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Der jüngste Premierenabend des Staatsopernballetts in der Volksoper kann als Exempel für das angeführt werden, was wir seit vielen Jahren unermüdlich empfehlen (zuletzt in FURCHE 5/1976): den häufigeren Einsatz unserer Tänzer, womöglich ohne teure Gäste, in sparsamen Dekorationen. Der Beweis, daß die Qualität des Dargebotenen nicht darunter zu leiden braucht, erbrachten zumindest die Solisten Lisi Maar, Karl und Ludwig Musil, Lilly Scheuermann und Michael Birkmeyer, Susanne Kirnbauer, Franz Wilhelm und einige andere.

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Der jüngste Premierenabend des Staatsopernballetts in der Volksoper kann als Exempel für das angeführt werden, was wir seit vielen Jahren unermüdlich empfehlen (zuletzt in FURCHE 5/1976): den häufigeren Einsatz unserer Tänzer, womöglich ohne teure Gäste, in sparsamen Dekorationen. Der Beweis, daß die Qualität des Dargebotenen nicht darunter zu leiden braucht, erbrachten zumindest die Solisten Lisi Maar, Karl und Ludwig Musil, Lilly Scheuermann und Michael Birkmeyer, Susanne Kirnbauer, Franz Wilhelm und einige andere.

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Mit den bekannten ,JEtüden“, die noch aus der ersten Direktionszeit von Müloss stammen, begann der Abend. Woran es wohl lag, daß uns bei der seinerzeitigen Premiere dieses 40-Minu-ten-Ballett wesentlich kürzer vorgekommen ist, als dieses Mal? Sicher nicht an den Solisten, vielleicht an der Choreographie Harald Landers, sicher an der ungenügenden Wiedergabe der Partitur Riisagers, der eine Reihe von Czerny-Etüden orchestriert hat. Seine bescheidenen Gags mit falschen Noten wurden leider nicht ins Optische umgesetzt.

„The Still Point“ ist der Titel eines Balletts Todd Bolenders auf die ersten drei Sätze des frühen (einzigen) Streichquartetts von Claude Debussy, das vom Küchl-Quartett genau und fein gespielt wurde. Bolender ist in den USA geboren und ausgebildet. Er war Solotänzer bei Balanchine und ist derzeit Ballettdirektor in Frankfurt. Bereits 1954 entstand (nach einer Reihe berühmter Choreographien auf Musik von Ravel, Milhaud, Strawinsky, Bla-cher und Zimmermann) „The Still Point“, in dessen Mittelpunkt eine „Schwierige“ steht, die nach langem Zögern den „Richtigen“ findet. Das wurde von Lilly Scheuermann und Michael Birkmeyer nobel und ausdrucksvoll dargestellt. Auf einer ku-lissenlosen Bühne übrigens, mit nur wechselndem Hintergrundprospekt.

Sehr reizvoll, artistisch und witzig persiflierend sind Bolenders „Souvenirs“, die durch eine ursprünglich für zwei Klaviere geschriebene, später instrumentierte Musik Samuel Barbers (Jahrgang 1910) angeregt wurden. Das Ballett zeigt Szenen, Begegnungen und Situationen - ohne eigentliche durchgehende Handlung - von Gästen des bekannten Plaza-Hotels in New York (daher das erste Büd mit dem Palmengarten und den breiten Luxusbänken). Der hervorragende Ausstatter Rouben Ter-Arutunian schwelgt vor allem in mehr als zwei Dutzend Kostümen im Stil von ungefähr 1914, und Bolender persifliert mit Witz die damals aufkommenden neuen Tänze. In den Hauptrollen brillierten Susanne Kirnbauer und Franz Wilhelm. Hier war auch das unter der Leitung von Stefan Soltesz dirigierte Volksopernorchester besser. Das ist wichtig, denn aus der Musik kommen viele Impulse. Doch auch dieses Ballett stammt aus dem Jahr 1955, steht im Repertoire des New-York-City-Bal-letts und war auch schon in Wien zu sehen. Was wir uns gewünscht hätten, wäre die Uraufführung eines speziell für die Wiener Staatsoper geschaffenen Bolender-Balletts gewesen. Aber immerhin gab es mit „The Still Point“ eine echte Wiener Erstaufführung.

Der recht starke, aber undifferenzierte Applaus wurde meist von einigen jungen Schreihälsen übertönt. Wahrscheinlich war es der Ballettkindergarten, der sich da austobte. Ihre Begeisterung war begreiflich, wahrscheinlich haben sie noch nicht viel Besseres gesehen. Aber man sollte ihnen erklären, daß in unseren Breiten heftiges Klatschen genügt.

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