, ein französisches Lyzeum und eine französische Garnison mit ständig dort residierendem General, sondern auch immer wieder französiche Gastspiele aller Art. Trotzdem können es die Städtischen Bühnen Freiburg als Auszeichnung betrachten, daß Jerdme Savary (in Wien wohlbekannt durch seinen vor zehn Jahren gegründeten „Grand Magic Circus“ mit „Von Moses bis Mao“ und „Les Grands Senti-ments“) zum ersten Mal eine seiner Produktionen mit deutschen Schauspielern
Gustav Mahler und sein Werk sind während der letzten zwanzig Jahre so interessant und populär geworden, daß auch ein kleinerer Verlag es wagen kann, ohne besonderen Anlaß, also nicht zu einem „runden“ Geburtsoder Todesjahr, ein großformatiges Buch herauszugeben - und als Autoren neben einigen bekannten auch mehrere wenig bekannte einzuladen. Auch dieser Band wird, wie vor einigen Jahren die Aufsehen erregende Bildbiographie „Wagner“ (in der Wiener Universal-Edition), mit einem Vorwort von Pierre Boulez eingeleitet, der sich vom musikalischen Revolutionär nicht nur zu einem
Vincenzo Bellini (1801 bis 1835), der früh vollendete und jung gestorbene blonde Sizilianer, war ein Glückskind im Leben und in seiner Kunst. Entwicklungsgeschichtlich stand er zwischen den „alten Italienern“ wie Zingarelli, Jomelli, Pai- siello und Pergolesi, die in Neapel seine Lehrer waren - und dem in Neuland vorstoßenden Verdi (übrigens wurde er von diesem ebenso geschätzt wie von dessen großem Gegenspieler Wagner). Was Bellini auszeichnet, ist weniger der dramatische Zugriff oder die absolute Einprägsamkeit seiner Melodien, als deren lyrischer und sinnlicher Reiz.
Erinnert man sich noch an die Aufführungen des „Ludus Danieli“ in der Minoritenkirche durch ein Wiener Ensemble für alte Musik? Das war nach langer Pause die erste Wiederbegegnung mit einem mehrere Jahrhunderte alten Genre. 1968 folgte bei den Salzburger Festspielen Cavalieris „Rappre- sentazione“ mit solchem Erfolg, daß nicht nur in späteren Jahren diese Aufführung wiederholt werden konnte, sondern daß man auch für die heurigen Festspiele wieder eine Kirchenoper plant (Landis „Sant’Alessio“). Aber schon vorher, im Juli, soll in der Wiener Universitätskirche eine geistliche Barockoper aufgeführt werden...
In Anwesenheit des heute 73jähri- gen Altmeisters der modernen Choreographie George Balanchine fand am vergangenen Samstag-Abend in der Wiener Staatsoper die Erstaufführung eines Werkes statt, das zwar schon vor 20 Jahren geschaffen wurde, das Balanchine aber noch nie einem fremden Ballett anvertraut hat. Das ist eine schöne Geste des großen Künstlers, auf die sich Wien und sein Staatsopernballett wohl etwas einbilden darf.Im 1. Teil des Programms wurde „Serenade“ auf Streichermusik Tschaikowskys getanzt. 1933 bereits in Amerika konzipiert und ausgeführt, kann dieses Meisterwerk der
Auf seiner zweiten großen Europareise (1763 bis 1766), die ihn bis London führte, lernte der neunjährige Mozart den „Betrieb“ einer italienischen Oper, die in London auf Tournee war, sozusagen von innen kennen. Italienische Opern hatte er vorher sicher schon in Wien, wahrscheinlich auch in Salzburg, gehört. Aber in London sah er, „wie es gemacht wird“. Die erleuchtete Bühne faszinierte ihn ebenso wie die großen Arien und Ensembles, und wenn er ein besonders gelungenes Stück hörte, geriet er geradezu in Zorn darüber, daß nicht er es geschrieben hatte: untrügliches Zeichen
Als Ambroise Thomas 1896 hochbetagt starb, war sein Hauptwerk „Mignon” an verschiedenen Bühnen mehr als tausendmal aufgeführt worden. Die Premiere hatte 1866 an der Pariser Opera comique stattgefunden. Der Ort der Uraufführung ist wichtig, weil er der Grund für die vier verschiedenen Fassungen des Schlusses von „Mignon” ist. Bei Goethe stirbt das geheimnisvolle, anmutig-schöne Mädchen aus „Wilhelm Meisters Lehrjahren”. Aber in der Opėra comique durfte das nicht sein: Alle hier gespielten Werke mußten happy enden. So mußte Thomas einen anderen Schluß f .-rfinden - oder das
Nicht weniger als 16 Abende hatte das Staatsopernballett im Jänner und Februar im Großen Haus am Ring und in der Volksoper. Mehr als früher in einer ganzen Saison. Mit diesem (jahreszeitlich vorverlegten) Ballettfrühling wurde eine Forderung erfüllt, die wir seit rund 25 Jahren an dieser Stelle und auch in Leitartikeln gestellt haben. Dabei hatten wir tapfere Mitstreiter, vor allem das Staatsopernballett selbst und seinen langjährigen Leiter, Aurel von Milloss, dazu noch einige Kritikerkoliegen von anderen Zeitungen. Aber alle Bemühungen waren vergeblich, da sich unter den vier letzten Direktoren der Staatsoper kein Ballettfreund befand. Nun hat die Staatsoper in der Person des Dr. Seefehlner einen solchen - und in Gerhard Brunner einen ambitionierten und sachkundigen Ballettdirektor.
Zum vorletzten Mal wurde das erste Ballett von Richard Strauss, die „Josephslegende”, vor 20 Jahren an der Wiener Staatsoper inszeniert. Was wir vorige Woche im Großen Haus am Ring sahen, war eine sowohl von der damaligen wie von der Original-Choreographie gleich weit entfernte Neufassung. Sie stammt von dem derzeit in Hamburg als Ballettchef wirkenden Amerikaner John Neumeier, der zwar die Grundfabel, das Hauptmotiv (Widerstand gegen die Verführung) beibehielt, aber die Handlung um viele Details bereicherte, vor allem aber den „rettenden Engel” (in der Uniform eines höheren römischen Offiziers) von allem Anfang an mitspielen ließ und ihn auch deutlich in der letzten Szene zeigte, da er Joseph mit sich nimmt, in eine höhere Sphäre… Neumeier bringt auch Bewegung in die sonst meist statische Gestalt von Potiphars Weib. Sie thront nicht nur, sondern sie agiert und tanzt - fast so ausgiebig wie Salome - und mit dem gleichen Zweck.
