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Konzerte

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Sein vorläufig letztes Werk schrieb der 70jährige Marcel Rubin im Auftrag der Musikalischen Jugend und widmete es deren ausgezeichnetem Chor und dessen Dirigenten Günther Theuring, die es im Großen Musikvereinssaal zur Uraufführung brachten. Es mag dem abgelaufenen Beethoven-Gedächtnisjahr zuzuschreiben sein, daß Rubin als Text für seinen „Heiligenstädter Psalm“ das immer wieder ergreifende Testament Beethovens aus dem Jahr 1803 wählte. Außerdem verwendete er noch einige Bibelzitate, und zwar aus den Psalmen und dem 1. Paulus-Brief. Als Titel schrieb er über seine fünfteilige Kantate „O Ihr Menschen“. Das sind die oft zitierten Anfangsworte des Beethovenschen Testaments.

Das knapp halbstündige Werk ist für Bariton, Chor und Orchester gesetzt, wobei der Solist jene Worte singt, die man Beethoven in den Mund legen kann, während der große gemischte Chor - wohl das beste Wiener Vokalensemble, das wir speziell für Aufführungen neuer Musik haben! - als Partner und Kommentator auftritt. Der Bariton Robert Holl hat seine große und schwere Partie ganz hervorragend gemeistert, was man auch vom Orchester des ORF und vom Chor sagen kann, den Günther Theuring einstudierte. Drei von den fünf Sätzen sind hochdramatisch, zwei haben einen eher lyrischen Charakter. Das unruhig Drängende der Solostimme und des Chors wird durch den häufig verwendeten 5/4-Takt sowie durch synkopische Einsätze des Vokal- und Instumentalen-sembles musikalisch verwirklicht.

Auf ein so expressives und pathetisches Werk ist die Ästhetik der französischen Gruppe der Six, die fast alle Kompositionen Rubins kennzeichnet, natürlich nicht anwendbar, und stände nicht sein Name auf dem Klavierauszug und im Programmheft, wäre es auch für einen guten Kenner des Rubin-schen Oeuvres schwierig, den Komponisten zu eruieren. Wir haben also einen neuen, uns bis dato verborgenen Rubin kennengelernt, und es ist kein Fehler, wenn mit dem Inhalt auch die Form sich wandelt.

Den 2. Teil des Konzertes bildete der 3. Abschnitt von Franz Liszts „Christus-Oratorium“. Zur Interpretation von Passion und Auferstehung gesellten sich zum Jeunesse-Chor die Wiener Singakademie sowie die Solisten Jana Marsh, Acelle Göll, Rolf Oostwoud, Robert Holl, die Altenburger Sängerknaben und Ernst Würdinger an der Orgel.

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