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Die erste Buffa des Wunderkindes

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Auf seiner zweiten großen Europareise (1763 bis 1766), die ihn bis London führte, lernte der neunjährige Mozart den „Betrieb“ einer italienischen Oper, die in London auf Tournee war, sozusagen von innen kennen. Italienische Opern hatte er vorher sicher schon in Wien, wahrscheinlich auch in Salzburg, gehört. Aber in London sah er, „wie es gemacht wird“. Die erleuchtete Bühne faszinierte ihn ebenso wie die großen Arien und Ensembles, und wenn er ein besonders gelungenes Stück hörte, geriet er geradezu in Zorn darüber, daß nicht er es geschrieben hatte: untrügliches Zeichen für den geborenen Opernkomponisten.

So kam die Aufforderung des Kaisers 1768, eine Opera buffa für deutsche Sänger zu schreiben, gerade zur rechten Zeit! Die Komposition war innerhalb kürzester Zeit beendet, aber die erste Aufführung fand erst ein Jahr später statt, und nicht in Wien, sondern in Salzburg. Es war eine güte Idee, dieses frühe, aber schon auf volle drei Akte ausgewachsene Werk, das uns bisher den Salzburger Festspielen Vorbehalten schien, in der Wiener Volksoper zu spielen, zumal alle Voraussetzungen dafür vorhanden waren. Da gab es zunächst sieben, meist jüngere Sänger für sämtliche Hauptpar tien. Regine Winkelmeyer als Gräfin (aber warum als ungarische?) und Marjon Lambriks als Donna Giacinta, beide mit guter Technik und schönem Timbre, werden ebenso gegeneinander ausgespielt wie die beiden reichen Landbewohner Murray Dickie und Emst Gutstein, in ihren Stimmen so gegensätzlich wie in der Gestalt, der Bariton fast um einen Kopf kleiner. Dann wieder ein „Paar“: Jerome Pru- ett als farbenprächtiger Hauptmann und sein schlauer Bursche Simone von Robert Granzer als Sancho-Pan- sa-Figur dargestellt. Nicht zu vergessen: Julia Migenes, die als Zimmermädchen Ninetta die Fäden zog, wie erwartet lebhaft, aber keineswegs outrierend spielte und auch gut sang…

Goldonis Text mit seinen lustvoll verkomplizierten Verwechslungen und Mißverständnissen, mit einem verschenkten, entwendeten und heimlich wieder angesteckten Verlobungsring, hat seinerzeit Marco Cotellini für den jungen Mozart zum Libretto geformt. Ihm können wir vertrauen. Aber was in der Partitur vom jährigen Mozart ist und was vom Überarbeiter (und Übersetzer) Bernhard Paumgartner - das könnte nur eine genaue Analyse klären. Mit der Inszenierung durch den Hausregisseur Wolfgang Weber kann man sich einverstanden erklären. Er benützt sehr geschickt die Drehbühne, nur sollte er den Hauptmann nicht andauernd mit seinem Säbel herumfuchteln lassen. Reinhard Schwarz als Dirigent animierte von Akt zu Akt das Volksopernorchester immer mehr. Pantelis Des- syllas hat drei sehr freundliche, gut- ausgeleuchtete Bühnenbilder in zarten Aquarellfarben geschaffen, denen die kleidsamen Kostüme harmonisch angepaßt waren. Harmonie also für Auge und Ohr, so daß man fast vergaß, daß die Musik ein halbes Kind geschaffen hat. Gewiß, vieles hat er sich anderswo „abgehört“. Aber wie das alles, Rezitative, Arien und Ensembles, neben- und gegeneinander gesetzt ist, mit welcher Leichtigkeit und Präzision die Stimmen mit dem Orchester koordiniert wurden, grenzt fast an ein Wunder. Ebenso die wie von einem Opemroutinier komponierten Aktschlüsse: mit Septett, Quintett und Septett mit Chor.

Freüich: der Text dieser gewichtlosen, in Cremona spielenden Handlung wirkte animierend auf den Komponisten (vergebliche Liebesmüh, seinen Inhalt kurz wiederzugeben). Auch daran amüsierte sich das beifallfreudige Publikum, das jeden Solisten mit Szenenapplaus bedachte und sogar auch zwei kleine Hunde bei ihrem Kurzauftritt beklatschte. Es war eben eine sehr gute und freundliche Stimmung im Haus …

• In der Wiener Secession wurde eine Ausstellung mit Werken des Malers Rudolf Szyszkowitz eröffnet. Eine Würdigung des vor einem Jahr verstorbenen Künstlers bringen wir auf Seite 13.

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