6653530-1959_15_15.jpg
Digital In Arbeit

„Stabat mater“ und „Missa choralis“

Werbung
Werbung
Werbung

'Wie sehr '’Franz ’4 PSi W4 un3’;hebeif’'äen ,rßfe-' Strebungen des Allgemeinen Deutschen Cäcilien-Ver- eines von sich aus eine Reform der Kirchenmusik anstrebte, beweist (weit mehr als seine großen Messen) seine Missa choralis für Chor und Orgel — 1865 komponiert —, die einem erhabenen Sakralstil zustrebt, der freilich durch die romantischen Chromatismen, sowie durch das Mißverhältnis zwischen diesen und den gregorianischen Themen nicht ganz erreicht wird, dennoch, soweit die nicht geringen Forderungen an Intonationssicherheit erfüllt werden, ein ebenso persönliches wie sakrales Profil ergibt. Diese Voraussetzungen erfüllte der Staatsopernchor, geführt von Miltiades C a r i d i s in idealer Weise, unterstützt und überglänzt von Irmgard Seefried, Hilde Rössel-Majdan, Kurt Equiluz und Walter Berry als Solisten. Die absolut gottesdienstliche Haltung des Werkes blieb auch im Konzertsaal vollauf gewahrt. In der vorangehenden Wiedergabe von Palestrinas „Stabat mater“ war jener Gipfelpunkt musiksakraler Wirkung erreicht, den nur objektiv-distanziertes Singen bei völligem Gleichgewicht der Stimmen erreichen und damit dieser in sich selbst ruhenden Kunst gerecht werden kann.

Der Liederabend, den Anton D e r m o t a Gesängen von Hugo Wolf widmete, stand trotz sichtbarem Bemühen unter keinem guten Stern. Hatte der Künstler schon gegen eine Indisposition anzukąmp- fen, fand er zu den Liedern aus dem spanischen Liederbuch auch innerlich keinen rechten Zugang. Am besten gelangen ihm die vier Eichendorff-Lieder und daraus am wirkungsvollsten „Der Musikant“, das seiner musikantischen Natur auch am nächsten liegt. Die Begleitung (Hilde Berger-Weyerwald) beeinträchtigte durch zu große Lautstärke oft die Textverständlichkeit und ließ alle Feinheiten vermissen.

Die Bläserkammermusikvereinigung der Wiener Symphoniker spielte das Divertimento Nr. 3 (KV Anhang 229) von Mozart für 2 Klarinetten und Fagott sowie zeitgenössische Kompositionen von Leo Justinus Kauffmann, Josef Dichler und Ezio Carabella, unter denen Kauffmanns „Quintett für Flöte, Oboe, Karinette, Horn und Fagott künstlerisch am bedeutendsten war. Dichler versuchte Variationen im Stile anderer Komponisten (David, Schmidt, Lechthaler, Berg), erreichte aber in keinem überzeugende Momente. Carabellas Suite ist ein melodisch reizendes, harmonisch reizloses Werkchen.

Das Wiener Konzerthausquartett (mitwirkend Jörg Demus, Klavier, und Alfred Prinz, Klarinette) widmete einen Abend Kammermusikwerken von Franz Schmidt und wies damit den schönsten und leichtesten Zugang zum Schaffen des vor bau ' abuuUįausu aslätbsss MiupwM 20r Jahren vervtörberien Meistert. Zwischen: deri'hü“ den Quintetten in B-dur und G-dur hob sich schlank und leuchtend das Streichquartett A-dur zu seiner lichten Höhe. Die Beschwingtheit der Wiedergabe wurde dem Schwung der Kompositionen gerecht.