Von aufmerksamen Beobachtern der Kunstszene der letzten 50 Jahre werden die Chancen der zeitgenössischen Opernproduktion meist recht pessimistisch beurteilt. Man sieht die Gründe hiefür hauptsächlich im Mangel an geeigneten Libretti, das heißt: im Fehlen von Dichtern, die geneigt wären, mit Komponisten zusammenzuarbeiten. Und man sieht sie in den zu hohen Ansprüchen, die an alle Ausführenden sowie an das Publikum gestellt werden. Diesen Schwierigkeiten auszuweichen, hat der 1918 geborene österreichische Komponist Gottfried von Einem verstanden und hat, vor die Alternative „Spätromantik oder Avantgardismus“ gestellt, einen dritten, sehr erfolgreichen Wec eineeschlaeen.
Benjamin Britten, 1913 in Ostengland (Grafschaft Suffolk) geboren, wo er seit 1947 sein eigenes Landhaus bewohnte, gehört zu den produktivsten Komponisten seiner Generation. Die typische Frühbegabung des Musikers zeigte sich schon beim Fünfjährigen, und in der 1934 veröffentlichten „Simple Sympho-ny“ verwendete er ausschließlich Themen, die er zwischen seinem 9. und 14. Lebensjahr notiert hatte. Wohl kaum ein zeitgenössischer Komponist von Rang hat seit 1945 soviel Erfolg gehabt. Diesen dankt Britten vor allem seine Opern. Bereits 1945, nach seiner Rückkehr aus den USA, wo er von
Der jüngste Premierenabend des Staatsopernballetts in der Volksoper kann als Exempel für das angeführt werden, was wir seit vielen Jahren unermüdlich empfehlen (zuletzt in FURCHE 5/1976): den häufigeren Einsatz unserer Tänzer, womöglich ohne teure Gäste, in sparsamen Dekorationen. Der Beweis, daß die Qualität des Dargebotenen nicht darunter zu leiden braucht, erbrachten zumindest die Solisten Lisi Maar, Karl und Ludwig Musil, Lilly Scheuermann und Michael Birkmeyer, Susanne Kirnbauer, Franz Wilhelm und einige andere.
Vf)R genau 50 Jahren begann in v,x*- Berlin eine der interessantesten Unternehmungen der neueren Musikgeschichte, das „Experiment Krolloper“. Eg ist mit den Namen Klemperer, Gründgens, den Bühnenbildnern Theo Otto, Caspar Neher und Eduard Düllberg (vom Bauhaus) sowie Hans Curjel als Dramaturg verknüpft. Vier Jahre später, 1931, wurde dem kühnen Unternehmen, das von allem Anfang an im Scheinwerferlicht — oder besser: im Kreuzfeuer — der Kritik stand, durch Attacken der Parteipresse und Angriffe im Reichstag der Garaus gemacht, der Hahn abgedreht.Eine Gruppe von Künstlern hatte
In der österreichischen Gesellschaft für Musik präsentierte Kurt Blaukopf seine kürzlich erschienene Dokumentarbiographie „Mahler“. Fünf Jahre lang hat er an dem großen, reich illustrierten Buch gearbeitet und Material aus etwa 20 Städten zusammengetragen. Seit mehr als 30 Jahren beschäftigte sich Blaukopf mit dem Werk und der Biographie Gustav Mahlers, über den er bereits 1969 eine Monographie veröffentlicht hat. Blaukopf ist Vorstand des Institutes für Musiksoziologie an der Hochschule für Musik und bildende Kunst, Honorarprofessor an der Universität Wien, Mitglied des Exekutivkomitees der UNESCO und Vizepräsident der internationalen Gustav-Mahler-Gesellschaft.
Das Gewichtigste und Erheilendste hat Romain Rolland, der große Mittler zwischen Deutschland und Frankreich, bereits 1904, ein Jahr nach dem Tod des Komponisten, in einem knapp 50 Buchseiten umfassenden Essay gesagt: „Ob Berlioz es gewollt hat oder nicht, er hat der Kunst prachtvolle neue Wege geöffnet. Er hat der Musik Frankreichs den wahren Weg gezeigt, der seinem Geist entsprach, er hat ihm seine Bestimmung offenbart, die bisher verkannt war.“ Für den Fremden erscheint aber Berlioz eher wie ein erratischer Block, wie ein gewaltiger Fremdkörper innerhalb der französischen
Nach Wieland Wagner eines der zehn Musikdramen neu zu inszenieren und auszustatten, das kommt, wie ja auch der vieldiskutierte und heftig angefeindete letzte Bayreuther „Ring“ erwiesen hat, einem Himmelfahrtskommando gleich. Und auch Cherreau kann man nicht kopieren, höchstens persiflieren. Aber der bisher in Tübingen tätig gewesene neue Freiburger Intendant, Dr. Manfred Beilharz, hat es gewagt, auf der Suche nach einem „dritten Weg“ seinen hauseigenen Regisseur Michael Rothacker mit dieser heiklen Aufgabe zu betrauen, der, das sei vorweggenommen, eine recht anständige, vernünftige Lösung gefunden hat.
Aai dem schon sehr südlich wirkenden Ufer des Genfersees, wo sich wie kaum an einem anderen Ort der Welt so viele Zelebtrjtäten angesiedelt haben oder vorübergehend weilten, findet jeweils im September ein Musikfest von besonderer Art und Qualität statt. Heuer war es das 31. und dauerte bis zum 5. Oktober.In jedem Herbst sind Montreux und Vevey Treffpunkt großer Chöre und Orchester: der Symphonieorchester aus München, Stuttgart, Bamberg und Preßburg. Von den Vokalensembles sei nur der Londoner Monteverdi-Chor hervorgehoben. Unter den Kammermusikvereinigungen dominierten heuer die
„Von den Dichtern seiner Generation ist Benn einer der interessantesten, weil fortgeschrittenste und unerschrockenste“. Das schrieb in einer Rezension nicht ein junger „sozio-polit Literaturdozent,“ sondern der alte Hermann Hesse, der große Weise von Montagnola. Und als er es schrieb, war er etwa siebzig — und Gottfried Benn rund zehn Jahre jünger.
Wenn nicht alle Zeichen trügen, so hat die Wiener Staatsoper einen geregelten, guten und in die Zukunft führenden Weg vor sich. Der Spielplan ist mit fast sämtlichen Details bis Ende Juni 1977 fixiert. Was an Novitäten angekündigt wird, scheint uns interessant und wird hoffentlich auch die entsprechende Realisierung finden.
ICH bin der Meinung, daß Bürgerinitiativen etwas Gutes sind. Die bisher größten haben es erwiesen: das Rundfunkreform-Volksbegehren, das über die 40-Stunden-Arbeitswoche und die „Aktion Leben“. Demnach ist — um ein etwas bizarres Bild zu gebrauchen — von den im Sternwartepark gefällten Bäumen sozusagen der Bürgermeister Slavik heruntergefallen. Und fast wäre sein Nachfolger unter der Reichsbrücke begraben worden...Aber wir sind der Meinung, daß die großen Volksbefragungen durch kleine, auf den ersten Blick sehr kleinlich erscheinende Maßnahmen oder Kundgebungen flankiert
In Wien war sie zum letztenmal zur Hundertjahrfeier der Staatsoper. Gesehen und gehört haben wir sie zuletzt bei einem ihr zu Ehren veranstalteten Empfang in der Salzburger Residenz während der Festspiele 1969. Aber diese Veranstaltung hatte so gar nichts Förmlich-Feierliches, denn nach der ersten halben Stunde des Herumstehens entwickelte sich eine Art Gespräch zwischen Lotte Lehmann, den vielen hier anwesenden Verehrern ihrer Kunst und mehreren Journalisten. Fast nach jeder Frage dachte man „O weh!“ Aber nach jeder Antwort gab es einen Lacher.Lotte Lehmann, die vor allem die
Der 1948 geborene Burgenländer Josef Dirnbeck hat in Wien und Graz Theologie studiert. Seit 1972 lebt er als freier Schriftsteller in Wien. Er veröffentlichte theologische und literarische Studien. Ihn beschäftigt vor allem die Beziehung zwischen Theologie und Kunst, speziell Literatur.Darüber schrieb er Beiträge für Bücher und Zeitschriften. Gemeinsam mit M. Gutl veröffentlichte er Texte für Meditationen zum Gottesdienst unter dem Titel „Ich begann zu beten“, die 1976 bereits in dritter Auflage im Styria-Verlag erschienen sind, der auch „Unser JA. — Leben mit dir“ sowie
Julius Bab, der bekannte nach den USA emigrierte Berliner Literatur- und Theaterkritiker, bezeichnet die „Spoon-River-Anthology“ als ein Werk von bleibendem Wert, das alles, was Edgar Lee Masters geschrieben hat, weit überragt. Dieser merkwürdige Mann, in seinem bürgerlichen Beruf Rechtsanwalt, erst in einer Kleinstadt, dann in Chi-kago, lebte von 1868 bis 1950, begann und endete unter dem Einfluß der großen englischen Romantikerlyrik, füllte 50 Bände mit Werken fast aller Gattungen, hat jedoch, wahrscheinlich, nur mit einem Werk Aussicht zu überleben. Es sind die 246 Epitaphen,
Zunächst das äußere Bild. Die Halle D, auf 1600 Plätze reduziert, ist in eine Arena umfunktioniert. In diesem Zirkus in der Wiener Stadthalle sitzt das Publikum, auf Bänken natürlich, nur auf den unteren Rängen, und auf Stockerln dort, wo sich sonst die Reiterinnen und die Clowns tummeln. Wo normalerweise sich die Zuschauer massieren, gibt es „Spielflächen“ (ob es, wie angegeben, 10 sind, konnte ich nicht überblicken). Auf drei Podien, in halber Arena-Höhe, ist auch das Orchester verteilt, insgesamt 16 # Mann, dessen stets durchsichtiger und dezenter Klang durch ein Cembalo und viel Flötenmusik etwas Rokokoartiges erhält. Ursprünglich war es viel größer ...
Erinnert man sich noch an das weltweite Echo, das im Sommer 1948 das erste große Tanzereignis nach dem Krieg auslöste? An den Wirbel, den es entfesselte — und an den Einfluß auf die Ballettrenaissance, nicht nur' an deutschen Bühnen? Es geschah zu München, im Prinzregententheater, „Abraxas“ war der Titel des Balletts, dessen Libretto sich der Komponist nach einer sehr eigenwilligen und originellen Version der Faust-Sage durch Heinrich Heine selbst geschrieben hatte. Marcel Luipart hatte das aus fünf Bildern bestehende Ballett choreographiert, zum erstenmal kamen Tänzerinnen aus Paris, die sich mit dem Ensemble der Bayerischen Staatspper vereinigten. Das dritte Bild, „Pandämo-nium“, hatte Anstoß erregt. Aber nicht bei der Uraufführung und an den folgenden fünf Abenden, sondern erst einige Wochen später, als „Abraxas“ nicht mehr ins Herbstprogramm übernommen werden durfte — eine Entscheidung des damaligen Kultusministers.
Der 1890 in Wien geborene Fritz Lang war nicht nur der bedeutendste österreichische Regisseur, sondern auch einer der größten seiner Zeit. Daß er in Münohen und Paris Malerei studierte und ein sehr ausgeprägtes Interesse für Architektur hatte, spiegelt sich in mehreren seiner Filme. Für die meisten schrieb er selbst, oder gemeinsam mit seiner Frau Thea von Harbou die Drehbücher, und so entstanden auf dem Gebiet des Films die ersten „Gesamtkunstwerke“, die auch der anspruchsvolle Kunstfreund und Intellektuelle ansehen konnte, ohne seinen Verstand vorher an der Kasse abgegeben zu
Es gibt derzeit zwei etwa gleichrangige ausführliche Berg-Monographien, in denen Leben und Werk eines der bedeutendsten Komponisten dieser ersten Jahrhunderthälfte dargestellt werden: es, sind dies die Bücher von R. F. Redlich und Willi Reich. Mit Bildmaterial sind beide spärlich ausgestattet, und auch auf Persönlich-Anekdotisches mußten die beiden Musikologen verzichten. So bringt das preiswerte (und trotzdem schöne) Insel-Taschenbuch von Erich Alban Berg (A. Berg. Leben und Werk in Daten und Bildern) wertvolle und interessante Ergänzungen. Es sind dies nicht nur die 249 zum großen
Er ist für viele ein Begriff, vielen auch ein Freund, jüngeren Künstlern meist ein Freund und Förderer: Walter Erich Schäfer, seit 1949 23 Jahre Intendant der Württembergischen Staatstheater, Stückeschreiber für Theater j und Hörfunk. Dem Sprechtheater wie der Oper und dem Ballett gleichermaßen verbunden, ein weißer Rabe unter den deutschen Intendanten, der innerhalb von zehn Jahren mit Hilfe des Tänzers, und Choreographen John Cranko aus einem Stadttheaterensemble ein Ballett von Weltformat gemacht hat.Er widmete sich aber auch zeitgenössischen Komponisten, brachte alljährlich
Es ist nicht nur schmerzlich, sondern auch schwierig, nur wenige Tage nach dem Tod eines Menschen einen „Nachruf“, eine „Würdigung“ zu schreiben, für einen Mann, den man durch fast drei Jahrzehnte gekannt, mit dem man unzählige Gespräche geführt, dessen Werk man hochschätzte, dessen menschliche Eigenheiten man mit anmüsierter Teilnahme in Kauf nahm — und mit dem man auch noch beruflich zu tun hatte. — Der Zeitpunkt für die Veröffentlichung einer oft mühsamen, aber immer amüsanten und originellen Korrespondenz ist noch nicht gekommen. Lernens Briefe wirkten meist spontan, waren meist Ausdruck irgendeines Ärgers, zugleich aber so wohlformuliert, daß man den Eindruck bekam, er habe sie einfach zu Abreaktionszwecken verfaßt.
Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg wurde die amerikanische Tanzkunst maßgeblich von Isadora Duncan, Rudolf von Laban, Harald Kreutzberg und Mary Wigwam beeinflußt. So stark, daß man den damals die Szene beherrschenden Ausdruckstanz als „German Dance“ bezeichnete. Balanchine kam viel später nach Amerika, dessen Bürger er 1936 wurde, und er propagierte den Neoklassizismus. Er gastierte mit seinen Tänzern überall in Europa und hat viele beeinflußt. Aber die stärkste Anregung von drüben kam von Martha Graham, die „große Be-unruhigerin“, die als solche nur mit Picasso, Joyce und Schönberg zu vergleichen ist.
Obwohl die groteske Geschichte von Maupassant stammt, haben Erich Crozier, der Librettist, und Benjamin Britten etwas sehr Englisches daraus gemacht. Vor allem, wie sie eine Reihe originell-kauziger Kleinstadttypen schufen, die für die Jahrhundertwende mit ihrem Purismus so charakteristisch sind, und, indem sie die Sache mit dem Maienkönig gut ausgehen ließen, haben sie auch eine gewisse ironische Distanz zu der bei Maupassant tragischen Aktion hergestellt.Über die strenge Moral der kleinen Stadt Loxford in Suffölk wachen, unter dem Regime der Lady Billow und ihrer Haushälterin, eine
Etwa in der Halbzeit: mehrere interpretatorische Höhepunkte.Nicht weniger als 24 Stücke, einschließlich des Liedes „Bist du bei mir“ und der drei Zugaben hat Peter Schreier am vergangenen Samstag abend im Großen Musikvereinssaal, von Karl Richter an der Orgel begleitet, gesungen. Die geistlichen Lieder stammen aus dem „Musikalischen Gesang-Buch, darin 954 geistreiche sowohl alte als neue Lieder und Arien von Johann George Christän Schemelli, Schloßcantore daselbst, anno 1736 in Leipzig herausgegeben wurden.“ Es handelt sich um Liedgut des Protestantismus von einem so eigenen und
T/^TJT habe zum ersten Mal den vollständigen Text der Schlußakte der Konferenz von Helsinki über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa gelesen und war, was die Kapitel Kunst und Kultur, Wissenschaft und Forschung, freien Informationsaustausch und Begegnungen der Jugend betrifft, selten so gerührt wie bei der Lektüre dieser Passagen. Das umfangreiche Dokument, in sechs große Abschnitte gegliedert, ist in einem Sonderdruck der „Wiener Zeitung“, wo es acht enggedruckte Seiten einnimmt, allgemein zugänglich. Datiert vom 1. August 1975, ist es, sozusagen, brandneu. Aber was zum
Nachdem das Symphonieorchester ies BR unter Rafael Kubelik, der es seit 15 Jahren leitet, mit Maihlers Neunter bei Publikum und Presse jinen so eindeutigen Erfolg verbu-shen konnte, ging man mit entspre-:heniden Erwartungen auch in das zweite Konzert. Aber viele mochten gekommen sein, um die angekündigte 6. Symphonie von Karl Amadeus Hartmann zu hören. Leider wurde sie. nicht gespielt, und statt ihrer standen Mozarts „Prager Symphonie“ und Hindemiths „Metamorphosen über Themen von Weber“ auf dem Programm. Kein schlechter 1. Teil, aber eben ein anderer, und wir möchten gerne bei
Immer wieder hört oder liest man von „praktizierenden“ Hexen, allein in der Bundesrepublik sollen es über hundert sein, von Gurus, die überall ihre „Zentren“ haben, und denen junge Leute in Scharen zulaufen, von Wunderheilungen und magischen Praktiken bis zum löffelbiegenden Url Geller. Von großen Propheten bis zu kleinen Scharlatanen zieht sich eine ununterbrochene Kette bis tief in den dunklen Bereich vorhistorischen Bewußtseins der Menschheit, vom großen Theophra-stus Bombastus Paracelsus von Hohenheim bis zum Leibarzt und Berater Mi Amins, der sich von der westlichen
1910 an der Metropolitan uraufgeführt, ist dieses selten zu hörende Werk nach jenen Opern entstanden, die Puccinis Weltruhm begründet hatten. Danach folgten nur noch die drei Einakter und „Turandot“. An das primitive Sujet kann man sich eher gewöhnen als an die Verworrenheit des Librettos. Aber seine Banalität ist ehrlicher als die der „Meisterwerke“. Die angeblich echte Handlung spielt um 1850, als es wieder einmal einen Goldrausch in Kalifornien gab, unter abenteuerlichen Goldgräbergesellen. Der als Mister Johnson auftretende Räuberhauptmann Ramerrez spielt eine wichtige
Es sollte eine Oper mit normalem Orchester werden, dieses „Kleine Gomorra“, das Heinz Karl Gruber, Jahrgang 1943, auf einen Text von Richard Bietschacher schrieb. Aber bei den Wiener Festwochen wurde diese zweite Arena-Produktion mit Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“ zusammengekoppelt. Daher mußte sich der Komponist mit den sechs Instrumentalisten aus dem Keuschnig-Ensemble begnügen. Nur ein Klavier kam noch hinzu. („Das wirkt jetzt wie der Mörtel beim Bau.“) Gruber gehört zur Gruppe MOB ART & tone Art“, die absichtlich, sozusagen demonstrativ, einfach, tonal und
In dem mehr als 400 Nummern umfassenden Werkverzeiöhnis Darius Milhauds (eine kleine Broschüre!) gibt es auch zahlreiche Bühnenwerke, darunter die „Südamerikanische Trilogie“, bestehend aus „Christophe Colomb“, „Juarez et Maximilien“ und „Bolivar“. Aber Milhaud hatte keineswegs einen solchen Zyklus geplant. Er ergab sich, wie vieles Große und Bedeutenide, sozusagen zufällig durch seine Beziehungen zu den betreffenden Textautoren: Paul Claudel, Franz Wertfei und Jules Supervielle.Am längsten und engsten war die Beziehung Milhauds zu Paul Claudel: des aus der Provence
Musik von Andrej Pawlowitsch Petrow haben wir in Wien noch nicht gehört, nicht einmal den Namen des Komponisten, der, 1930 in Leningrad geboren und ausgebildet, heute bereits ein umfangreiches Oeuvre aufzuweisen hat: Ballette, aber auch symphonische Zyklen und Lieder. — Die sechsteilige Suite aus dem Ballett „Die Erschaffung der Welt“ mit einer Gesamtdauer von 25 Minuten ist Musik von einer geradezu umwerfenden Naivität und Antiquiertheit in der Umsetzung von Vorgängen und Gestalten in Töne. Aber diese drastischen — übrigens sehr gekonnten — Schilderungen wurden vielleicht von
In Besprechungen der Werke von Martin, Dallapiccola, Maderna, Petrassi, Boulez und einiger anderer aus dem romanischen Kulturkreis konnte man immer wieder lesen, sie versuchten, die Zwölftontechnik zu „mediterranisieren“. Nun, damit hat sich der 1925 an der ligurischen Küste geborene, aus einer Organistenfamilie stammende Luciano Berio nicht lange beschäftigt. Von früher Jugend an war für ihn Musik etwas Selbstverständliches: lebendiger und variierbarer Klang. Und Musik ist etwas Gewachsenes, das von Vergangenem gespeist wird und zu neuen Formen strebt.- So bedeutet es einen
Zehn Jahre werden es im Oktober sein, daß 'Wieland Wagner gestorben ist. Aber nicht nur er ist tot, sondern auch seine Lichtzauberbilder und jener, der diese Visionen realisierte. Es war traurig, dies gerade aus dem Mund von Prof. Schäfer, dem ehemaligen Stuttgarter Intendanten, zu hören, für den Wieland Wagner die meisten seiner Inszenierungen gemacht hat.1915 bis 1925 hatte es im Bayreuth eine Pause gegeben. 1933 geriet Wagners Erbe immer mehr in die Hände der Nationalsozialisten („Kriegsfestspiele“). Wieland hat es von diesem Odium befreit mit Hilfe eines „expressionistischen
ICH bin sicher, daß die „schöne Leich'“ bei uns hoch im Kurs stand und steht — speziell in Wien. Das kann man immer wieder konstatieren. Aber man versteht es auch, Feste zu feiern. Und dafür haben während der letzten Wochen die Bundestheater geradezu klassische, ja brillante Beispiele beigesteuert. Sie kamen wie gerufen. Trotzdem kann man nicht sagen, daß sie sozusagen extra und als „Defensive“ veranstaltet wurden. Denn man hatte sie ja längst geplant , und auch programmiert...Längst, bevor Details aus dem vorzeitig veröffentlichten Berichtdes Rechnungshofes nicht nur die
Nein, wir meinen zunächst nicht die anmutige und technisch hervorragende Lilly Scheuermann und alle übrigen Tänzerinnen und Tänzer dieses gelungenen, in jeder Hinsicht erfreulichen und entsprechend akklamierten Premierenabends in der Staatsoper, sondern die gesamte „Produktion“. Denn sowohl der originelle und witzige Choreograph Läszlö Seregi, längst auch im Westen gefragt, dessen Inszenierung Gabor Forray mit einer Fülle aparter und ironischer Bildeinfälle und Tivadar Mark mit einigen Dutzend hübscher, zum Teil burlesker Kostüme ausgestattet hat, sondern auch den musikalischen Bearbeiter Pal Tamäs sowie Stefan Soltesz, obwohl an der Staatsoper beheimatet, kamen aus Budapest, wo 1972 zum ersten Male diese neue Version des berühmten romantischen Balletts gezeigt wurde (Es mag seit seiner Uraufführung vor genau 100 Jahren in Paris ein Dutzend mal neuchoreographiert worden sein.).
Während dreißig langer Jahre, die so schnell vergingen, haben wir auf den Kulturseiten der FURCHE versucht, durch kritische Berichte aus Wien, den Bundesländern und den wichtigsten europäischen Kunststädten, sowie von den verschiedenen Festspielen, unsere Leser darüber zu informieren, was auf dem Gebiet des Theaters, der Oper, der Konzertmusik sowie in der bildenden Kunst und im Film, einschließlich des Fernsehens, während der letzten Jahrzehnte geschah. Wert und Aufgaben der Kritik — das ist ein weites Feld und ein unerschöpfliches Thema, über das es nicht nur eine Fülle brillanter Essays und ganze Bücher gibt, sondern dem immer wieder auch Podiumsdiskussionen und mehrtägige Kongresse gewidmet wurden...
