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Rundfunkchor, Akademieorchester

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Eine in jeder Hinsicht vorbildliche Wiedergabe der großen Messe in e-Moll für Chor und Blasorchester von Anton Bruckner hörten wir in einem öffentlichen Konzert des österreichischen Rundfunks, Radio Wien, ausgeführt von Chor und Orchester des österreichischen Rundfunks unter Leitung von Carl Melles. Die Strenge des (achtstimmigen) Chorsatzes, an der alten Vokalpoly-phonie geschult, wurde durch die Verhaltenheit der Bläserstimmen betont, Steigerungen erflossen mehr aus dem liturgischen Charakter als aus der Romantik des Klanges, demnach völlig in der Absicht des Komponisten. — Der Messe folgte ein sehr selten zu hörendes Chorwerk: der 100. Psalm für Chor, Orchester und Orgel von Max Reger, wohl das bedeutendste Chorwerk Regers, uraufgeführt 1910. Die gewaltige vierteilige Anlage wird von einer Doppelfuge gekrönt, in die als eherne Melodie der Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ hineintönt. Das Orchester hatte in Carl Melles einen umsichtigen und liebevollen Führer. Für die besonders anspruchsvolle und bravouröse Leistung des Chores konnte sich dessen ständiger Leiter Gottfried Preinfalk gemeinsam mit dem Dirigenten begeisterten Beifalls erfreuen.

Karl Richter leitete mit gewohntem Elan eine Aufführung von Haydns Oratorium „Die Jahreszeiten“ (Singverein, Symphoniker). Hier war eine Ausgewogenheit und eine Frische der Diktion vorhanden, wie sie sehr selten erreicht wird. Ohne die große Linie je zu durchbrechen, wurde doch jedem auch kleinem Detail sein besonderer Wert gegeben, Die Wachheit und das Aufeinander-eingespieltsein aller ausführenden Faktoren waren das Gegenteil von Routine und zogen das rund 150 Jahre alte Werk in unmittelbare

Gegenständlichkeit. Hervorragenden Anteil daran hatte das ausgezeichnete Solistenterzett mit Vorrang von Agnes Giebel, einer der besten Ora-toriensängerinoien von heute. Ihr zur Seite Peter Schreier und Franz Crass. Orchester und besonders der Chor (einstudiert von Heimuth Froschauer) waren spannungsvoll im Ausdruck und exakt in Intonation und Dynamik. Ein spannungsvoller Zug geht indes von Karl Richter selbst aus, der, selbst am Cembalo begleitend, Ausführende und Zuhörer in Atem hielt.

Irmgard Seefried und Thomas Hemsley sangen Hugo Wolfs „Spanisches Liederbuch“. Wenn Meister des Liedgesanges, wie es hier der Fall war, in einem großen Zyklus das Zu- und Miteinander fin-den, so daß die 22 Gesänge weder als „lang“ empfunden werden noch ermüden oder gar auseinanderfallen, so darf wohl von Einmaligkeit gesprochen werden. Das besonders im zweiten (weltlichen) Teil fast zum Dialog werdende Spiel wahrt nichtsdestoweniger jedem Liede sein Eigenleben. Die kultivierte Ton-gebung und der durchgeistigte, manchmal auch verhalten schelmische Vortrag, beiden Interpreten auf so verschiedene und doch so miteinander harmonierende Weise zu eigen, riß die Zuhörer nahezu aufregend mit. Es war einer der spannungsvollsten Liederabende, woran auch die Künstler der Klavierbegleitung, Erik Werba und Miguel Zanetti, einander gleichwertig, vollen Anteil hatten. Franz Krieg

Im Großen Konzerthaussaal stellte Karl Österreicher das aus Musikstudenten bestehende Akademie-orchester vor. Als Ouvertüre diente Alfred Vhls immer wieder wirkungsvoller „Sinfonischer Marsch“ — nicht nur im geschwinden Tempo, sondern auch in der Instrumentierung sehr französisch. Hierauf folgten das Violinkonzert a-Moll von Dvorak mit Walter Verdeher als Solisten und das Violoncellokonzert a-Moll von Schumann, dessen Solopart Hildgund Schwarz spielte. Beide Solisten sind technisch weit gediehen, indes kann von persönlicher Gestaltung oder gar Vertiefung noch nicht die Rede sein. Doch zeigt Walter Verdeher, den v'r in kleinerem Rahmen auch schon als Interpreten neuer Musik gehört haben, wesentlich mehr Spielgewandtheit und eine bemerkenswerte Sicherheit des Auftretens, dem die Treffsicherheit der Linken noch nicht ganz entspricht. — In den beiden wenig profilierten Konzerten erfüllte das Orchester seine Begleitfunktion vor allem mit Vorsicht. Man ging, mit gutem Erfolg übrigens, auf „Numero Sicher“. Zum Schluß: Strawinskys Ballettsuite „Der Feuervogel“. Hier waren die jungen Musiker offensichtlich mit mehr Freude bei der Sache, und es

Strahe in Budapest. Graphik von Martha Sebes. Ausstellung im Künstlerhaus klang auch entsprechend lebendiger, farbiger und kontrastreicher. Auch gab es einige schöne Akkorde des Posaunentrios und des Hörnerquartetts zu hören; hübsche Holz-bläserpassagen und ein sicherer Mann am Klavier rundeten den im ganzen positiven Eindruck ab.

Das Trio di Tri est e hat in Wien bereits • einen so gtrtftsft Kamen,“ daß die, Herren De Rosa,'.... Zanettowich und Baldovino im vollbesetzten Großen Konzerthaussaal spielen konnten, obwohl nur je ein Klaviertrio von Brahms (C-Dur op. 87) und Schubert (Es-Dur, D 929) auf dem Programm standen. In der Wiedergabe war alles vollkommen: das Werkverständnis, die Intonation, der Klang, das Zusammenspiel, die Ab-gestimmtheit der einzelnen Spieler aufeinander und auf das Werk. — Vielleicht geriet ihnen Schubert ein wenig „ä l'italienne“; aber wie sie den ganz eigentümlichen Schwermutston von Brahms erfaßten und wiedergaben, war im höchsten Maße eindrucksvoll. Auch zeigte sich wieder einmal, daß das Ganze mehr sein kann als die Summe seiner Teile (keiner der drei Herren scheint uns zum Solisten prädestiniert, aber zu dritt haben sie Weltklasse).

Erwähnt seien wenigsitens noch zwei Kaammarrausikabende: Im Mozartsaal des Konzerthauses spielte Isolde Ahlgrimm, die Meisterin des Cembalos, sechs englische Suiten von J. S. Bach; im Braihmssaal gaben der jumtge Geiger Thomas Kakuska und Eduard Mrazek (Klavier) einen Sonatenabend mit Werken von Beethoven, Brahms, Dvofäk und Prokofieff.

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