Franz Krieg

Die „Serenade für doppeltes Streichorchester", welche Gottfried von Einem 1949 geschrieben hat, ist eine interessante polyphonale Arbeit, deren Durchsichtigkeit den flüchtigen Hörer leicht über die Schwierigkeiten täuschen kann, die einer wirklich flüssigen Interpretation auch durch prominentere Orchester entgegenstehen, als dem der P h i 1 h a r- monia Hungarica. Es zeugt für den Arbeitseifer dieser Vereinigung, daß sie die Serenade beim letzten Nachmittagskonzert im Großen Konzerthaussaal recht gut bewältigte, ohne freilich damit (das zeigte der dünne Beifall) zu überwältigen. Was in dem Orchester, das diesmal Hans Swarowsky leitete, steckt, wurde bei der 3. Symphonie von Brahms und bei Strawinskys Suite „Der Feuervogel" viel deutlicher. Wir haben schon lange nicht von einem hiesigen Orchester diese Ausge-

glichenheit der Holzbläser und des ansonst etwas störrischen Blechs gehört wie hier, und noch länger ist es her, daß ein großes Orchester ein echtes Pianissimo in den Streichern ohne musikalischen Substanzverlust zustande brachte. Die beiden Solisten des Konzerts, Jacques Klein und die exotische Cesa- rina R i s o, spielten sauber, klar, technisch perfekt, im Ausdruck freilich etwas gleichförmig, das Konzert für zwei Klaviere und Orchester von Mozart in Es.

Zum erstenmal in Wien dirigierte der in London , geborene Royalton Kisch. Er scheint während seiner Gastspiele in Italien und Frankreich (Pariser Conservatoire-Orchester) vom romanischen Temperament angezogen zu haben. Solche Fülle von Sentiment, Sinn für leuchtende Farben, für Schwelgen im Melos und dabei eine sichere Hand für exakteste Rhythmik ist man von Engländern nicht gewohnt. Die 5. Symphonie von D v o r ä k und die „Erste“ von Brahms brachten dem sympathischen, bescheidenen Gast starken Beifall ein. Die Wiener Symphoniker hatten einen ausgezeichneten Tag.

Zwei Klavierabende zu gleicher Stunde — das scheint auch für Wien zuviel. Barbara Korn, die letzthin als Solistin mit der Philharmonia Hungarica einen ansprechenden Eindruck gemacht hat, fand im Mozart-Saal nur ein paar Dutzend Besucher. Und das war schade, denn die „Kleinstadtbilder“ von Emst

Toch, dieser amüsante folkloristische Ansichtsbogen, dessen formale Einfachheit nicht über den echt empfundenen Inhalt täuschen sollte, und die harmonisch geschickt gearbeitete Sonate von J. P. Korn hätten mehr Besucher verdient. Bei den Variationen über ein Thema von Händel, op. 24, von Brahms hat allerdings die Pianistin ihre Fähigkeiten erheblich überschätzt.

Drüben im Brahms-Saal spielte Ingrid Haebler, und es war kein freier Platz zu finden. Die. Preisträgerin des Grand Prix du Disque, Paris 1958, hat ihre frühere Sprödigkeit ganz abgetan, das Preziöse ist echter Zartheit und fraulichem Empfinden gewichen, der Anschlag zeichnet Vorliebe fürs Weiche, für verschwimmende Stimmungen aus (Scarlatti, Mozart, Debussy — dessen sechs Preludes besonders schön gelangen). Bei Schuberts Sonate in A op. 120 fehlte es an zusammenfassender Kraft.

Ein tüchtiger, weit über den Durchschnitt stehender Geiger stellte sich mit Georgi S t a 1 e w im Schubert-Saal vor. Er hat Schwung und Feuer, verfügt über einen weittragenden, voluminösen Ton und vermochte der zweiten Violinsonate von Brahms fast alles abzugewinnen, was in ihr steckt. Aber das eigentliche Wesen des bulgarischen Geigers kam erst bei den Werken seines Landsmannes Pantcho Wladi- geroff heraus, und hier wieder bei der bulgarischen Rhapsodie „Wardar“,

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung