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Triumph in Florenz

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Zum erstenmal geschah es in der Geschichte des Wiener Staatsopern-balletts, daß es von einem internationalen Festival von so großer Bedeutung eingeladen wurde, und dies noch dazu, daß der österreichische Staat diese Gastspielreise besonders zu subventionieren gehabt hätte. Das Wesentliche an diesem Ereignis aber war der durchschlagende künstlerische Erfolg, den das Wiener Ballett mit allen seinen Produktionen so beim Publikum, wie bei der Presse erzielen konnte.

Unter der Leitung des Balilettdirektors Aurel von Milloss brachte das Wiener Ensemble acht Ballette zur Aufführung, jedes davon je dreimal, in dem die beiden Programme, die jeweils aus vier Ballettwerken zusammengestellt waren, an je drei Abenden gegeben wurden. Das erste Programm bestand aus Batonchine-Tschaikowskys Ballett-„Serenade“, aus Mlassines de FalHa-Bailett, „Der Dreispitz“ und dazwischen aus zwei Milloss-Warken: aus seinem Petrassi-Ballett „Estri“ und der choreo-geographisch von ihm realisierten Welturaufführung des mythischen Balletts „Daidalos“, mit der eigens dazu komponierten Musik von Guido Turchi, nach Gerhard Zacharias' Deutung des berühmten Mythos. Das zweite Programm bestand aus Balanchines Hindemith-Ballett, „Die vier Temperamente“, aus Tudors Schönberg-Ballett biliar of fire“ und aus zwei weiteren Ballettwerken des Chefchoreographen Mililos selbst, aus seinem Prokofjew-Ballett „Estro arguto“ und aus der von ihm offerierten Uraufführung der Tanzdichtung „Panta Rhei“, nach Weberns sechs Stücken für Orchester. Die musikalische Leitung des ersten Programms lag in den Händen des italienischen Dirigenten Ettore Grads, während jene des zweiten Programms von Walter Weller dirigiert wurden. Die Klavierparts m den Hindemith- und Prokofjew-Balletten wurden von Winfried van den Hove interpretiert.

Italiens bedeutendster Ballettkritiker Gino Tani schreibt in der großen römischen Zeitung „Messag-gero“ unter anderem: „Unter den berühmtesten Ballettkompanien der Welt konnte man diesmal in sechs Aufführungen von historischer Bedeutung das Ballett der Wiener Staatsoper akklamieren, welches sich überraschenderweise unter den aus den deutschsprachigen Ländern kommenden Ensembles als das bei weitem bessere erwiesen hatte, wie jenes allzu inflationierte und zelebrierte Stuttgarter Ballett.“ Tani spricht von einer großen Stil-Lektion und künstlerischer Disziplin, wobei er mit größter Bewunderung auf die Leistungen der Solisten und besonders des Ensembles als geschlossenes Ganzes eingeht. Geradezu begeistert berichtet er ausführlich über Milloss' Daidalos-Cho-reographie, welches er als ein wahrlich großes und nobles „Coreo-gramma“ bezeichnet. Der ebenfalls sehr bekannte italienische Kritiker Leonardo Pinzauti bezeichnet dieses neue Milloss-Werk in der großen Tageszeitung „La Nazione“ als poetisch tief empfundenes und als kreativ äußerst originelles und unüberbietbares Meisterwerk. Auch Pinzauti schreibt mit Worten größter Bewunderung über die technischen und künstlerischen Qualitäten des Wiener Balletts, die Homogenität der Ensembleleistungen besonders heraushebend und die unzähligen Hervorrufe des hingerissenen Publikums bestätigend.

In ähnlicher Weise äußert sich auch der strengste Kritiker Italiens, Fedele d'Amico, im großen römischen Wochenblatt „L'Espresso“. Uberhaupt zollte die gesamte Presse einstimmig die denkbar höchste Anerkennung für die Leistungen des Wiener StaatsopernbaHetts, welches für Italien als eine ausgesprochene Entdeckung galt. Nach sämtlichen Pressestimmen urteilend, wurden außer Aurel von Milloss und den musikalischen Mitarbeitern sowie den ausstattenden Malern Fabrizio Clerici und Corrado Cagli am meisten die Tänzerinnen und Tänzer Susanne Kirnbauer, Lilly Scheuermann, Christi Zimmerl, Ludwig M. Musil und Franz Wilhelm mit den lebhaftesten Ovationen gefeiert.

• Unter der Leitung seines Ballettdirektors und Chefchoreographen, Aurel von Milloss, hat das Wiener Staatsopernballett am 1. Juli eine sechswöchige Nordamerika-Tournee angetreten. In Städten wie San Franzisko, Los Angeles, Chikago, Philadelphia, Washington, Toronto und anderen werden die Milloss-Ballette „Estro arguto“, „Memoiren aus dem Unbekannten“, „Wiener Operette“ (als Novität nach Musik von Johann Strauß) sowie die klassischen Repertoirestücke „Giselle“, „Paquita“ und „Schwanensee“ aufgeführt. Als Gast wird bei dieser Tournee in mehreren Aufführungen auch Margot Fontaine mitwir-ken. Die musikalische Leitung übernahm Peter Keuschnig.

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