Liest man heute etwas über Robert Musil, den zu Lebzeiten erfolglosesten Autor solchen Formats, so gerät man meist ins Maßlose, Gigantische, nie zu Bewältigende. Da gibt bei der Gründung der Internationalen Musil-Gesellschaft nicht nur ein Bundeskanzler (nämlich der unsere) ein Statement ab. Da wird nicht nur ein Vorstand mit Marie-Louise Roth und Ernst Schönwiese konstituiert, sondern auch ein Kuratorium mit allerprominentesten Namen gebildet, etwa Marcel Brion, Andre Malraux, Ignazio Silone und Rudolf von Salis, und da erscheint nun auch eine ausschließlich diesem Autor gewidmete
Vorausgeschickt sei, daß die Philharmonischen Abonnementkonzerte derzeit interessantere Programme haben, als vor 10 oder , 15 Jahren. Den Glanz ihrer Aufführungen zu rühmen, hieße wirklich Eulen nach Athen tragen. Um so mehr wünscht man sich, weniger bekannte, vor allem neuere Werke in der gleichen vollkommenen Interpretation zu hören.Wir kennen auch die Schwierigkeiten und Einwände: Die Philharmoniker arbeiten fast ausschließlich mit Stardirigenten, und sie haben ihr „fixes Publikum“. Trotzdem — oder eben deshalb — waren sechs von den neun Programmen des heurigen Jahres
Mussorgskys musikalisches Volksdrama in neun Bildern nach Puschkin und dem russischen Historiker Karamsin sahen wir zuletzt vor einem Jahr anläßlich eines Gastspiels der Nationaloper Sofia: eine echte Ensembleaufführung von sehr hohem Niveau. So kann man also mit gültigen Maßstäben messen, denn dort ist, wie in Rußland, „Boris Godunow“ ein nationales Denkmal — aber ein sehr sorgfältig betreutes ...
Mehr als 80 Werke hat er geschrieben, der 1857 geborene Edward Elgar; jene, die ihn berühmt machten kurz vor der Jahrhundertwende: die großen Oratorien „Der Traum des Gerontius“, „Die Apostel“, „Das Königreich“, ferner sein überlanges 5. Violinkonzert, „Pomp and Circum-stance“ und vieles andere, so zum Beispiel auch einen Zyklus von Militärmärschen. Er war Repräsentant der “Regierungszeit Edwards VII. und wurde seit 1920, als seine Produktion spärlicher wurde, mit allen Titeln und Orden ausgezeichnet, die das Königreich zu vergeben hatte. Auch Georg V. schätzte ihn
„Franz Lehär — ja, Kurt Weill — nein. Seine Musik ist diejenige auf der Welt, an der ich nicht die geringsten Qualitäten entdecken kann.“ Dieses harte, apodiktische Urteil stammt von Arnold Schönberg, der, wie man weiß, nicht intolerant gegen anders schreibende, konservative Musiker war. Aber etwas fehlte ihm offenbar: das Gefühl für Charme — eine Qualität, deren seine eigene Musik oft in so schmerzlicher Weise ermangelt. Oder ist Charme, das interessant Anmutige, geistvoll Subtile, zart Lyrische keine Qualität? Weills Musik jedenfalls besitzt so viel davon, daß man
Am 16. September 1943 hätte er die Morgenmesse zelebriert und war darnach in seine Wohnung zurückgekehrt. Es läutete. Zwei Beamte der Gestapo standen vor der Tür. Haussuchung. Auf dem Tisch die Enzyklika „Mit brennender Sorge“. Verhaftung. Zunächst Morzinplatz. Dort Aufnahme der Personalien nebst Fingerabdrücken — und zum Polizeigefangenenhaus auf der Roßauer Lände. Nach Wegnahme der letzten Habseligkeiten: erst Einzelzelle, dann zusammen mit mehreren Häftlingen, darunter ein Spitzel. Nun erst hatte der Pfarrer von St. Brigitta im 20. Wiener Gemeindebezirk, zuletzt Kaplan an der Minoriten-lrirche, Zeit, nachzudenken.
Seit spätestens 1950 wissen wir — auf Grund der Begegnung mit einer Unmenge von Kompositionen unserer Jüngeren und Jüngsten —, daß die großen Entdeckungen von musikalischem Neuland in den beiden ersten Dezennien dieses Jahrhunderts gemacht wurden. Das ORF-Konzert im Großen Musikvereinssaal unter Friedrich Cerha bestätigte es — wieder einmal: Schlüsselwerke der Nach-Tristanschen Hochromantik sind Alexander Skrjabins drei Programmsymphonien „Le poeme divin“, „Le poeme de l'extase“ und „Le poeme du feu“, auch „Prometheus“ genannt. Das letztere, bei uns so gut wie
Die Novität des 2. Ballettabends in der Staatsoper hieß „La Mer“, ein Tanzduo zur Musik von Claude De-bussy, Libretto und Choreographie von Tom Schilling. (Vorangegangen war ihm „Der wunderbare Mandarin“ mit der Neubesetzung der Titelpartie durch Heinz Heidenreich und abgeschlossen wurde mit Ravels „Bolero“ in der Milloss-Choreogra-phie, besetzt wie bei der letzten Neueinstudierung.)Mit der Wahl der meisterhaften und berühmten Musik Debussys, die einen bestimmten Stellenwert in der Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts besitzt, hat der Ostberliner Choreograph offensichtlich
T^XJ bin der Meinung, daß das Defizit der Bundestheater, genug beredet und bejammert, mit seinen fast drei Millionen täglich, die der Steuerzahler zu berappen hat, zu einem echten Skandalon, einem anstößigen Ärgernis geworden ist. Wir wissen's, wir wissen's: das Image, ganz allgemein, und die Musikstadt Wien und der kulturelle Auftrag und die Tradition und der Fremdenverkehr und die vielen alten und jungen Opernfans... Niemand also wird derzeit wagen, in diesen komplizierten Apparat einzugreifen oder gar die heilige Kuh der Wiener zu schlachten.Sie soll auch nicht geschlachtet werden.
Eines der merkwürdigsten und erfreulichsten Phänomene auf der Kulturszene der Nachkriegszeit war die Erneuerung, in vielen Städten eine Wiederentdeckung des Balletts. Das bezog sich zunächst vor allem auf die größeren Opernhäuser der Bundesrepublik, wo, etwa in München, Hamburg, Stuttgart und Wuppertal, eine Ballett-Renaissance stattgefunden hat, die allseits überraschte und deren Auswirkungen noch bis in die Gegenwart spürbar sind
Es mag merkwürdig erscheinen, nach einem so gelungenen Konzert wie dem letzten im Zyklus „Internationale Chor- und Orchesterkonzerte“, der von der Gesellschaft der Musikfreunde veranstaltet wird, von Schwierigkeiten und Problemen eines Orchesters zu sprechen, das vom Publikum überaus herzlich und langanhaltend gefeiert wurde.Zu welchen hervorragenden Leistungen dieses Ensemble fähig ist, erlebten und erleben wir immer wieder. Aber es sind die Wiener Symphoniker, wie übrigens fast alle Orchester in der ganzen Welt, so gut wie die Dirigenten, die sie betreuen, und wenn gerade dieses
Im Sommer 1976 wird man in Bayreuth dejf hundertsten Jahrestages der ersten Festspiele gedenken, bei denen dreimal der „Ring“ erstmals geschlossen dargeboten wurde. Die Jahre davor waren für Wagner wohl die anstrengendsten seines Lebens und, obwohl so nah vor der Erreichung seines Lebenszieles, vielleicht auch die sorgenvollsten. Am 22. April 1872 hatte er-Trib-schen verlassen, am 29. kam Cosima mit der Familie nach. Aber bereits am 6. Mai folgte er einer Einladung des Wiener Wagner-Vereins und dirigierte, nach vorausgegangenen gründlichen Proben, am 12. Mai im ausverkauften Großen Musikvereinssaal ein Konzert. Schon bei seinem Erscheinen wurde er stürmisch begrüßt, und nach jedem Stück gab es Beifall, wie man ihb, nach Ohrenzeugenberichten, in diesem Haus noch nicht gehört hatte. Lorbeerkränze wurden ihm in solcher Menge zugeworfen, daß die Örchestermüsiker um ihre empfindlichen Streichinstrumente bangten...
Im gutbesuchten Großen Konzerthaussaal dirigierte Chrystoph Penderecki vier eigene Werke, die vom Chor und dem Orchester des ORF aufgeführt wurden. Wir wüßten gern mehr über Pendereckis erste Höreindrücke, seine Lehrer und seine allerersten Kompositionen. Denn wir kennen eigentlich nur die Geschichte seines Ruhmes, die begann, als 1959 alle drei vom Polnischen Komponistenverband gestifteten Preise an einen 26jährigen gingen: für die Orchester- und Chorwerke „Strophen“, „Emanationen“ und einige „Psalmen Davids“, die er später in seine ihn berühmt machende Lucas-Passion
Von den vier Werken dieses Programms waren drei durch den „französischen Hispanismus“ miteinander verbunden. Manuel de Falla, 1876 geboren, verbrachte sieben entscheidende Jahre in Paris und hat in Erinnerung daran zwei seiner vier „Homenajes“ (in früheren Jahren geschrieben, aber erst 1938 instrumentiert) französischen Freunden gewidmet: Dukas und Debussy. Die einleitende Fanfare erinnert an den spanischen Dirigenten E. F. Arbos, das Schlußstück „Pedrilliana“ ist dem ehemaligen Lehrer de Fallas gewidmet.„Pinturas negras“ nennt Christo-bal Halffter, Jahrgang 1930, Sohn und
Die „Berühmtheit“ von Andre Malraux begann mit einem Eklat, einem Paukenschlag, einem Skandal: Während seiner ersten Ostasienreise hatte der 23jährige aus einer im Dschungel verfallenden Tempelruine, eigentlich einem Trümmerhaufen, mehrere Statuen und Halbreliefs geborgen, sichergestellt oder, wie man ihm später in Pnom Penh vorwarf, entführt, wo er kurz vor Weihnachten des Jahres 1924 verhaftet und zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wurde.
Ein neues Monumentalwerk über Wagner! Wozu, werden viele fragen. Es ist bereits durch sein Format und seine Ausstattung auffallend und präsentiert sich — merkwürdiger Fall — als erste umfassende Wagner-Bildbiographie in neuerer Zeit. Die Autoren beziehungsweise Herausgeber sind wahrhaft zu beneiden, denn sämtliche Quellen waren ihnen zugänglich, da sie alle mit Bayreuth auch beruflich verbunden sind. Daher möge der Leser keine Sensationen, keine Skandalgeschichten erwarten, aber des Neuen, Verdeckten, zuweilen Versteckten gibt es genug.Was die Bilder betrifft, so war man bestrebt,
„Meister des 20. Jahrhunderts“ heißt der Zyklus, in dessen Rahmen am vergangenen Freitag durch das ORF-Orchester ausschließlich Werke von Jean (nicht Jan!) Sibelius aufgeführt wurden. — In manchen einschlägigen deutschsprachigen Konzertführern findet man ihn überhaupt nicht oder nur mit einigen Zeilen erwähnt. Denn, obwohl ein Jahr jünger als Richard Strauss, zählt Sibelius nach der Meinung heutiger Musikologen nicht mehr zum 20. Jahrhundert.;— Dieser Einzelgänger unter den Spätromantikern nimmt aber in den Programmen der skandinavischen Länder, Englands, der USA und
Am vergangenen Wochenende war an zwei Abenden „Het Nationale Ballet“ aus Amsterdam mit Rudolf Nurejew als Gast zu sehen. Seit 1961, nach der Vereinigung zweier Kompanien, existiert das berühmte holländische Ensemble in dieser Form, sechs Jahre später wurde Rudi van Dantzig sein künstlerischer Leiter, dem heute die beiden Chef Choreographen Hans van Manen und Toer van Schayk (gelegentlich als Ausstatter arbeitend) zur Seite stehen. Alle drei sind zwischen 1932 und 1936 geboren, und gemeinsam schufen sie auch die Choreographie zu der den Abend einleitenden „Symphonie in C“ von Igor Stra-winsky. — Dieses Ballett ist eine Auftragsarbeit der Stadt Amsterdam anläßlich der 700-Jahrfeiern und wurde im Juni 1975 uraufgeführt.
Wie viel und wie vielerlei kommt uns da nicht täglich, vor allem allabendlich, durch unsere Radio- und Fernsehempfänger ins Haus. Wir sind immer die Empfangenden, meist dankbar Empfangenden. Denn wenn einem etwas nicht paßt, so braucht man ja bloß an einem Knopf zu drehen oder eine Taste zu drücken. — In letzter Zeit hat man sich, besonders im TV, Gedanken darüber gemacht, wie diesem „einseitigen“ Prozeß, dieser passiven Aufnahme des Zusehers zu begegnen sei, wie man ihn wohl aktivieren könnte. Ein Erfolg ist allenfalls die Sendung „Wer dreimal lügt“ ... Aktivität wird ohne
Diese aus dem Norden Deutschlands stammende „Schwabinger Gräfin“ ist eine der merkwürdigsten Frauengestalten der Jahrhundertwende. Ihr Vater war Landrat des Kreises Husum, ihre Mutter eine Gräfin zu Rantzau, ihre Brüder Gutsherren und Reichstagsabgeordnete, eine Schwester Stifsdame. — Aus diesem Kreis wollte Fanny — wie sie getauft war — ausbrechen, und zwar um jeden Preis. — Sie tat das so gründlich, daß man seinen Augen nicht traute, als wir vor kurzem ihre an dieser Stelle besprochenen Tagebücher aus den Jahren 1895—1910 lasen. Diese werden nun durch die sich zeitweise
Der 1887 geborene, Stuttgarter Großbügertum entstammende Bruno Frank ist von den prominenten deutschen Autoren der Emigration fast der einzige, dem bisher noch nicht die Ehre einer Gesamtausgabe gewährt wurde. Das will nun die Nymphenburger Verlagsanstalt nachholen, und sie hat ihr Projekt mit einem Volltreffer gestartet. Denn diese drei Meistererzählungen, die der erste Band vereinigt, mußte man sich in den zwanziger Jahren, als sie entstanden, für teures Geld einzeln kaufen. Zum ersten Mal hat man sieTage des Königs nynpherfeurger nun alle drei in einem mittelstarken Band in der Hand.
Seinen allerersten öffentlichen Liederabend gab er 1948 unmittelbar nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft in einer Berliner Mädchenschule. Vor etwa 40 Zuhörern. Aber auch ein prominenter Berliner Musikkritiker ist dabeigewesen, der sehr beeindruckt war. — Nicht sehr viel mehr Personen mögen es gewesen sein, als Fischer-Dieskau seinen ersten Abend im Mozartsaal gab. Ein reines Beethoven-Programm, wenn ich mich recht erinnere. Also ein Ritt über den Bodensee. Und solche tours de force hat er immer wieder unternommen. Aber nicht nur, um zu zeigen, was er leisten und seinem Publikum zumuten kann, sondern auch um Werke zu präsentieren, die man oft jähre-, ja jahrzehntelang nicht im Zusammenhang hören konnte. Auch die Unpopularität modernster Programme hat Fischer-Dieskau wiederholt (und mit unerwartetem Erfolg) auf sich genommen. Und im Frühjahr 1975 gab er in der Berliner Akademie der Künste ein von ihm zusammengestelltes Programm zum besten, das neben Liedern von Wagner, Liszt, Nietzsche und Peter Gast auch die vierhändige, gemeinsam mit dem Komponisten Aribert Reimann vorgetragene „Manfred“-Meditation von Nietzsche enthielt. (Dies vorweg jenen seiner Kritiker gesagt, die dem'Buchautor die Kenntnis der Werke der beiden zuletzt genannten absprechen.)
Ort der Handlung: Minoritenplatz, in einem der schönen Sitzungssäle des Unterrichtsministeriums. Zeit: Vor etwa 20 oder 25 Jahren. Beratung der Jury über die Zuerkennung des Großen österreichischen Staatspreises für Musik. Schon in den ersten Minuten fällt der Name Ernst Krenek. Zustimmung von mehreren Seiten. Aber der die Sitzung leitende Ministerialrat belehrt die Juroren: der österreichische Staatspreis könne nur einem österreichischen Staatsbürger verliehen werden, und Krenek sei Amerikaner. Worauf ich mir die Frage erlaubte: wo denn da die Logik bleibe? Krenek hat 1938 freiwillig (nicht als rassisch Verfolgter) seine Heimat verlassen. Er hatte sich zur Ersten Republik in zahlreichen Artikeln in der „Wiener Zeitung“ und in Vorträgen bekannt und war eine Art Ideologe des christlichen • Staatswesens. — Dann, als Österreich wieder frei war, hat man es versäumt, ihn zur Rückkehr einzuladen und ihm das Amt des Präsidenten der Akademie für Musik oder zumindest das eines Kömpositionslehrers anzubieten. Und zur Strafe gewissermaßen für dieses Versäumnis bekommt er jetzt auch keinen Staatspreis. Zugleich teilte ich mit, daß ich mich bei allen weiteren Abstimmungen des Votums enthalten würde, da ich mich einer solchen Argumentation nicht gewachsen fühle. (Ich war zum ersten und letzten Mal in dieser Jury...)
Wieder, wie im vorigen Jahr, steht die Märchen- und Zauberoper „Die Frau ohne Schatten“ von Hofmannsthal und Strauss auf dem Programm der Salzburger Festspiele und hat, sowohl was Werk wie Wiedergabe betrifft, den künstlerischen Höhepunkt des Festivals 1975 markiert. Und zwar genau in jener Bedeutung, die der große deutsche Gelehrte in seiner Eröffnungsansprache als wirklich „festspielwürdig“ hervorgehoben hat. — Auch ist ja den beiden mit Salzburg so eng verbundenen Künstlern mit „Die Frau ohne Schatten“ ihr Opus magnum gelungen...
Vom 17. bis 26. November 1952 weilte Thomas Mann zum letzten Mal in Wien. — Es war, seit seinem ersten Besuch in unserer Stadt im Jahr 1896, der zwölfte. Jene erste Reise hatte er unternommen, als ihm ein kleines Legat von 200 Mark zugefallen war, die er hier „zu verprassen“ gedachte, was ihm auch innerhalb von vier Tagen gelang. Das nächste Mal, 1908, besuchte er Arthur Schnitzler und traf auf dem Semmering Jakob Wassermann und Hofmannsthal. Im Jahr darauf wurde im Akademietheater sein (einziges) Theaterstück „Fiorenza“ aufgeführt, und er war davon entzückt. 1923 kam er zu einem Vortrag und besuchte zum ersten Mal Hofmannsthal in Bodaun. Bs folgten dann, 1925, „vier Pesttage in Wien“, vom 8. bis 11. Juni, mit PEN-Veranstaltungen und seinem Vortrag über „Natur und Nation“. Seither gab es, im Abstand von 1 bis 3 Jahren, immer wieder Vorträge oder Vorlesungen. Die wichtigsten waren Thomas Manns großer Bichard-Wagner-Vortrag im Jahr 1935, der die Münchener Hetzkampagne ausgelöst hatte und der unmittelbare Anlaß seiner unfreiwilligen Emigration wurde, schließlich, im Jahr darauf: „Freud und die Zukunft“, zum 80. Geburtstag des großen Arztes und Forschers.
Man muß das nachlesen in den drei nach 1945 erschienenen Franz-Schmidt-Monographien: von Andreas Liess (1951), Carl Nemeth (1957) und Norbert Tschulik (1972), aus der Feder wohlinformierter Musikologen und gewissenhafter Biographen. Was sich nämlich da alles tat, bis die des bereits als Symphoniker anerkannten langjährigen Solocpllisten der Wiener Philharmoniker und genial begabten Musikers erste Oper „Notre Dame“ zur Uraufführung kam.